Süddeutsche Zeitung

Felix Neureuther:Bei Olympia "hat leider eine große Entzauberung stattgefunden"

Felix Neureuther kritisiert die Entwicklung der Olympischen Spiele, den Umgang mit dem russischen Staatsdoping - und fordert mehr Mitspracherecht für die Athleten.

Von Johannes Knuth

Felix Neureuther ist Olympia nicht egal. Es ist ihm wichtig, das zu sagen, denn eigentlich findet er, dass Olympia nicht mehr das Olympia von früher ist, dass vieles falsch läuft, dass vieles kaputt gegangen ist. "Olympische Spiele sind nach wie vor das faszinierendste Sporterlebnis, das man sich vorstellen kann. Dafür lohnt es sich zu kämpfen und zu leben", sagt Neureuther im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Aber er erklärt auch sehr detailliert, was ihn stört. "Es hat leider eine große Entzauberung stattgefunden", sagt Neureuther mit Blick auf den olympischen Gedanken.

Der bekannteste deutsche Skifahrer wird die Spiele verpassen, die am 9. Februar in Pyeongchang starten. Vor zwei Monaten riss er sich das Kreuzband und hatte erst noch die ziemlich wahnwitzige Idee, auch ohne Kreuzband an den Start zu gehen. Die verwarf er dann, er schaut sich die Spiele von zu Hause aus an. Der 33-Jährige startete bei den Spielen 2006, 2010 und 2014 - und er kritisiert als Athlet die Entwicklung.

"Das Geld hätte anderswo viel sinnvoller eingesetzt werden können"

"Wenn im Vorfeld nur über Enteignung und Korruption berichtet wird, wenn aus dem Nichts gigantische Sportstätten und Hoteldörfer in die Höhe gezogen werden, für die mit dem Bulldozer die Natur plattgemacht wird - dann verschwinden die Werte von Olympia im Schutt. Das Geld hätte anderswo viel sinnvoller eingesetzt werden können", sagt er etwa über die Spiele in Sotschi. Die Spiele in Vancouver 2010 seien ein Beispiel dafür gewesen, wie es sein sollte, er nennt sie ein "Spiegelbild von Sportbegeisterung und Fairplay". Neureuther plädiert dafür, dass Olympia sich vom Gigantismus abwende, die vielen gescheitertern Volksabstimmungen würden doch zeigen, dass die Menschen diesen Kurs nicht mehr mitmachen würden. "Es darf nicht um gigantische Bauwerke gehen."

Damit sich Olympia ändert, müsse sich das Internationale Olympische Komitee (IOC) ändern. Da hat Neureuther allerdings wenig Hoffnung. "Die Struktur in den Spitzengremien des IOC ist nur so fest gefügt, dass radikale Veränderungen nie beschlossen werden", sagt er. Er fordert, dass die Sportler eine stärkere Stimme bekommen und sich besser organisieren müssen. "Die Athleten und deren Vertretungen hätten ja eigentlich die größte Macht. Uns fehlen aber noch die Strukturen", sagt Neureuther.

Im Anti-Doping-Kampf haben die Verbände seiner Meinung nach versagt. Russische Athleten dürfen trotz nachgewiesenem Staatsdoping in Pyeongchang starten. "Wenn wirklich ein staatlich organisiertes System dahintersteckte, dem sich alle untergeordnet haben, dann muss ich gnadenlos vorgehen." So könne er verstehen, wenn Eltern ihren Kindern vom Sport abraten.

Lesen Sie im kompletten Interview, warum Neureuther weniger Disziplinen bei Olympia fordert; warum Sportler trotz allem noch bessere Vorbilder sind als Youtube-Stars; und wie es für ihn nach seinem Kreuzbandriss weitergeht.

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