Fifa-Skandal:Wie Platini die Fifa-Ethiker überzeugen will

Michel Platini

Michel Platinis Ziel ist es weiterhin, Fifa-Präsident zu werden. Eine Zukunft im Fußball ist derzeit aber unwahrscheinlich.

(Foto: dpa)
  • Der oberste Sportgerichtshof Cas wies am Freitag den Einspruch von Michel Platini gegen eine 90-Tage-Sperre durch das Ethik-Komitee der Fifa zurück.
  • Das Cas-Verdikt ist nur das Vorspiel für die nächsten Tage, wenn die Fifa-Ethiker ihr Urteil im Kernverfahren bekanntgeben.
  • Der Franzose hat sich zwei Strategien zu seiner Verteidigung parat gelegt, die aber wenig Erfolg versprechen.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Die Tage der Wahrheit haben mit einer Niederlage für Michel Platini begonnen. Der oberste Sportgerichtshof Cas wies am Freitag den Einspruch des Franzosen gegen eine 90-Tage-Sperre durch das Ethik-Komitee des Fußball-Weltverbandes (Fifa) zurück. Die Sanktion führe "zu diesem Zeitpunkt nicht zu irreparablem Schaden" für Platini, so der Cas. Frankreichs Fußball-Heros wird also am Samstag in Paris nicht den Vorsitz bei der EM-Auslosung der Europa-Union Uefa führen, hofft aber weiter, am 26. Februar für den Fifa-Thron kandidieren zu dürfen.

Das Cas-Verdikt ist nur das Vorspiel für die nächsten Tage, wenn die Fifa-Ethiker ihr Urteil im Kernverfahren bekanntgeben. Dieses ist so weit beendet, am Donnerstag und Freitag kommt es noch zu Anhörungen von Sepp Blatter und Platini. Am 21. Dezember ist mit dem Urteil zu rechnen, für das es nur zwei Varianten gibt: mehrjährige Sperren von bis zu zehn Jahren für das Duo Blatter/Platini - oder gar ein lebenslanger Bannspruch.

Darum geht es in der Affäre

Im Fokus der Affäre stehen zwei Millionen Franken, die Platini Anfang 2011 auf Betreiben Blatters von der Fifa erhielt. Dieses Geld stellt das Duo als - nur mündlich vereinbarte - Schlussrate für eine Fifa-Beratertätigkeit Platinis von 1998 bis 2002 dar. Die Ethiker kaufen ihnen diese Geschichte nicht ab, auch hat die Fifa viele Jahre lang keine Rückstellung für eine solche Millionenzahlung vorgenommen.

Zudem ist in dem vorliegenden schriftlichen Vertrag für Platinis Beratertum nur ein Betrag von 300 000 Franken pro Jahr vermerkt, weitere Ansprüche sind nicht einmal angedeutet. Hingegen sehen die Ethiker Zusammenhänge zwischen der Überweisung im Februar 2011 und dem damals laufenden Fifa-Präsidentschaftswahlkampf. In jenem Duell mit Mohammed bin Hammam war für Blatter besonders die Hilfe aus der von Platini geführten Uefa von größter Bedeutung.

Seit drei Monaten geht es um diese Zahlung, Platinis Seite bessert ständig mit Erklärungen nach. Neuerdings forciert die Verteidigung zwei Argumente, die Insidern wenig substanziell zu sein scheinen.

So sieht Platinis Strategie aus

Das eine baut auf eine Notiz in den Papieren zu einer Uefa-Vorstandssitzung im Herbst 1998. Darin wird, nur gerüchteweise, eine geplante Beratertätigkeit Platinis für die Fifa angerissen, und dass über ein Jahressalär von einer Million Franken gesprochen worden sei. Unklar ist, ob über das Thema dann tatsächlich auch im Uefa-Vorstand geredet wurde - der überdies nicht zuständig gewesen wäre.

Sollte das über Pariser Medien lancierte Last-Minute-Dokument echt sein, dürfte es Platini wenig helfen. Nach SZ-Informationen würde ein Gerücht über Gehaltswünsche nicht die Einschätzung des Ethikergremiums in der Frage verändern, ob ein mündlich gefertigter Millionenvertrag vorliegt.

Die zweite Verteidigungslinie betrifft zeitliche Umstände der Überweisung. Laut Schweizer Handelszeitung hat Platini im Herbst 2010 zweimal mit Fifa-Finanzdirektor Markus Kattner über die ausstehende Zahlung gesprochen; Kattner soll eine Rückstellung für 2010 gebildet haben. Die Fifa äußert sich dazu nicht, nach SZ-Informationen sind die Angaben zutreffend. Nur gilt auch hier als unwahrscheinlich, dass es Platini weiterhilft.

Der Franzose will den Eindruck erwecken, die Millionenzahlung habe nichts mit dem Fifa-Wahlkampf zu tun. Doch schrieb er seine Rechnung erst Anfang 2011 - in der heißen Wahlkampfzeit. Ungeklärt ist auch, warum Platini so viele Jahre verstreichen ließ in Sachen einer Millionenrückforderung gegenüber der milliardenschweren Fifa.

Im Ethikverfahren gelten andere Regeln

Beide Verteidigungslinien werfen zudem die Frage auf, warum sie nicht schon vor Monaten aktiviert wurden. Denn im Ethikverfahren gelten andere Regeln als im Strafrecht. Gemäß Ethikcode musste Platini sein Wissen schon beim ersten Gespräch umfassend angeben: Es besteht strikte Kooperationspflicht. Dass nun ein ihm selbst zufolge wichtiges Uefa-Sitzungspapier so spät auftauchte, weist laut Insidern auf einen Mangel an Kooperationswillen hin. Bei Platini - oder der Uefa. Deren Chef er aber formal noch ist.

So geht es in der Causa "Blattini" wohl nur noch um die Frage des Strafmaßes. Die Ermittler haben den Richtern zwei Vorschläge unterbreitet. Einer zielt auf Korruption; mithin auf lebenslange Sperren. Lässt sich Korruption nicht beweisen, wären sieben bis zehn Jahre Sperre möglich. Zupass käme dem Duo dabei, dass der aktuelle Fifa-Ethikcode erst seit 2012 gilt - er verbietet schon jeden Anschein der Korruption. Doch fällt die beanstandete Zahlung ins Jahr 2011, daher gilt der frühere Code von 2009. Der ist weniger strikt formuliert.

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