Fifa:Der DFB hat versagt

Reinhard Grindel

DFB-Boss Reinhard Grindel: Nicht kritikfreudig in Bahrain

(Foto: Peter Steffen/dpa)

Präsident Reinhard Grindel verpasst es, die Fifa für ihren Umgang mit den Ethikern zu rügen. Damit stützt er ihr System der schmutzigen Tricks.

Kommentar von Thomas Kistner

Reinhard Grindel, das zeigte der Fifa-Kongress, gibt gern den Revoluzzer. Aber nur nach außen. Als geschmeidiger Politiker wusste der DFB-Chef, mit welchen Gefühlen das Publikum zu Hause auf die Kostgänger- Ansammlung des Weltfußballs in Bahrain blickte. Wohl auch deshalb wurde am Dienstag ein mannhafter Auftritt des deutschen Neueinsteigers im hohen Fifa-Rat kolportiert: Grindel soll für den Verbleib der ausgebremsten Ethikkammer-Vorsitzenden Hans-Joachim Eckert und Cornel Borbély gefochten haben, ja, er habe sogar mit einer Zeitung gewedelt, in der Fifa-Generalsekretärin Fatma Samoura kürzlich noch "hundertprozentige Unterstützung" für die harten Korruptionsjäger bekundet hatte.

Andere Teilnehmer haben nichts vergleichbar Dramatisches in Erinnerung. Nur etwas Gemurmel des Kollegen, der via DFB sieben Millionen organisierte Mitglieder vertritt. Das sind übrigens mehr Menschen, als ein halbes Dutzend seiner Fifa-Ratskameraden insgesamt an Landsleuten aufbringen.

Es ist kein deutsches Hegemonialstreben, wenn hier an deutsche Vertreter besondere Erwartungen geknüpft werden. Tonga hin, Togo her: Ein DFB-Repräsentant sollte eindeutige Positionen vertreten zu Problemen, die nicht den Ball berühren, sondern die klassisch schmutzigen Tricks und Dribblings der Funktionäre. Auch von solchen, die im Fokus internationaler Strafermittler stehen.

Debatten zu diesem Fifa-Handstreich, der die ganze Sportwelt bewegt (Rauswurf zweier kompletter Ethikkammern), wurden ebenso vermieden wie eine Abstimmung dazu, am Ende wurde alles in irgendeinem Paket abgenickt.

Unter Sportkameraden schwimmt man nicht gerne gegen den Strom

Grindels Auftritt im Fifa-Rat war daher wohlfeil: Mal kurz was fallen lassen, um die Ansprüche zu Hause zu befrieden - und dann gleich wieder beidrehen. Oder ließ er sich vorführen von Fifa-Boss Gianni Infantino? Grindel erzählte nach der Sitzung, bei der nur über die Neuvorschläge abgestimmt wurde, es wäre "unfair und respektlos" gewesen, diesen Leuten die Zustimmung zu verweigern. Das ist gar nicht das Thema. Unfair und respektlos ist der Vorgang gegenüber den Ethikern, die arglos nach Bahrain gereist waren und eine Arbeit geleistet haben, die die Fifa vor größten Imageschäden bewahrt hat. Dieser Gedanke liegt dem Chef des DFB wohl fern.

Dabei steht außer Frage, was Infantino angetrieben haben dürfte, die beiden Aufräumer (sowie den für Integritäts-fragen zuständigen Miguel Maduro) auf die klandestine Tour unschädlich zu machen. Sie hätten ja als Nächstes Ahmad Ahmad vorgeladen; es gibt zu dem neuen Afrika-Chef einen Schmiergeldverdacht nach üblichem Muster. Und auch Infantino selbst war erneut in Gefahr, in den Ermittlungssog zu geraten: Afrikanische Funktionäre bezeugen, er habe Ahmad im Wahlkampf unterstützt.

Grindel hat sich fromm in die Spur seiner Vorgänger in hohen Fifa-Ämtern begeben. Der DFB hat versagt. Auch beim Kongress am Donnerstag, als er den nicht statutenkonformen Coup gegen die Ethiker hätte rügen und den Weg für eine Anfechtung bereiten können. Aber unter Sportkameraden schwimmt man nicht gerne gegen den Strom.

Es ist diese Haltung der wirklich Mächtigen im Fußball, die es erst ermöglicht, dass dort immerzu Figuren wie Infantino die Regie führen. Verbände wie der deutsche ermöglichen ein System, das sie in Fensterreden ständig geißeln.

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