Fifa:Neue Ermittlungen gegen Blatter: Wieder ein Honorar ohne Amt

Fifa: Sepp Blatter: Eifriger Honorar-Aussteller

Sepp Blatter: Eifriger Honorar-Aussteller

(Foto: AP)
  • Während Sepp Blatter gegen seine Sperre vorgeht, kümmern sich Fifa-Ethiker um weitere fragwürdige Zahlungen.
  • Nach SZ-Informationen geht es um eine Zahlung an den russischen Funktionär Wjatscheslaw Koloskow zu Beginn des Jahrtausends.
  • Koloskow soll 125 000 Dollar kassiert haben, wieder stellt sich die Frage: Wofür floss das Geld?

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Der Sitz des Fußball-Weltverbandes ist für Sepp Blatter inzwischen eine absolute Tabu-Zone, aber am Dienstag gab es eine Ausnahme. Vor der Berufungskommission kämpfte er im Fifa-Hauptquartier in Zürich gegen seine Acht-Jahres-Sperre. Es geht um eine Zahlung über zwei Millionen Franken, die auf Blatters Veranlassung Anfang 2011 bei Michel Platini landete, dem ebenfalls sanktionierten Chef von Europas Fußball-Union. Das Duo erklärt die Transaktion als letzte Rate für eine zehn Jahre zurückliegende Beratertätigkeit des Franzosen für die Fifa. Die Ethiker glauben das nicht, sie sehen die Überweisung im Kontext der intensiven Fifa-Präsidentenwahl 2011, als es von hoher Relevanz war, dass Platini seinen Europa-Block auf Blatters Seite brachte.

Es dürfte den beiden schwer fallen, an der Sperre noch etwas zu ändern - sowohl vor der Berufungskommission als auch bei einem etwaigen Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof (Cas). Die ermittelnde Ethik-Kammer hatte gar einen lebenslangen Bann gefordert. Zudem verfestigt sich parallel zu Blatters Einspruch der Eindruck, dass diese an den Gremien vorbei in Auftrag gegebene Zahlung kein Einzelfall gewesen ist. Nach SZ-Informationen prüfen die Fifa-Ethiker einen weiteren Vorgang. Dabei geht es um eine Zahlung an den russischen Funktionär Wjatscheslaw Koloskow zu Beginn des Jahrtausends.

Damals verfügte Blatter einer internen Anweisung zufolge, dass Koloskow für die Zeit von Sommer 1998 bis Sommer 2000 den Status eines Vorstandsmitgliedes und ein entsprechendes Honorar von 100 000 Dollar erhalten solle - obwohl der Russe zu dieser Zeit gar nicht in der Exekutive des Weltverbandes saß. "Der Präsident bittet uns, die Angelegenheit definitiv zu erledigen", heißt es in einem Schreiben, das der SZ vorliegt, an den Finanzdirektor und späteren Generalsekretär Urs Linsi.

Tatsächlich soll Koloskow statt der avisierten 100 000 Dollar sogar 125 000 Dollar kassiert haben. Und wieder stellt sich die Frage: Wofür floss das Geld? Als die Transaktion publik wurde, rechtfertigte Blatter die Gabe - in verblüffender Ähnlichkeit zum Platini-Fall - mit einer Beratertätigkeit Koloskows für die Fifa, in diesem Fall für das Entwicklungshilfeprogramm "Goal". Jedoch musste Blatter einen "Formfehler" einräumen, nämlich, dass er weder Finanzkommission noch Vorstandskollegen verständigt habe.

Russland steht hinter Blatter

Aber es fällt auch dabei auf, dass der Russe Blatter in sportpolitisch heiklen Momenten treu zur Seite gestanden hatte. Etwa 1996, als er bei der Vergabe der Fernsehrechte an ISL/Kirch mit seiner Haltung im Fifa-Vorstand, dem er seinerzeit angehörte, die harte Abwehrfront der europäischen Fraktion aufbrach. Der damalige Chef des Weltverbandes, João Havelange, und sein damaliger Generalsekretär Blatter wollten unbedingt die - später als Schmiergeldagentur aufgeflogene - ISL ins Geschäft bringen.

Als 2002 eine Fifa-interne Opposition Strafanzeige stellte und in einem Dossier mit insgesamt 13 Tatbeständen Blatter eine intransparente Amtsführung attestierte, tauchte darin auch die Überweisung an Koloskow auf. Blatter habe "mit Geld der Fifa die Stimme des Herrn Koloskow und die Stimmen weiterer Personen, die mit ihm liiert sind, kaufen" wollen, hieß es. Zudem wurde darauf verwiesen, dass der russische Verband für 1999 und 2002 zu Unrecht weitere 80 000 Dollar erhalten habe. Blatter bestritt stets, diese Vorgänge hätten etwas mit Korruption zu tun gehabt.

Nun müssen die Ethiker prüfen, ob es sich um eine ähnliche Konstellation wie 2011 bei Platini handelte. Anzunehmen ist auch, dass sie im Zweifel überdies der Frage nachgehen, inwieweit in anderen Fällen erklärungsbedürftige Beraterhonorare und wichtige sportpolitische Entscheidungen in einem zeitlichen Kontext stehen.

Die Beziehungen zwischen Blatter und Russland jedenfalls haben all die jüngeren Turbulenzen nicht getrübt. Während Blatter - wie Platini - wegen seiner Sperre offiziell als global geächtet gilt und allenfalls als Privatperson Tickets kaufen kann, lud der russische Fußballverband die beiden unlängst für die Fußball-WM 2018 ein. Koloskow wirkt dort als Ehrenpräsident noch kräftig mit. Aktueller Chef der Föderation ist Witalij Mutko, zugleich Sportminister und Mitglied der Fifa-Exekutive. "Wir werden sie einladen, und ich sehe dabei keinerlei Probleme", sagte Mutko. Sollten die Russen dies tatsächlich auch dann durchziehen, wenn die Sperren bestehen bleiben, müsste dies ein Fall für die Disziplinarkommission des Weltverbandes werden.

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