Fifa:Infantinos Liste des Scheiterns ist beispiellos

Fifa: Fifa-Präsident Gianni Infantino hat sich schon zahlreiche Fehler erlaubt, Konsequenzen muss er aber vermutlich nicht so schnell fürchten.

Fifa-Präsident Gianni Infantino hat sich schon zahlreiche Fehler erlaubt, Konsequenzen muss er aber vermutlich nicht so schnell fürchten.

(Foto: AFP)

Der Fifa-Boss hat ein Projekt nach dem anderen an die Wand gefahren. Das ist schlecht für den Fußball, aber der Schweizer kann tun, was er will: In seinem Reich ist er fast unantastbar.

Kommentar von Thomas Kistner

Dass er gerade wieder ein Herzensprojekt in den Sand gesetzt hat, die Aufstockung der Fußball-WM in Katar auf 48 Teams, wird Gianni Infantino verkraften. Es gibt ja genug Lichtblicke im Funktionärsleben. Wladimir Putin hängte ihm just seinen Freundschafts-Orden um; die Deutschen laden den Fifa-Boss nun zum Pokalfinale in Berlin ein. DFB-Vertreter sind da sehr geschmeidig, sie knuddeln auch umstrittene Potentaten und begründen das damit, dass Deutsche niemals den "Besserwisser" geben dürften!

Also: Augen zu und mitgemacht. Infantino hat sich sein Reich ohnehin so eingerichtet, dass ihm größere und kleinere Malheurs nichts anhaben können. Die ehemals vorbildlichen Aufsichtsorgane hat er rasiert, vorneweg ein Ethikkomitee, das einst die Mächtigsten der Fußballwelt aus den Ämtern katapultierte: den früheren Fifa-Boss Sepp Blatter, den Generalsekretär Jérôme Valcke, den Europa-Chef Michel Platini. Dummerweise wollten die Ethiker auch Infantino an den Kragen, das hat er 2017 handstreichartig gestoppt. Über Nacht fand sich eine kolumbianische Verwaltungsjuristin, die ihm von belasteten Funktionären heiß empfohlen worden war: Als "Super-Amiga"! Und als Superfreundin hat sich die neue Chefermittlerin seitdem erwiesen.

Das ist schlecht für den Fußball, aber gut für den Patron, der tun kann, was er will. Gerade steht er im Zentrum eines Justizskandals, es geht um diskrete Treffen mit Bundesanwalt Michael Lauber. Der Schweizer Chefankläger könnte über diese Ermittlungen stürzen. Aber Infantino? Dem hängt in der Fifa nicht mal die Amigo-Affäre mit einem Walliser Staatsanwalt nach, den er mit Geschenken auf Fifa-Kosten überhäufte - und der ihm immer wieder den Weg nach Bern öffnete.

Als Taschenspieler ist Infantino meisterlich. Weil seine Kontrollorgane Makulatur sind, lässt sich problemlos ein Projekt nach dem anderen an die Wand fahren. Tatsächlich ist die Liste seines Scheiterns beispiellos. Vereitelt sein Versuch, die Fifa-Rechte an eine dubiose Investorengruppe zu verhökern; nach Aktenlage wäre er bei dem diskreten Deal selbst gut weggekommen. Geplatzt seine Pläne für eine globale Nations League und zur Reform der Klub-WM. Letztere kommt erst 2024 - und gewiss nicht so, wie er und seine Geldgeber das wünschen. Und jetzt: Ist auch aus dem Katar-Projekt, der WM-Aufblähung auf 48 Teams, die Luft raus.

In einem Mix aus Naivität und Größenwahn wollte Infantino ein Superturnier am Golf aufziehen, wo Katar seit 2017 von just den Ländern boykottiert wird, die als Co-Veranstalter hätten einspringen müssen: Saudi-Arabien und die Arabischen Emirate. Kalte Kriege zu befrieden, mag ja sehr ehrenwert sein. Doch bei Infantinos WM-Blähungen ging es nur um Ranküne und Eitelkeit. Sein enger Verbündeter, der saudische Kronprinz, sowie die VAE hätten halt zu gern ein Stück abgesäbelt von Katars WM-Kuchen. Und die Fifa hätte sich feiern lassen für die angebliche Versöhnung. Was ist schon Putins Orden gegen den Friedensnobelpreis?

Doha hat diese Sandkastenspiele vergnügt verfolgt, ein Jahr lang ließ es den Patron und seine Alliierten im Leerlauf strampeln. Zu erwarten steht aber auch, dass sich die Nachwehen dieser Groteske noch auf die WM 2022 auswirken: Manche Leute stehen ja nun als Verlierer da.

Am 5. Juni ist Fifa-Kongress in Paris. Infantino wird bleiben, dank all der Zwergverbände wie Guinea, Guam, Laos, die nichts mit Fußball am Hut haben, aber manchen Vertreter, der gut lebt von dem, was sich Förderhilfe nennt. Und die Großen wie der DFB werden wieder erzählen, man stelle halt die "Einheit des Fußballs" über alles. Die Ära Infantino zeigt, dass die Fifa ihrem Tiefpunkt noch entgegensteuert: Der Autokrat mit den leeren Händen soll unbedingt weiterwursteln.

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