Fifa-Richter Eckert:Alles andere als Blatters Feigenblatt

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Oberschiedsrichter der Fifa: Hans-Joachim Eckert. (Foto: dpa)

Spektakulärer geht es nicht: Als Ober-Ethiker richtet Hans-Joachim Eckert über die Fifa-Granden Blatter und Platini - und verspürt dabei Genugtuung.

Von Klaus Ott

Jahrzehntelang hat Hans-Joachim Eckert als Staatsanwalt und Richter vor allem Wirtschaftsverbrecher gejagt und verurteilt. Schmiergeldzahler, Geldwäscher, Steuerhinterzieher, Betrüger. Doch der größte Fall, der das meiste Aufsehen erregt, ist dem erfahrenen Juristen erst jetzt auf den Tisch gekommen. Gut zwei Monate nach seiner Pensionierung als Vorsitzender der sechsten Strafkammer am Landgericht München I. Eckert, 67, ist Chef der Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes Fifa. Und die hat über den noch amtierenden Fifa-Präsidenten Sepp Blatter und über dessen bislang aussichtsreichsten Nachfolgekandidaten Michel Platini eine Ämtersperre verhängt, wenn auch einstweilen nur für 90 Tage.

Eckert hat schon viele bedeutsame Verfahren geleitet. Korruptionsaffären in der Rüstungsindustrie, Bankenskandale, alles dabei. Aber Blatter und Platini, die beiden führenden Funktionäre im Weltfußball, in Acht und Bann: Spektakulärer geht es nicht. Für den Münchner Juristen, der sein Wirken gerne öffentlich gewürdigt sieht, dürfte das eine gewisse Genugtuung sein. Nun kann er endlich versuchen, dem Ruf zu entkommen, er sei als Oberschiedsrichter der Fifa nur Blatters Feigenblatt. Das ist dem weißhaarigen Chef-Ethiker vielfach nachgesagt worden, nachdem seine Kommission bislang keinen Anlass gesehen hatte, gegen den Mann an der Spitze des von Korruption durchsetzten Weltverbandes vorzugehen. Es sah so aus, als werde ausgerechnet Blatter geschont.

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Das trifft nicht zu, aber es ist auch nicht das Verdienst der Fifa-eigenen Ethikkommission, dass nach vielen anderen Funktionären nun auch der seit Langem umstrittene Präsident an die Reihe kommt. Erst staatsanwaltschaftliche Ermittlungen in der Schweiz und vor allem in den USA haben zu jenen Erkenntnissen geführt, mit denen die Ethikkommission nun gegen Blatter und auch Platini vorgehen kann. Als der Münchner Richter im Sommer 2012 nach einem Besuch bei Blatter in der Züricher Fifa-Zentrale das Ethik-Amt annahm, ist er offenbar dem Irrglauben erlegen gewesen, der moralisch längst bankrotte Verband ließe sich juristisch von innen heraus durchleuchten und reformieren.

"Ich will wissen, wie's war"

Eckerts Begehr war eine umfassende Aufklärung der zahllosen Fifa-Skandale. "Ich will wissen, wie's war", sagte er. Dass bei einer Mafia-ähnlichen Organisation wie der Fifa nur staatliche Instrumente wie Razzien, Beschlagnahme von Beweismitteln oder sogar, bei Verdunkelungsgefahr, Untersuchungshaft helfen, hätte dem Richter eigentlich aus den Verfahren an seiner Münchner Strafkammer bewusst sein müssen. Doch die Verlockung, auf einer weltweit beachteten Bühne zu agieren, war offenbar zu groß.

Der in Plochingen bei Stuttgart geborene und in Oberbayern aufgewachsene Eckert, der in Freising Abitur machte und anschließend 37 Jahre lang zahlreiche Stationen bei der Münchner Staatsanwaltschaft und Justiz durchlief, ist kein schneidiger Jurist. Als Richter hat er Angeklagten gerne gut zugeredet und manchen Deal geschlossen, der den Delinquenten das eine oder andere Jahr Gefängnis und der Justiz eine Menge Arbeit ersparte.

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Manchmal hat es Eckert mit sanften Worten sogar geschafft, konfliktfreudige Verteidiger auszubremsen, die ihren Fall gerne durchprozessiert hätten. Er konnte aber auch hartnäckig sein. Etwa als er für die EU die Lage in Bulgarien untersuchte und mit der Abreise drohte, wenn ihm vorenthaltene Akten über die Verwicklung führender Politiker in Tötungsdelikte nicht endlich vorgelegt würden. Er bekam die Akten.

Solche Druckmittel hatte und hat Eckert bei der Fifa nicht. Da gibt es keine staatliche Instanz im Hintergrund. Am Fußball selbst ist der Verbrecherjäger nicht sehr interessiert. In München war er, und das nur aus dienstlichen Gründen, zwei Mal im Olympiastadion, als dort noch gespielt wurde - in Begleitung italienischer Staatsanwälte.

© SZ vom 10.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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