Unter dem Gespann Borbely/Eckert, heißt es in Fachkreisen, wäre Infantino aufgrund der Belastungslage längst suspendiert. Allerdings hat der Fifa-Boss die beiden Ethik-Hardliner Mitte 2017 abserviert. Als Chefermittlerin installierte Infantino stattdessen eine kolumbianische Verwaltungsjuristin, Claudia Rojas, die ihm von latinischen Funktionären als "super-amiga" (Superfreundin) angepriesen wurde. Und so arbeitete die 70-Jährige bisher auch, die weder Erfahrung im Strafrecht hat noch die Verfahrenssprachen der Fifa beherrscht, Englisch, Französisch, Deutsch. Ein Handicap, das von Beginn an bewirkte, dass Rojas einer von Infantinos Vertrauten in der Fifa-Administration zur Hand geht.
Auffällig ist, dass Schweizer Medien jüngst von Infantinos Presseleuten dahingehend informiert wurden, dass der Boss für den Fall, sollte ein Strafverfahren gegen ihn laufen, nicht automatisch gesperrt werden müsse. Im Ethik-Kodex sei hierfür eine "Kann"-Bestimmung vorgesehen. Punkt 84 besagt: "In einer Untersuchung kann der Vorsitzende der Untersuchungskammer oder der Untersuchungsleiter jederzeit vorläufige Sanktionen verhängen, um sicherzustellen, dass das Untersuchungsverfahren nicht behindert" werde.
Dieses Behindern läuft längst: Alleingänge und Verschleierungsversuche des Autokraten sind bestens bezeugt, neuerdings auch bundesgerichtlich. Außerdem ist die bisherige Verfahrensweise, selbst bei viel banaleren Sachverhalten, in der Regel so, dass Betroffene umgehend suspendiert wurden. So war es im Fall Blatter. Und nicht zuletzt stellen sich drängende Fragen der Vernunft: Kann ein Präsident, der zwei Jahre nach einem aufwendig eingefädelten Treffen, zu dem er eigens nach Bern gereist war, und der nicht mehr weiß, dass er stundenlang mit dem Schweizer Chefankläger konferiert hatte - kann so einer den Weltfußball noch anführen? Und wie stellt sich in diesem Kontext die per Mail dokumentierte Lüge als Rechtfertigung für die Privatjet-Reise aus Surinam dar?
Sollte die "Superfreundin" aus Kolumbien an der Spitze der Ethikkammer untätig bleiben, könnte Sonderermittler Keller diese Frage mit erledigen. Eine Anzeige liegt ihm auch zum Surinam-Flug vor.