Fifa-Präsidentschaft:Europa sucht den Blatter-Gegner

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Der Mann mit der Glatze: Uefa-Generalsekretär kennen viele von den Auslosungen zur Champions League - jetzt richtet er scharfe Worte an die Fifa. (Foto: REUTERS)
  • Die Uefa will im Januar über einen möglichen Gegen-Kandidaten zu Sepp Blatter als Fifa-Boss entscheiden.
  • Innerhalb Europas trauen kaum noch Funktionäre der Fifa.
  • Michel Platini wehrt sich derweil gegen Vorwürfe, im Zuge der WM-Vergaben Geschenke bekommen zu haben.

Uefa berät über Blatter-Widersacher

Europa ist nun offenbar doch bereit, im Fußball eine eigene Stimme zu entwickeln. Die Verbände der Europäischen Fußball-Union (Uefa) werden voraussichtlich am 24. Januar über einen möglichen Gegenkandidaten für den scharf kritisierten Fifa-Präsidenten Joseph S. Blatter beraten. Das bestätigte Uefa-Generalsekretär Gianni Infantino am Dienstag in Frankfurt/Main. "Man kann nichts ausschließen. Alle Verbände müssen gemeinsam diskutieren und dann wird offen und demokratisch entschieden, ob alle geschlossen für oder gegen einen Kandidaten sind", sagte Infantino nach einem turnusmäßigen Treffen von acht nationalen Verbänden, darunter auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB). Gleichzeitig werde über eine "gesamteuropäische Meinung" in Sachen Fifa beraten werden.

Welche Namen im Rennen sind

Fifa-Boss Blatter (78) will am 29. Mai 2015 in seine fünfte Amtszeit gewählt werden. Herausgefordert hat den Schweizer bislang nur der Franzose Jérôme Champagne (56) - Stand jetzt ist die Wiederwahl Blatters völlig ungefährdet. Daran will die Uefa zwingend etwas ändern. Zwar hatte Uefa-Präsident Michel Platini (59) bereits im Sommer seinen Verzicht erklärt, im Zuge der enormen Krise innerhalb des Weltverbandes wegen der WM-Vergaben an Russland 2018 und Katar 2022 wird aber über einen anderen Kandidaten spekuliert. Entweder aus den eigenen Reihen, oder einer, der die volle Unterstützung der Uefa-Verbände genießt. In den Medien taucht der Name des jordanischen Prinzen Ali bin al-Hussein (38) auf, derzeit Vizepräsident im Fifa-Exekutivkomitee.

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Von Thomas Kistner

Möglichkeiten der Uefa

"Ob noch andere (Kandidaten, d. Red.) kommen, ist völlig offen", sagte Infantino: "Die Uefa kann keinen Kandidaten aufstellen oder andere unterstützen. Was die Uefa machen kann, ist eine Plattform bieten. Die Verbände werden sich dann zusammensetzen und gemeinsam oder vereinzelt entscheiden, was die Antwort auf die Frage ist."

Antworten auf andere Fragen könnten schon am Donnerstag nach der Exekutivkomiteesitzung der Uefa fallen. Das höchste Fifa-Gremium tagt knapp zwei Wochen später in Marokko (18./19. Dezember) - vor allem Blatter-Kritiker Platini sollte sich dort eindeutig positionieren und offiziell die Veröffentlichung des höchst umstrittenen Untersuchungsberichts der Fifa-Ethikkommission zu der doppelten WM-Vergabe fordern.

Weitere Kritik an der Fifa

Druck in diese Richtung hatte am Dienstag auch der deutsche IOC-Präsident Thomas Bach gemacht. "Die Fifa muss den Report so schnell wie möglich veröffentlichen", sagte der Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) der BBC: "Vertrauen bekommt man heutzutage nicht mehr geschenkt, Vertrauen muss man sich jeden Tag verdienen."

Innerhalb Europas vertraut kaum ein Funktionär mehr der Fifa. "Die ganze Angelegenheit macht uns ein bisschen traurig und wir haben auch ein bisschen die Nase voll", sagte Infantino: "Jeden Tag kommt etwas neues raus. Es wäre schön, wenn wir Klarheit hätten." Am Sonntag waren in der englischen Zeitung Sunday Times vor allem gegen Platini neue Vorwürfe aufgetaucht. Der Franzose soll angeblich aus Russland vor der Wahl am 2. Dezember 2010 ein dem Maler Pablo Picasso zugeschriebenes Gemälde geschenkt bekommen haben.

Anschuldigungen gegen Platini

"Was natürlich belastend ist, dass solcher Blödsinn publiziert wird", sagte Infantino: "Die Zeitung hat selbst geschrieben, dass es nicht den Hauch eines Beweises gibt. Das fällt mir schwer zu akzeptieren, dass man solche Behauptungen in die Welt stellen kann, ohne einen Beweis zu haben. Wir sind alle ziemlich müde von diesen Geschichten." Platini selbst hatte die Anschuldigungen umgehend zurückgewiesen, er sprach von "lächerlichen Gerüchten" und gab die Angelegenheit in die Hände seiner Anwälte.

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