Fifa-Skandal:Sepp Blatter: "Die können doch nicht den Präsidenten suspendieren"

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Blatter muss damit rechnen, von der Ethikkommission lebenslang gesperrt zu werden.

(Foto: AFP)
  • Sepp Blatter könnte nach einer Zwei-Millionen-Franken-Zahlung an Michel Platini lebenslang gesperrt werden.
  • Michel Platini will die Anhörung des Ethikkomitees boykottieren.
  • Die US-Justiz beantragte derweil die Auslieferung eines weiteren Fifa-Funktionärs.

Von Thomas Kistner

Der Tag war ganz nach Sepp Blatters Geschmack angerichtet. Seine Hauspostille Weltwoche rief ihn zum "Schweizer des Jahres" aus; in Moskau meldete sich wie abgestimmt ein anderer treuer Husar zu Wort: Wladimir Putin empfahl ihn für den Friedensnobelpreis. Und am Morgen warteten rund 50 Journalisten auf Blatter, als der sich auf den Zürichberg chauffieren ließ, zur Zentrale des Fußball-Weltverbandes Fifa. Alles wie in alten Zeiten. Wäre da nicht der Anlass, der all die Berichterstatter, Büchsenspanner sowie Blatter selbst auf Trab hielt: Der suspendierte Fifa-Boss durfte ein letztes Mal vor dem Ethikkommitee darum kämpfen, nicht aus dem Fußball verbannt zu werden.

Ob ihm das gelang, wird am 21. Dezember zu besichtigen sein, wenn Hans-Joachim Eckert, der deutsche Fifa-Spruchkammervorsitzende, sein Urteil präsentiert. Kenner der Materie sind allerdings äußerst skeptisch. Blatter dürfte einer langen Sperre entgegenblicken; was de facto auf eine lebenslange herausliefe, im März begeht er seinen 80. Geburtstag.

Blatter droht lebenslange Suspendierung

Und so zieht der Schweizer bis zum Urteil weiter alle Register. Beschwört inquisitorische Szenarien und sich selbst als eine Art höheres Wesen, das über allen (Fußball-)Gesetzen steht. So, wie kurz vor der Anhörung im Sprachrohr Weltwoche. "Die Ethikkommission kann sich doch nicht einfach über den demokratischen Entscheid des Kongresses hinwegsetzen und den gewählten Präsidenten suspendieren, unter Umständen sogar lebenslänglich, wie jetzt anscheinend ernsthaft erwogen wird", erzählte er zum wiederholten Male. Im Schweizer Fernsehen hatte er unlängst sogar glattweg bestritten, dass er ein Fifa-Funktionär sei - weshalb er auch nicht in die Zuständigkeit des Ethikcodes falle.

Ob solche kabarettistischen Höhen auch bei der Anhörung erreicht wurden, wurde Donnerstag nicht bekannt. Im Wesentlichen soll das achtstündige Verfahren ruhig und sachlich verlaufen sein, wiewohl davon auszugehen sei, dass sich die öffentlichen Attacken auf die Ethikstäbe - deren Installation Blatter in besseren Zeiten stolz für sich reklamiert hatte - nicht positiv auswirken dürften.

Im Kern geht es um eine Zwei-Millionen-Franken-Zahlung im Jahr 2011, die Blatter von der Fifa an den ebenfalls suspendierten Uefa-Chef Michel Platini hatte ausreichen lassen. Die zwei suspendierten Spitzenfunktionäre bezeichnen die Summe als eine um neun Jahre verspätete Honorarzahlung für Platinis Beraterdienste in der Zeit von 1998 bis 2002.

Blatter behauptet, dass alles seine Richtigkeit hat

Die Fifa-Ethiker indes teilen die Auffassung der Schweizer Bundesanwaltschaft, die diese Zahlung als ungetreue Geschäftsbesorgung verdächtigt und deshalb ebenfalls gegen Blatter ermittelt.

Öffentlich hat Blatter noch vor der Ethik-Anhörung furios erklärt, dass diese Zahlung komplett in Ordnung gewesen sei: "Der Platini-Vertrag ging durch die Finanzkommission, durch das Exekutivkomitee und durch die Kontrollorgane. Er passierte auch den Kongress. Alles wurde abgesegnet."

Dieser Behauptung steht nicht nur die logische Frage entgegen, warum dann Bundesanwälte und Fifa-Ethiker, alle mit Zugang zu Büchern und Protokollen der Fifa, überhaupt ermitteln. Aus eingeweihten Kreisen heißt es, Blatters Aussage stünde "klar gegen die Fakten". Auch hat, neben ihm und Platini, aus den genannten Organen bisher niemand bezeugt, dass hinter dem Zwei-Millionen-Transfer inmitten der für Blatter stürmischen Wahlkampfzeit Anfang 2011 eine mündliche Vertragsvereinbarung gestanden hätte. Überdies erhält der Kongress gar keine Details zu den Fifa-Finanzen, sondern nur ein konsolidiertes Bild zu den Bilanzrechnungen.

Platini boykottiert die Anhörung

Am Freitag steht die zweite Runde an, wenn Platinis Anwälte bei Eckert vorsprechen. Der Franzose selbst will die Anhörung, die er selbst beantragt hatte, wegen angeblicher Voreingenommenheit der Ethiker boykottieren. Was das Fifa-Richtergremium nicht weiter beeindruckt, wie es heißt. Das Hearing ist kein Pflicht-, sondern ein Kür-Termin. Die letzte Gelegenheit für Beschuldigte, den Sachverhalt aus ihrer Sicht überzeugend darzustellen.

Derweil bot der Weltfußball, den Blatter 34 Jahre lang in Spitzenämtern beherrschte, das gewohnte Bild. Die US-Justiz, die seit Jahren im Korruptionssumpf um die Fifa ermittelt, setzte am Mittwoch die Verhaftung des früheren Fußballchefs von El Salvador durch; die Auslieferung von Reynaldo Vásquez in die USA ist schon beantragt. Indes könnte er wegen Betrugs auch im Heimatland abgeurteilt werden.

Derweil sind im Kontext der Fifa-Affäre Dutzende Konten in der Schweiz gesperrt worden. Laut Schweizer Bundesamt für Justiz (BJ) liegt ein "hoher zweistelliger Millionenbetrag" auf Eis. Laut Schweizer Tagesanzeiger dürfte es sich um einen Betrag zwischen 50 und 100 Millionen Euro handeln.

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