Schräge Bilder lieferte diese WM genug. Von den millionenteuren Fifa-Legenden, die zur höheren Ehre des Fifa-Bosses Gianni Infantino über die Ehrentribünen torkeln (Diego Maradona) oder im Kreml ihrem WM-Idol Wladimir Putin huldigen durften (Lothar Matthäus). Oder von Infantino selbst, der in den Stadien majestätisch dimensionierte Stühle zwischen den geladenen Staatsoberhäuptern bezog. Bis hin zu den insgesamt 650 000 Euro Strafgeldern, die der Weltverband gegen all diejenigen verhängte, die bei der WM gegen seine Regeln verstoßen hatten.
Ungeschoren davon kam natürlich der Piratensender BeoutQ, der aus Infantinos neuer sportwirtschaftlicher Wahlheimat Riad/Saudi-Arabien pausenlos jenes WM-Bildmaterial im Nahen Osten verbreitet hatte, das er beim exklusiven Rechteerwerber beIn Sports in Katar einfach abgezapft hatte. Ebenso fast ungeahndet blieb jedwede nationalistische Symbolik und Kriegsrhetorik.
Ein mit einem "Heil-Hitler"-Code versehenes Plakat russischer Fans war mit 8500 Euro Strafe ebenso kostengünstig wie der provokante Torjubel der Schweizer Nationalspieler Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka im Spiel gegen Serbien: Sie hatten Albaniens Nationalsymbol mit den Händen gezeigt, den doppelköpfigen Adler. Weitere 50 Prozent Rabatt auf den gängigen Schnäppchenpreis für nationalistische Aufwiegelung erhielt Mladen Krstajic. Serbiens Trainer hatte öffentlich die Überstellung Felix Brychs vor das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag angeregt, weil der deutsche Referee seine Elf benachteiligt habe. Möglich, dass Kristajic die dafür fälligen 4000 Euro passend in der Hosentasche hatte.
Kroatien feuert einen Betreuer
Es ging noch günstiger. Verteidiger Domagoj Vida widmete Kroatiens Viertelfinalsieg über Russland mit einem Teambetreuer per Video der Ukraine; Vida spielte einst für Dinamo Kiew. Die Fifa sah Anlass für eine Verwarnung. Für den Betreuer musste Kroatiens Verband 13 000 Euro Strafe lockermachen - der Mann wurde gefeuert.
Ein guter Deal für die Kroaten war auch das allemal. Hart rangenommen wird im Fifa-Reich nämlich nur, wer die Werberegeln übertritt. Allein 60 000 Euro kostete die Kroaten daher ein Teammitglied, das beim Match gegen Dänemark das Dosengetränk einer nicht lizenzierten Marke auf dem Spielfeld konsumiert hatte.
Das, um im Bilde zu bleiben, Kriegsverbrechen in Fifa-Gefilden ist übrigens die falsche Fußbekleidung. Insgesamt rund 250 000 Euro Strafen verhängte die Fifa wegen falscher Socken, gut 100 000 musste allein Schwedens Verband für Andreas Granqvist entrichten - gleich zweimal hatte der Kapitän die falschen Stutzen gewählt. Ein Wiederholungstäter! Und zugleich der größte, der wahre Übeltäter bei diesem absurden WM-Theater.