Fifa-Exekutive:200.000 Dollar "Aufwandsentschädigung"

Fußball, Fifa, Sepp Blatter

Seine Exekutive verdient 200.000 Dollar pro Jahr, sein Gehalt ist weiter geheim: Fifa-Präsident Sepp Blatter

(Foto: dpa)

Generös erklärte die Fifa, sie habe ihre Bonuszahlungen abgeschafft. Dafür haben die Exekutivmitglieder sich mal eben ihre jährliche Aufwandsentschädigung verdoppelt.

Von Thomas Kistner, Rio de Janeiro

Beim Fifa-Kongress vor dem WM-Eröffnungsspiel in São Paulo durfte so ziemlich jeder mal in die Bütt, der das Reformwerk von Präsident Joseph Blatter zu preisen bereit war. Auch Domenico Scala trug den Delegierten vor, er schwärmte ein bisschen von den "wichtigen Errungenschaften", die im Governance-Bereich erzielt worden seien, und berichtete, dass in Hinblick auf die Vergütung des Präsidenten und der Exekutivmitglieder ein neues Programm verabschiedet worden sei.

Wie das konkret aussieht, verriet der Chef der unabhängigen Audit- und Compliance-Kommission nicht. Dafür war ihm daran gelegen, das leuchtende Beispiel der Spitzenfunktionäre auch in nachgeordnete Bereiche zu tragen; es sei "sicherzustellen, dass sich der Reformprozess nicht auf die Spitze der Pyramide beschränkt".

Was Transparenz und Vorbildhaftigkeit an der Spitze der Fifa-Pyramide anbelangt, hat nun die Sunday Times neue Erkenntnisse aus ihrem unerschöpflichen Fundus präsentiert. Den Berichten vom Wochenende zufolge haben die 25 Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees zwar durchaus, wie Scala und auch Blatters deutscher Reformexperte Theo Zwanziger schon vor Monaten öffentlich beteuert haben, die Bonus-Ausschüttung an die Vorstände abgeschafft.

Was die zwei Erneuerer konkret zu erwähnen vergaßen: Im Austausch erfolgte eine Verdoppelung der jährlichen Aufwandsentschädigung für Exekutivmitglieder von 100 000 Dollar (rund 74 000 Euro) auf 200 000 Dollar. Das Blatt beruft sich auf vorliegende Dokumente; darunter offenkundig Kontoauszüge des langjährigen Fifa-Vorstands Mohamed Bin Hammam.

"Wir können nicht jede Seite kommentieren"

Ein Fifa-Sprecher lehnte laut Times eine Stellungnahme ab, mit originellem Hinweis auf eine gewisse Arbeitsüberlastung: Man könne ja "nicht jede Seite, die Sie sich aus den Hunderten Millionen von Mails - die Ihnen nach eigenen Angaben vorliegen - herauspicken, kommentieren". Das ginge immer so weiter, "das ist lächerlich".

Mit großem Trommelwirbel die Korruptionsanreize lindern, indem man den Fifa-Granden klammheimlich die Fixzahlung verdoppelt und weitere Vergünstigungen wie hohe Tagegelder belässt - auch das entbehrt nicht der Komik. Zitiert wird im Bericht ein ungenanntes Vorstandsmitglied, das den Etikettenwechsel freimütig bestätigte: "Es wurde verdoppelt, als Ausgleich für den Wegfall der Bonuszahlungen."

Luxushotels und First-Class-Flüge "für das Spiel, für die Welt"

Bisher kassierten die Exekutiv-Mitglieder, unter ihnen auch der frühere DFB-Präsident Zwanziger, der jüngst Nachfolger Wolfgang Niersbach wegen angeblich unverhältnismäßig hoher Bezüge kritisierte, einen Jahresbonus von 75 000 Dollar. In WM-Jahren war dieser (Zusatz-)Betrag gar auf bis zu 200 000 Dollar geklettert. Für ehrenamtliche Funktionäre, die sich in Luxushotels, auf Staatsempfängen und First-Class-Flügen "für das Spiel, für die Welt" abrackern, wie ihre Fifa-Mission besagt.

Aufschlussreich im Fifa-üblichen Sinne erscheint dabei die letzte WM-Ausschüttung. Laut Times-Berichten wurde den Exekutiv-Mitgliedern der 200 000-Dollar-Bonus für 2010 punktgenau einen Tag vor der Abstimmung über die WM-Vergabe 2022 überwiesen. Es folgte die seither unter Korruptionsverdacht stehende WM-Vergabe an Katar. Stilbildend ist überdies, dass der zusätzliche Bakschisch für Blatters wackere Mitregenten gar nicht mehr allzu weit entfernt lag von der Ausschüttung, die es für jeden der gut 200 Nationalverbände gab: Die kassierten jeweils 300 000 Dollar.

Auch in Brasilien müssen Fifa-Vorstände nicht darben. Dort sei eine Aufwandsentschädigung von 700 Dollar pro Tag vorgesehen, und wer eingedenk all der Empfänge, Dinner und Logenbesuche nicht dazu kommt, den ganzen Reibach auszugeben, der könne sich das Taschengeld auf ein Schweizer Konto überweisen lassen.

Festgelegt werden die Zahlungen von einem Vergütungsausschuss, der nicht öffentlich ist und auch Blatters Salär regelt, das weiter im Dunkeln liegt. "Es gibt jetzt keine Boni mehr, das ist schon ein wichtiger Fortschritt", hatte Zwanziger jüngst gesagt, zur neuen Vergütungsstruktur aber nur erklärt: "Das ist keine Größenordnung, wo die Leute, wenn sie andere Gehälter sehen, zusammenbrechen."

Doch sind Gehälter ja anders zu betrachten als Apanagen für Ehrenamtliche. Zumal, wenn diese so hoch sind, dass man in der Fifa in einer Vier-Jahres-Amtsperiode zum Dollarmillionär wird. "Das macht dich krank", sagt ein früherer hoher Fifa-Bediensteter der Times, "vor allem, wenn die WM an Orten stattfindet, in denen die Kinder auf den Straßen nichts Richtiges zu Essen haben." Oft nicht mal einen Ball zum spielen.

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