Ferrari:Raus mit Applaus

Ferrari: Übernimmt die volle Verantwortung für den schlechten Saisonstart der Ferraris: Stefano Domenicali

Übernimmt die volle Verantwortung für den schlechten Saisonstart der Ferraris: Stefano Domenicali

(Foto: AFP)

Ende einer Ära: Sportdirektor Stefano Domenicali muss das Formel-1-Team von Ferrari verlassen. Keine Überraschung nach dem entäuschenden Saisonstart. Bemerkenswert sind aber die Details der Demission.

Von René Hofmann

Die Art, wie jemand sein Amt räumt, sagt oft viel. Vor wenigen Wochen hat sich der traditionsreiche Formel-1-Rennstall McLaren von seinem Teamchef Martin Whitmarsh getrennt. Der 55-Jährige hatte 2009 den Job von Ron Dennis übernommen. Im Vergleich zu seinem Vorgänger galt er als umgänglich und freundlich. Aber er blieb erfolglos. Seinen letzten Auftritt als McLaren-Repräsentant absolvierte er bei der Beerdigung von John Button, dem Vater des Formel-1-Fahrers Jenson Button. Seitdem ist Whitmarsh nicht mehr in Erscheinung getreten. Das Sagen bei McLaren in Woking hat jetzt wieder: Ron Dennis.

An diesem Montag bebte die Erde auch an einem anderen traditionsreichen Formel-1-Standort: in der Via Abetone Inferiore in Maranello. Nachdem die Scuderia in den ersten drei Rennen der Formel-1-Saison 33 Punkte gewann und in der Konstrukteurs-Wertung mit 78 Zählern Rückstand auf Mercedes lediglich den fünften Platz belegt, muss der Ferrari-Teamchef gehen - Stefano Domenicali.

Der 48-Jährige war am 12. November 2007 Jean Todt nachgefolgt, der inzwischen dem Automobilweltverband FIA als Präsident vorsteht. 22 Tage zuvor hatte der Finne Kimi Räikkönen den bisher letzten WM-Titel für das Team gewonnen. Seitdem lauteten die besten Platzierungen des jeweils besten Ferrari-Fahrers im End- klassement: zwei (Felipe Massa/2008), neun, zwei, vier, zwei und zwei (seit 2009 jeweils Fernando Alonso).

Dass Domenicali seinen Platz räumen muss, kommt deshalb wenig überraschend. Bemerkenswert aber sind die Details der Demission: In seinem Abschieds-Statement übernimmt Domenicali die volle Verantwortung für die enttäuschenden Ergebnisse.

Er schreibt: "Es gibt spezielle Momente in jedem Berufsleben, in denen man Mut braucht, um schwere und quälende Entscheidungen zu fällen." Aber es sei "Zeit für einen maßgeblichen Wandel. Als Chef übernehme ich die Verantwortung für unsere aktuelle Situation, so wie ich es immer getan habe." Die Entscheidung sei mit dem Ziel getroffen worden, "wachzurütteln" und zum "Wohl dieser Gruppe an Menschen, denen ich mich sehr verbunden fühle".

Kurze Spekulationen um Ross Brawn

Domenicali wurde in Imola geboren. Er studierte in Bologna Wirtschaftswissenschaften. Nach seinem Abschluss fing er 1991 bei Ferrari an. 23 Jahre lang arbeitete er sich dort nach oben. Sponsorensuche, Logistik, Teammanager, Sportdirektor, schließlich Teamchef.

Anders als Todt polarisierte er - zumindest in der Außenwirkung - nicht, sondern gab sich als Moderator. Und anders als Todt, der fast grußlos verabschiedet worden war, bekommt Domenicali freundliche Worte nachgerufen. "Ich danke Stefano Domenicali, nicht nur für seinen steten Einsatz, sondern auch für die große Verantwortung, die er immer gezeigt hat, selbst am heutigen Tag. Er hat die Interessen von Ferrari immer über alles andere gestellt", ließ Ferrari- Präsident Luca Cordero di Montezemolo mitteilen, nachdem er das Rücktrittsgesuch akzeptiert hatte.

Nachdem die ersten Gerüchte über Domenicalis Rückzug am Montagvormittag die Runde gemacht hatten, dauerte es nicht lange, bis Spekulationen über die Nachfolge aufkamen - und mit ihnen ein bekannter Name: Ross Brawn, 59, von 1997 bis 2006 Technischer Direktor bei Ferrari und anschließend Teamchef bei Honda, BrawnGP und Mercedes - und seit diesem Winter im nicht ganz frei gewählten Ausstand.

Aber so weit ging die Scuderia dann doch nicht. Mit der offiziellen Bekanntgabe über das Domenicali-Aus um 13.02 Uhr wurde auch die Nachricht verschickt, wer sein Nachfolger wird: Marco Mattiacci, 42, der in Rom aufwuchs und an der Università La Sapienza Wirtschaftswissenschaften studierte.

Mattiacci arbeitet seit 14 Jahren für Ferrari. In seiner beruflichen Vita stehen die Stationen Südamerika, Naher Osten, Finnland, Russland, China, Japan. Seit 2010 fungierte er als Geschäftsführer von Ferrari Nordamerika, mit 40 000 Kunden der größte Markt der Firma. Mattiacci habe "die neue Herausforderung mit Enthusiasmus angenommen", ließ Montezemolo wissen.

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