Fifa:Weltfußballer-Wahl: Blatters Macht ist erloschen

Fifa: Sepp Blatter (li.) und Michel Platini - früher bei jeder Fifa-Veranstaltung zugegen. Am Montagabend bleiben die beiden aber außen vor.

Sepp Blatter (li.) und Michel Platini - früher bei jeder Fifa-Veranstaltung zugegen. Am Montagabend bleiben die beiden aber außen vor.

(Foto: AP)
  • Sepp Blatter und Michel Platini dürfen am Montagabend nicht an der Gala zum Weltfußballer des Jahres - Ballon d'Or - teilnehmen.
  • Beide wollen gegen ihre Sperre vorgehen, während Fifa-Ethiker sie immer noch lebenslang sperren wollen.
  • Die WM-Vergabe an Katar könnte laut Zeugenaussagen schon vor der Wahl festgestanden haben.

Von Thomas Kistner

Dieser Montag ist einer der Tage, die Sepp Blatter besonders wehtun werden. In Zürich wird der Weltfußballer des Jahres 2015 gekürt, sehr wahrscheinlich Lionel Messi; die Spitzen der Fußballwelt versammeln sich zur glanzvollen Gala Ballon d'Or. Nur jener Mann darf nicht in das von Volk und Kameras umlagerte Kongresshaus, der sich eigentlich für den Fixpunkt dieses Sportuniversums hält: Sepp Blatter. Für acht Jahre hat ihn jüngst das Fifa-Ethikkomitee für alle Fußballaktivitäten gesperrt, den Montag muss er seinem Einspruch gegen dieses Verdikt widmen. Dann endet die Frist. Und der bald 80-jährige hat ja noch Träume: Am 26. Februar will er den Fifa-Kongress leiten, wenn der Weltverband einen neuen Präsidenten wählt.

Träumen ist erlaubt. Was aber wirklich passieren wird Ende Februar, ist Folgendes: Blatters Präsidentenvertrag erlischt, er muss die letzten Insignien der Macht abgeben; die Edelkarosse samt Chauffeur sowie die noble Wohnung am teuren Zürcher Sonnenberg, die ebenfalls der Fifa gehört.

Fifa-Ethiker wollen das Duo immer noch lebenslang sperren

Aber auch ohne Thronamt wartet viel Arbeit auf ihn. Es droht ja das Szenario, dass Blatters Sperre noch in eine lebenslange umgewandelt wird; und das gleich aus vielen Richtungen. Er und sein einstiger Zögling Michel Platini wollen gegen die Sperre vorgehen, die sie wegen einer nicht schlüssig dargestellten Zwei-Millionen-Franken-Zahlung an den Franzosen kassierten - eine Berufung erwägt aber auch die Anklagekammer der Fifa-Ethiker. Die hatte für das Duo ja lebenslang gefordert.

"Es gibt eine Differenz zwischen den Kammern", sagt Andreas Bantel, Sprecher des Ermittlerstabes, "wir prüfen also, ob der Spruch wasserdicht ist." Am Ende dieses Rekurs-Prozesses könnten auch lebenslange Sperren stehen - so, wie es Fifa-Vorstand Manilal Fernando im März 2015 erlebt hat. Sri Lankas Fußballboss wehrte sich ebenfalls sportrechtlich gegen ein Acht-Jahres-Verdikt - und kassierte den Fangschlag. Das K.-o.-Kriterium für lebenslang lautet: Korruption.

Und Blatter hat mehr offene Baustellen. Da ist der Fernsehvertrag aus dem Jahr 2005, den er seinem Vorstandskollegen Jack Warner zugeschanzt hatte, was den Verdacht ungetreuer Geschäftsführung nährt: Warner, Blatters langjähriger Stimmenbeschaffer in der Karibik, musste nur lachhafte 600 000 Dollar für regionale WM-Rechte zahlen, aus deren Weiterkauf er bis zu 20 Millionen erlösen konnte. Die Causa Warner ist, wie der Fall Platini, auch Teil der Strafermittlungen, die die Schweizer Bundesanwaltschaft gegen Blatter führt.

Stand Katar schon vor der Wahl als WM-Gastgeber fest?

Hinzu gesellt sich ein weiterer Komplex. Verbannt vom Ballon d'Or ist ja auch der dritte Mann im langjährigen Weltfußball-Triumvirat neben Blatter und Platini: Jérôme Valcke. Die Fifa-Ethiker brüten gerade über einem Antrag auf neun Jahre Sperre für den suspendierten Fifa-Generalsekretär, den auch die US-Justiz im Visier hat. Valcke, Blatters Intimus seit 2007, soll unter anderem versucht haben, sich am WM-Ticketverkauf zu bereichern; das legt ein interner Mailverkehr nahe. Brisanter ist aber noch die Frage, ob - und warum - der Fifa-General schon Monate vor der WM-Vergabe 2022 am 2. Dezember 2010 gewusst hat, dass Katar siegen werde. Der US-Ticketagent Benny Alon behauptet, Valcke habe ihm im April 2010 sowie, vor Zeugen, erneut im Herbst 2010 versichert, Katar stünde als WM-Ausrichter fest. Der Genfer Banker Marco Vitali bestätigte die Darstellung gegenüber der SZ. Valcke bestreitet jedes Fehlverhalten.

Eine Verurteilung gilt indes als gesichert. Die Vorwürfe reichen von unsittlicher Spesen- bis zu familiärer Vetternwirtschaft: Sohn Laurent kam 2003 in einer US-Technologiefirma unter, die prompt mit der Fifa ins Geschäft kam und dafür einen dicken Bonus an den Filius ausschüttete. Hier stellt sich die Aufsichtsfrage: Was hat Boss Blatter gewusst?

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