Der Sport kommt, sobald es Probleme gibt, stets auf die gleiche Lösung, die originell zu nennen wäre, würde sie nicht immer das gleiche Dilemma befeuern. Nämlich, dass diejenigen, die im Haus den Dreck mit verursacht oder ihn zumindest beflissen übersehen haben, diesen Dreck auch aufräumen sollen. Das war exemplarisch im Radsport so, wo das Dopingproblem heute im Kern von jenen bekämpft werden soll, die es jahrelang wenn nicht verursacht, so doch toleriert haben. Und das soll so ähnlich nun auch im Weltfußball sein, wo ein Zögling des Systems, Michel Platini, das System von seinen Missständen befreien will.
Zwar hatte sich der Franzose von Joseph Blatter, den er bei der Wahl im Februar 2016 als Fifa-Präsident zu beerben versucht, seit einiger Zeit losgesagt. Er hat ihn kritisiert und attackiert, aber es gibt da auch diese lange Vorgeschichte: dass nämlich Blatter es war, der Platini ins Fifa-Haus holte, der ihn von 1998 bis 2002 als persönlichen Berater führte und ihn mit Geheimnissen jenes Systems vertraut machte, das es nun von Korruption zu befreien gilt.
Da der Sport sich in den seltensten Fällen freiwillig externer Reinigungsdienste bedient, kommen diese jedoch heute vermehrt von sich aus vorbei. Aktuell in Gestalt des FBI und einiger Justizbehörden vorrangig in den USA und der Schweiz, die bekanntlich diverse Personen aus dem Fifa-Milieu festsetzen ließen. Die laufenden Ermittlungen dürften für jeden neuen Fifa-Chef zum gewaltigen Problem werden. Denn völlig offen ist heute, ob die Fifa, in der 2016 der große Kehraus starten soll, dann noch jene Züricher Firma sein wird, die sich anmaßt, den Fußball weltweit exklusiv vertreten und verkaufen zu dürfen.
Natürlich wird Platini, den einst als Fußballer die seltene Gabe adelte, ein Regisseur mit Torjägerinstinkt zu sein, die möglichen Mehrheiten zu seinen Gunsten geprüft haben. Im Mai hatte er bekanntlich noch auf eine (aussichtslos erscheinende) Kandidatur gegen Blatter verzichtet, stellvertretend kassierte ein anderer, der auch von Platinis Europa-Verband Uefa gestützte Jordanier Prinz Ali bin al-Hussein, die Abfuhr der 209 Fifa-Mitgliedsländer.
Platini ist nun zwar Favorit, seine Wahl gilt aber nicht als sicher. Zu viele Fragen sind offen: Welche Strippen zieht Blatter in der Kulisse? Was wollen starke Kontinentalverbände wie Asien und Afrika? Kommt Platini, ist eines klar: Auf Blatter folgt kein Revolutionär, sondern ein Hausmeister, der schon mal da war.