Nun weist auch das in die Richtung, die die Ermittlungen nehmen. Das FBI ließ nicht nur Fifa-Vize Webb festsetzen, sondern auch dessen Vorgänger an der Concacaf-Spitze verhaften, Jack Warner aus Trinidad & Tobago. Warner tat über Dekaden das, was Webb am Freitag vorhatte: die Voten des Erdteil-Verbandes bei Sepp Blatter abliefern.
Als Gegenleistung für seine Wahlhilfen erhielt Warner seit den Neunzigerjahren unter anderem regelmäßig die WM-Fernsehrechte der Fifa für die Karibik zugeschanzt; für einen Spottpreis, der anfänglich bei einem "symbolischen" Dollar lag. Warners Sohn und Finanzverwalter Darryl verbrachte unter anderem deshalb bereits mehr als ein Jahr Hausarrest in Miami; er soll ausgepackt haben.
Im Fokus des FBI steht seit 2011 auch Chuck Blazer, Warners rechte Hand als Generalsekretär und Schatzmeister der Concacaf. Der Amerikaner, genannt "Mister zehn Prozent", schloss unter anderem Marketingverträge mit sich selbst ab; Millionenbeträge wanderten aus den Verbandskassen auf seine karibischen Offshore-Konten. Deshalb hat Blazer auch die Steuerfahndung IRS am Hals. Undementierten Berichten zufolge kooperierte er so umfänglich, dass er für die Bundespolizei sogar Spitzeldienste verrichtete. Am Rande der London-Spiele 2012 soll er ein Funktionärstreffen eingefädelt haben, das er fürs FBI aufzeichnete - über ein in einem Schlüsselanhänger verborgenes Mikro.
Weil die zwei - inzwischen aus dem Fußball entfernten - Fifa-Spitzen bei den WM-Vergaben an Russland und Katar mitwirkten, könnten sie auch hierbei in den Genuss von Schmiergeldern gelangt sein. Dies ist eine der Schnittstellen zwischen den zwei Ermittlungen.
Der Frage, ob bei diesen WM-Vergaben alles sauber ablief, war die Fifa auf öffentlichen Druck sogar selbst nachgegangen. Ergebnis ihrer Selbstuntersuchung: alles sauber, kein klarer Hinweis auf Korruption. Was starke Kritik evozierte, weil ja der damalige Fifa-Chefermittler Michael Garcia sogar Geldflüsse aus Katar an Fußballfunktionäre in Afrika und Asien dokumentierte.
Und weil ihm Russlands WM-Bewerber erst gar keine Daten mehr zur Verfügung stellten: Angeblich hatten sie ihre Computer für die Bewerbung, bei der es um das Milliardengeschäft Fußball-WM 2018 ging, nur geleast; danach habe der Besitzer alle Daten gelöscht. Garcia war über die Schlüsse der Fifa und ihres Münchner Ethikrichters Hans-Joachim Eckert aus seinem Report so erbost, dass er zurücktrat. Denkbar, dass er zu den US-Ermittlungen beitrug; Garcias Frau ist FBI-Agentin.
Mit einem Rücktritt Blatters, des politisch Hauptverantwortlichen an der Gemengelage, die sich seit Jahrzehnten um die Fifa aufgebaut hat, rechnet in Zürich jedoch niemand. Herausforderer Prinz Ali sprach von einem "traurigen Tag für den Fußball" und sagte, dass es endlich eine "verantwortliche Führung braucht, die die Schuld an Fehlentwicklungen nicht weiterreicht". Blatters Sprecher hingegen hatte zunächst sogar von einem "entspannten" Präsidenten berichtet. Er korrigierte sich dahin gehend: "Also, er tanzt nicht gerade in seinem Büro herum."
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