Fifa unter Infantino:Korruptionsverdacht als ständiger Begleiter

Fifa unter Infantino: Im Zwielicht: Ahmad Ahmad (r.), Fifa-Vorstandskollege von Präsident Gianni Infantino.

Im Zwielicht: Ahmad Ahmad (r.), Fifa-Vorstandskollege von Präsident Gianni Infantino.

(Foto: Abdeljalil Bounhar/AP)
  • Die Korruptionsvorwürfe um Fifa-Vize Ahmad Ahmad fügen sich nahtlos in eine Reihe von Affären.
  • Gleich vier Vorständler verließen das Gremium bereits. Weitere Council-Mitglieder, gegen die es konkrete Vorwürfe gibt, sind ebenfalls noch im Amt.
  • Fifa-Präsident Infantino wiederum kann froh sein, dass er selbst bisher noch nicht mit einem konkreten Verfahren befasst sein muss.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Am späten Donnerstagabend ließ sich Ahmad Ahmad noch einmal fotografieren. Da war der Chef des afrikanischen Fußballverbandes (Caf) und Vizepräsident des Weltverbandes Fifa nach einem mehrstündigen Verhör durch die Polizei wieder in sein Hotel zurückgekehrt. Nun saß er dort im Kreis seiner afrikanischen Vorstandskollegen, und es hieß, er bleibe noch ein bisschen in Paris, um sich das Eröffnungsspiel der Frauen-WM anzuschauen.

Spätestens seit Donnerstag ist der 58-jährige Top-Funktionär aus Madagaskar das beste Beispiel dafür, dass auch nach der Ablösung Sepp Blatters durch Gianni Infantino vor mehr als drei Jahren der Korruptionsverdacht ein ständiger Begleiter der obersten Fußballfunktionäre zu sein scheint - obwohl Infantino stets erklärt, wie sehr sich unter seiner Ägide alles verbessert habe. Denn das Zentralbüro für Korruption in Paris (Oclif) ermittelt wegen Ahmads Verhalten rund um einen womöglich fragwürdigen Ausrüsterdeal.

Auslöser hierfür ist die Anzeige des früheren Caf-Generalsekretärs bei der Fifa-Ethikkommission im März, in der verschiedene angebliche Verfehlungen Ahmads thematisiert werden - unter anderem auch ein Vorgang aus dem Dezember 2017. Damals sah sich der Caf nach einem Ausrüster für die bald darauf stattfindende Afrika-Nationenmeisterschaft um; das ist ein Turnier für Nationalteams, in dem jedoch nur Spieler aus den jeweiligen Heimatligen der Teilnehmer zum Einsatz kommen dürfen, und nicht zu verwechseln mit dem Afrika-Cup.

Ahmad Ahmad bestreitet die Vorwürfe

Laut der Anzeige bei den Ethikern kam es im Dezember 2017 auch zu einer Abmachung mit dem Sportartikelhersteller Puma. Die verabredeten Kosten hierfür hätten bei umgerechnet gut 300 000 Euro gelegen. Doch vier Tage nach der Abmachung sei dieser Vertrag gecancelt und kurz darauf die französische Firma Tactical Steel eingeschaltet worden, zu der Ahmad enge persönliche Beziehungen gepflegt haben soll. Diese Firma habe dann das Equipment besorgt, hergestellt von Adidas, und dafür circa 1,05 Millionen Euro erhalten. Ein Unterschied in Höhe von 750 000 Euro also.

Ahmad Ahmad bestreitet die Vorwürfe, dass er sich unlauter verhalten habe. Er rechtfertigt sich gegenüber der Zeitung France Football damit, dass Puma damals Lieferschwierigkeiten gehabt hätte. Daraufhin habe er die ägyptische Adidas-Dependance informiert und über einen Mittelsmann Tactical Steel kontaktiert. Zu den konkreten Summen äußert sich der Caf auf eine Anfrage nicht.

Puma hält fest, dass es damals keine Lieferschwierigkeiten gegeben habe. Eine Vertreterin von Tactical Steel erklärt, dass die Firma den Kontrakt auf transparenter Basis erhalten habe und sie als einzige in der Lage gewesen sei, das Material binnen drei Wochen zu beschaffen. Es ist allerdings nicht so, dass Ahmad Ahmad der erste Spitzenfunktionär in Infantinos Ägide ist, der mit Korruption oder einem anderen Schmutzklassiker des Fußballgeschäfts in Verbindung gebracht würde. Im Gegenteil: Alleine im 36-köpfigen Council, dem obersten Gremium des Weltverbandes, sind in den vergangenen drei Jahren schon ein halbes Dutzend Personen von anrüchigen Vorgängen betroffen gewesen.

Council-Mitglieder sind trotz konkreten Vorwürfen im Amt

Im April 2017 trat der einflussreiche kuwaitische Scheich Ahmed al-Sabah zurück, gegen den es vielerlei von ihm bestrittene Korruptionsvorwürfe gibt; allerdings ist er trotz seines Rückzugs immer noch in der Sportpolitik aktiv. Ein Jahr später folgte der ozeanische Verbandschef und Fifa-Vize David Chung. Offiziell legte er sein Amt damals aus persönlichen Gründen nieder, später sperrten ihn die Fifa-Ethiker für sechseinhalb Jahre wegen Korruption und Interessenskonflikt. Der Ghanaer Kwesi Nyantakyi wiederum ließ sich dabei filmen, wie er bei einem diskreten Treffen Geld annahm und dafür Gegenleistungen in Aussicht stellte - blöd war nur, dass es sich bei den Geldüberbringern um Undercover-Journalisten handelte, die so die Bestechlichkeit des Funktionärs nachweisen wollten. Und der Deutsche Reinhard Grindel trat von seinen nationalen und internationalen Ämtern zurück, weil er ein teures Uhrengeschenk nicht gemeldet hatte.

Andere Council-Mitglieder hingegen, gegen die es konkrete Vorwürfe gibt, sind noch im Amt. Der Kongolese Constant Omari war in seinem Heimatland wegen Korruptionsverdachts vorübergehend festgenommen und lange verhört worden. Er und drei weitere Funktionäre sollen Staatsgelder veruntreut haben. Beim Kolumbianer Ramon Jesurun ermittelte die nationale Handelskammer wegen des Umgangs mit Tickets für Qualifikationsspiele. In seinem Fall kommt als Pikanterie hinzu, dass just er es war, der die oberste Ethik-Ermittlerin der Fifa, seine Landsfrau Claudia Rojas, für ihren Posten empfahl. Und neben den Council-Mitgliedern gibt es weitere Fälle von Nicht-Council-Mitgliedern; aktuell etwa den des nigerianischen Verbandspräsidenten Amaju Pinnick, der sich in seinem Heimatland mit einem Korruptionsverdacht auseinandersetzen muss. Alle weisen die Vorwürfe aber zurück.

Fifa-Präsident Infantino wiederum kann froh sein, dass er selbst bisher noch nicht mit einem konkreten Verfahren befasst sein muss. Im April kam ein Schweizer Sonderermittler zu einem pikanten Schluss. Er hatte gegen den Walliser Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold ermittelt, weil dieser bei Infantino diskrete Treffen mit der Spitze der Bundesanwaltschaft (BA) einfädelte, aber zugleich vom Fifa-Boss Zuwendungen wie Tickets oder WM-Reisen in einem Gegenwert von mindestens 20 000 Euro erhielt - und später sogar eine konkrete und lukrative Joboption beim Weltverband im Raum stand.

Der Sonderermittler sprach Arnold zwar vom Verdacht der Bestechlichkeit frei, begründete das aber damit, dass die Gaben rein privat erfolgt seien. Rein private Gaben jedoch verbietet das Fifa-Reglement, weswegen nach Ansicht von Strafexperten nun eigentlich Infantino wegen dieser Ausgaben ins Visier genommen werden müsste. Doch die BA, die zuletzt mit ihrem Verhalten rund um die Fifa und Infantino stark irritierte, sieht das offenkundig anders.

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