Felix Sturm gewinnt gegen Sebastian Zbik:Der Boxer schlägt den Studenten

Felix Sturm und Sebastian Zbik liefern sich einen temporeichen und hochklassigen Kampf - vor Beginn der zehnten Runde gibt Zbik auf. Auf Sturm warten nun lukrative Kämpfe im Mittelgewicht, Zbik dagegen deutet an, dass in seinem Leben andere Dinge wichtiger sind als das Boxen.

Jürgen Schmieder, Köln

Am Morgen vor dem Kampf schlenderte Sebastian Zbik gut gelaunt durch den Frühstücksraum seines Hotels. Er begrüßte Verwandtschaft und Freunde ("Na, gut geschlafen?"), dann holte er sich zwei Spiegeleier und setzte sich mit seinem Trainer Arthur Grigorian an einen Tisch. Zbik wirkte nicht wie ein Boxer, der später den kniffligsten Kampf seiner Karriere bestreiten muss - er wirkte eher wie einer, der am Ring sitzen und zuschauen darf.

Boxen: Felix Sturm - Sebastian Zbik

Müde nach schnellen Manövern und neun Runden: Sebastian Zbik ist ein hervorragender Boxer, obwohl er eigentlich kein Boxer ist.

(Foto: dapd)

Zbik boxte am Abend jedoch gegen Felix Sturm um die Mittelgewichts-Weltmeisterschaft der World Boxing Association (WBA) an. Er überraschte Sturm zu Beginn mit sehenswerten Kombinationen und klaren Treffern, er war lange Zeit der variablere und souveränere Athlet in einem temporeichen und hochklassigen Kampf. Doch dann gab Zbik vor Beginn der zehnten Runde überraschend auf. Felix Sturm gewann deshalb offiziell durch technischen Niederschlag.

"Mein Trainer Arthur Grigorian hat mich nach der sechsten Runde gefragt, wie es mir geht", sagte Zbik nach dem Kampf, "ich habe gemerkt, dass meine Beine müde wurden. Deshalb musste ich am Ende der Runden schwere Treffer nehmen. Wir haben dann nach der neunten Runde gemeinsam die Gesundheit in den Vordergrund gestellt und den Kampf abgebrochen."

In der Tat fand Felix Sturm nach der fünften Runde besser in das Gefecht, nachdem er zuvor doch arg beeindruckt gewesen war von der Schnelligkeit Zbiks - in der zweiten Runde war er von einem linken Haken Zbiks ordentlich durchgeschüttelt worden. Von der sechsten Runde an brachte Sturm seine Führhand immer wieder wuchtig an den Kopf seines Gegners, der von diesen Treffern doch beeindruckt war. Zbik wehrte sich tapfer, schlug weiter Kombinationen, war am Ende einer Runde doch müde. "Ich habe gesehen, dass ich ihm mit meinen Schlägen nicht mehr zusetzen kann", sagte Zbik. Sturm indes war mit seiner Leistung zufrieden, das durfte er auch sein. Von der Entscheidung Zbiks wurde er jedoch ebenso überrascht wie viele Zuschauer: "Er war hervorragend eingestellt, er ist meinem linken Jab hervorragend ausgewichen und hat gute Kombinationen geschlagen. Hintenraus lief es einfach besser. Nun gibt es keine Diskussionen, es gibt es auch keine Schreie nach einem Rückkampf, bei allem, was vor diesem Abend so war."

Die beiden Boxer hatten sich vor dem Kampf ein recht intensives verbales Duell geliefert, weshalb die Veranstaltung mit dem Titel "Bad Blood" vermarktet worden war. "Wir können uns einfach nicht leiden", hatte Zbik gesagt. Nach dem Kampf indes gaben beide Athleten an, sich boxerisch zu respektieren. "Er war nicht umsonst Weltmeister, er ist schnell, er ist beweglich", sagte Sturm.

Nach dem Kampf zum Pokern

Sie mögen sich nicht, die beiden, weil sie kaum unterschiedlicher sein könnten: Felix Sturm genießt die Anerkennung als Boxer, zu seinen Freunden zählen andere Sportler wie der Fußballer Lukas Podolski. Er lässt sich gerne mit Prominenten ablichten, er fühlt sich wohl auf Partys, zu denen nur die Schönen und die Wichtigen eingeladen werden.

Zbik dagegen scheint diese Welt des Glamours zu missfallen. Im vergangenen Jahr zog er von Hamburg in sein Heimatdorf Altentreptow zurück, er reiste ein wenig um die Welt, dann begann er ein Studium an der Fachhochschule für Sport und Management in Potsdam. "Darauf werde ich mich jetzt wieder konzentrieren", sagte Zbik, "dank Felix bekomme ich jetzt kein BaFöG mehr."

Er ist ein hervorragender Boxer, dieser Sebastian Zbik, obwohl er eigentlich kein Boxer ist - er hat viel zu viel Interesse an anderen Dingen und auch die Fähigkeiten, in diesen anderen Dingen zu glänzen. In der Boxszene erzählt man sich eine Geschichte, die wohl am besten beschreibt, was für ein Kerl er ist: Im Juni vergangenen Jahres verlor Zbik den Weltmeistertitel Titel des Verbandes World Boxing Council (WBC) in einem spannenden und intensiven Kampf umstritten nach Punkten.

Boxer durch und durch

Noch in der Nacht soll er einen Teil seiner Kampfbörse genommen haben, weil er unbedingt einmal in den Vereinigten Staaten mit Profis pokern wollte. Er soll in ein Casino gegangen sein und prompt gewonnen haben. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Da boxt einer zwölf Runden lang um die Weltmeisterschaft, er verliert seinen ersten Kampf als Preisboxer - und setzt sich gleich danach mit Pokerprofis an einen Tisch und gewinnt auch noch.

Sturm dagegen ist Boxer. Durch und durch. Und an diesem Abend hat der Boxer den Studenten besiegt. Sturm wird seinen Titel nun gegen den gefährlichen Kasachen Gennady Golovkin verteidigen müssen, danach winken weitere lukrative Kämpfe. Doch darüber wollte Sturm noch nicht sprechen. Er ging erst einmal auf die Party, die zu seinen Ehren ausgerichtet wurde. "Danach fliege ich erst einmal mit meiner Familie in den Urlaub. Dorthin, wo es warm ist", sagte Sturm.

Zbik ging nicht auf diese VIP-Party, wo Prominente sämtlicher Buchstabenkategorien mit Champagner feierten. Er wollte nicht hin. Er ging zurück in sein Hotel, wo seine Freunde, Verwandten und Fans aus Altentreptow auf ihn warteten, um mit ihm ein Bier zu trinken.

Als Zbik in die Lobby kam, da klatschten die Leute. Er umarmte jeden einzelnen, dann sagte er: "Ist ja gar nichts los hier! Macht mal ein bisschen Musik!" Dann setzte er sich hin. Er musste nun kein Boxer mehr sein. Man sah ihm an: Hier fühlt er sich wohl.

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