Fifa: Korruptionsvorwürfe:"Rote Karte für die Fifa"

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Der "Fußball-Tsunami", den Vizepräsident Jack Warner für den Fall seiner Suspendierung angekündigt hatte, hat die Fifa längst erreicht. Von den einen wird Präsident Sepp Blatter verteidigt, von anderen scharf kritisiert. Ein australischer Politiker fordert von der Fifa nicht weniger als 34 Millionen Euro zurück.

Einen "Fußball-Tsunami" hatte Fifa-Vizepräsident Jack Warner angekündigt. Am Sonntagabend überraschte der Fußballweltverband mit der Entscheidung, Warner und Präsidentschaftskandidat Mohamed bin Hammam vorübergehend zu suspendieren, Fifa-Präsident Blatter im gleichen Atemzug jedoch freizusprechen. Oder war gerade dies im Grunde keine Überraschung? Wie auch immer: Der von Warner angekündigte "Tsunami" hat die Fifa längst erreicht.

WM-Comic
:Wie Blatter entscheidet

Wie geht es eigentlich weiter, wenn zwei Mannschaften punkt- und torgleich sind? Fifa-Boss Sepp Blatter hat seine ganz eigene Methode.

Innerhalb weniger Stunden haben sich zahlreiche Fifa-Mitarbeiter geäußert - Exekutiv-Mitglieder und Belastungszeugen, die mal für die eine, mal für die andere Seite plädieren. Das Ergebnis: Der Sumpf, in dem die Fifa dieser Tage steckt, scheint noch viel tiefer zu sein als bislang befürchtet.

Da wäre zunächst Jack Warner selbst, Vizepräsident des Verbands und seit Sonntagabend suspendiertes Exekutivmitglied. Der 68-jährige Topfunktionär aus Trinidad und Tobago warf Blatter am Montag vor, er hätte dem nord- und mittelamerikanischen Kontinentalverband Concacaf ein "Geschenk" von einer Million Dollar zukommen lassen, um das Geld "nach eigenem Ermessen" zu verwenden. Diese Information habe er auch der Ethikkommission übermittelt, erklärte Warner.

Die Anhörung durch die Ethikkommission kritisierte Warner wiederum scharf. Das Gremium sei "voreingenommen" gewesen und das ganze Vorgehen "ein Missbrauch des Prozessverfahrens". Warner kündigte an: "Ich werde bald sehr viel mehr zu dieser Sache sagen."

Da wäre jedoch auch Chuck Blazer, der Hauptbelastungszeuge in der Fifa-Affäre. Der erhob am Montag wiederum schwere Vorwürfe gegen Bin Hammam und Warner. Deren mutmaßlicher Stimmenkauf sei "von Anfang an eine Verschwörung" gewesen, sagte Blazer.

Die Vorwürfe Bin Hammams, Präsident Blatter habe eine Intrige angezettelt, bezeichnete Blazer hingegen als "absolute Albernheit". Blazer gehört ebenfalls dem Kontinentalverband Concacaf an und hatte die angeblichen Bestechungszahlungen bei Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke angezeigt.

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Doch auch andere Politiker melden sich zu Wort. Etwa der australische Senator Nick Xenophon, der die Regierung seines Landes aufgerufen hat, von der Fifa die Kosten für die WM-Bewerbung 2022 zurückzufordern. Australien war bei der Doppelvergabe der Fußball-Weltmeisterschaften für 2018 (Russland) und 2022 zur großen Überraschung am Sensationssieger aus Katar gescheitert.

Pressekonferenz am Montagabend: Fifa-Präsident Sepp Blatter. (Foto: AFP)

Xenophon schrieb: "Wir haben fast 46 Millionen Dollar für eine Bewerbung ausgegeben, mit der wir nicht den Hauch einer Chance hatten, weil Stimmen mit Bestechungsgeldern gekauft wurden." Umgerechnet sind dies rund 34,4 Millionen Euro. "Nicht ein Cent mehr" solle unter diesen Umständen für weitere WM-Bewerbungen ausgegeben werden, schrieb Xenophon weiter. Sein Statement veröffentlichte er unter der Überschrift: "Rote Karte für die Fifa."

Fifa-Präsident Blatter, an den sich die Vorwürfe in erster Linie richten, hatte sich nach der Suspendierung seines Kontrahenten Bin Hammam am Sonntagabend nur dürftig geäußert. "Das Komitee hat seine Entscheidung getroffen, die ich nicht im Detail kommentieren will. Aber ich bedauere, was in den letzten Tagen und Wochen passiert ist", sagte Blatter und fügte hinzu: "Das Image der Fifa hat dadurch großen Schaden genommen."

Damit wollte Blatter es zunächst bewenden lassen, schlief jedoch eine Nacht darüber und entschied sich dann um: Für Montagabend, 18 Uhr, hat Blatter nun eine Pressekonferenz angekündigt. Offenbar hat auch der Schweizer noch etwas beizutragen zur schmutzigsten Geschichte, die den Fußballweltverband je ereilt hat.

Und auch Mohamed bin Hammam will es nicht mit seiner vorläufigen Suspendierung bewenden lassen. Er schrieb am Sonntagabend in seinem Blog: "Ich bin sehr enttäuscht, wie der Stand des Verfahrens auf der Pressekonferenz dargestellt wurde. Ich erwarte, dass dies so weitergehen wird. Das ist nicht das, was ich unter Fair Play verstehe. Ich behalte mir alle Rechte vor."

© sueddeutsche.de/dpa/ebc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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