Süddeutsche Zeitung

Fifa-Verfahren:Die Schweizer Justiz ist ein Fall für die Justiz

Dass die Ex-Funkionäre Sepp Blatter und Michel Platini im Fifa-Prozess freigesprochen werden mussten, kann man als Stümperei der Ankläger abtun. Die Wahrheit ist allerdings schlimmer.

Kommentar von Claudio Catuogno

Freispruch für Sepp Blatter, Freispruch für Michel Platini. Das muss man erst mal hinkriegen als Schweizer Anklagebehörde: Aus der 18-jährigen Skandalpräsidentschaft des Schweizers Joseph S. Blatter beim Fußball-Weltverband Fifa ausgerechnet jenen Vorgang vor Gericht zu bringen, in dem es keine Schmutzeleien gab.

Selbst der inzwischen 86-jährige Blatter witzelte am Tag der Urteilsverkündung: Unschuldig sei er sicher nicht! In diesem Fall - einer Überweisung von zwei Millionen Franken an den Funktionärs-Spezl Platini im Jahr 2011 - sei er es aber. Letztlich war die Zahlung ein fragwürdig hohes, aber sauber verbuchtes Beraterhonorar.

Nun könnte man den Fall als die nächste Peinlichkeit in den Fußballermittlungen der Berner Bundesanwaltschaft abtun. Die Wahrheit ist allerdings schlimmer. Im Prozess wurde immer deutlicher, dass sich die Ermittler haben instrumentalisieren lassen. Hektisch haben sie 2015 rund um die Blatter/Platini-Zahlung eine Anklage zusammengestümpert, während im Hintergrund die Drähte glühten mit dem Lager eines gewissen Gianni Infantino. Pünktlich zur Fifa-Neuwahl 2016 war der Franzose Platini dann kaltgestellt - und der Schweizer Infantino wurde Fifa-Präsident.

Korruption ist im Sport verbreitet und durch die Autonomie der Verbände weitgehend abgesichert. Es ist deshalb zu begrüßen, wenn staatliche Ermittler in diesen Sumpf hineinleuchten. Im Fall der Fifa haben sich die Ermittler aber in den Sumpf hineinziehen lassen. Die Schweizer Justiz ist nun selbst ein Fall für die Justiz.

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