Schalke-Trainer Felix Magath:"Ich würde so einen Umbruch wieder machen"

Trainer Felix Magath über Schalkes Kurswechsel, die Wirkung des 0:5-Niederlage in Kaiserslautern und die Wechselgerüchte um Nationaltorhüter Manuel Neuer.

Philipp Selldorf

SZ: Herr Magath, nach dem 1:0-Sieg am Dienstag im DFB-Pokal in Augsburg haben Sie den Weihnachtsurlaub für Ihre Mannschaft um sechs Tage verlängert. Werden Sie alt und milde?

FC Schalke 04 - 1. FC Koeln

"Ich suche eher den unbequemen Weg": Felix Magath macht es sich nicht leicht auf Schalke.

(Foto: dapd)

Magath: Nein. Die Spieler entscheiden durch ihr Verhalten, wie man mit ihnen umgeht. Das wissen sie aber längst, ich sage das allen, die zu uns kommen: Überlegt Euch, bevor ihr hier herkommt. Ich will Titel gewinnen, und dafür müssen alle arbeiten. Wenn ich die Spieler jeden Tag in Watte packe, und sie bringen Leistung, dann gibt es keinen Grund, sie nicht weiterhin in Watte zu packen. Wenn das nicht funktioniert, muss man andere Wege gehen. Zuletzt war die Leistung da, und so ist der Urlaub berechtigt.

SZ: Gab es Jubelschreie und Dankbekundungen in der Kabine?

Magath: Es haben sich alle gefreut, dass sie mich erst am 2.Januar wiedersehen. Aber die Spieler durften damit schon rechnen, es war ihnen klar, dass sie sich Urlaub verdienen konnten.

SZ: Der Torschütze Jefferson Farfan wurde also nicht von seinen Kollegen aus der Kabine getragen?

Magath: Er hat eine tolle Vorrunde gespielt, aber dieses Tor ist kein Grund, ihm besonderen Dank zu sagen. Die Offensivabteilung soll Tore machen, das ist ihre Aufgabe. Mir ist es egal, wer trifft. Es ist ohnehin nicht mein Ding, immer dem Torschützen zu gratulieren. Oft ist es der Vorbereiter, der die entscheidende Arbeit geleistet hat, und an dem Tor in Augsburg hatte ja Raúl einen gehörigen Anteil.

SZ: Farfan hat sich während der Hinrunde durch konstant gute Leistungen empfohlen. Wann sprechen Sie mit ihm über den neuen Vertrag? Wie bei Manuel Neuer endet sein Vertragsverhältnis 2012, da müssen Sie ja vorsorgen.

Magath: Da haben wir noch nichts abgemacht. Es ist bei ihm ja auch etwas komplizierter als bei Manuel Neuer. Sein Berater ist nicht vor Ort, er muss aus Peru kommen. Ich habe den Eindruck, dass sich Jefferson wohlfühlt bei uns, aber er ist ein zurückhaltender Mensch, er redet nicht besonders viel. Er kennt die Situation und weiß, dass er gut war, in dieser Beziehung ist er sehr professionell. Auch bei ihm wird es wohl darauf hinauslaufen, dass er eine Wertschätzung erhalten will. Da könnten anstrengende Verhandlungen anstehen.

SZ: Was ist mit Ihrem Team passiert seit dem 0:5 in Kaiserslautern? Es gab fünf Siege hintereinander, die beste Serie des Halbjahres.

Magath: Kaiserslautern war natürlich schlimm, aber so eine 0:5-Klatsche kann auch helfen. Ein 1:2 wäre vielleicht wieder verharmlost worden. Ich war sauer, aber die Spieler waren auch selbst angefressen. Sie haben sich dann untereinander zusammengesetzt. Und das ist aus meiner Sicht das Wichtigste: dass die Spieler selbst darüber reden, dass sie sich mit ihrer Lage auseinandersetzen. Sie verinnerlichen das einfach besser und wirkungsvoller, als wenn immer nur ich ihnen erzähle, was sie tun müssen. Ich hoffe, dass sie diese Haltung über die Weihnachtspause retten.

SZ: In Schalke herrschte während der Hinrunde öfter miese Stimmung - gelinde ausgedrückt. Haben Sie selbst mal an Ihrer Mission gezweifelt?

Magath: An meiner Mission gezweifelt habe ich nie. Aber man weiß natürlich nicht, wie es läuft. Das Spiel gegen den FCBayern hätten wir ja nicht unbedingt gewinnen müssen, und eine Niederlage hätte dann vielleicht Folgen fürs nächste Spiel gehabt. Ich weiß nicht, ob ich darüber nachdenken möchte, was passiert wäre, wenn Schweinsteiger bei seiner großen Chance das 0:1 geschossen hätte. Lieber nicht. Aber wenn man mich fragt, ob ich so einen Umbruch in der Mannschaft wieder machen würde, dann sage ich: Ja, auf jeden Fall. Anders wäre es vielleicht einfacher, aber ich suche eher den unbequemen Weg.

"Wir haben noch Spieler in der Hinterhand"

SZ: Sie haben fünf neue Spieler in Ihre Stammelf integriert, Uchida, Metzelder, Jurado, Raúl und Huntelaar. Ist diese Quote befriedigend?

Magath und Neuer

Trennen sich die Wege von Manuel Neuer (li.) und Felix Magath?

(Foto: dpa)

Magath: Man braucht als Spieler die Chance und die Zeit, sich zu entwickeln, Siehe Uchida, dem das auf die Dauer gelungen ist. Ich setze keine Quote fest, aber ich denke, dass es noch mehr werden können als die fünf, die Sie erwähnt haben. Wir haben noch welche in der Hinterhand, es müssen keine neuen Spieler mehr kommen.

SZ: Wann haben sich die Bayern das erste Mal wegen Manuel Neuer gemeldet?

Magath: Christian Nerlinger hatte sich vor einem Jahr mal gemeldet. Ich habe ihm dann gesagt, dass wir Manuel nicht abgeben werden. Damit war das Thema aus meiner Sicht erledigt. Seitdem hat sich kein Bayern-Vertreter mehr an mich gewandt.

SZ: Wieso wird dann überall verbreitet, dass sich die Bayern mit Neuer tendenziell einig seien? Laut Transferstatut darf ein Spieler erst ein halbes Jahr vor Vertragsschluss von einem anderen Verein angesprochen werden - oder er muss die Einwilligung des aktuellen Vereins einholen.

Magath: Das stimmt, so wäre es korrekt. Verwunderlich, dass sich das Gerücht, Manuel würde zu den Bayern wechseln, so hartnäckig hält.

SZ: Es bleibt dabei, Sie lassen nicht mit sich reden über einen Wechsel Neuers vor Vertragsende 2012?

Magath: Klar. Dabei bleibe ich.

SZ: Und wenn Franz Beckenbauer sich meldet?

Magath: Wenn Franz sich meldet, tja, dann weiß ich nicht. Aber ich glaube nicht, dass er es tut.

SZ: Welchen Eindruck haben Sie von Manuel Neuer, was will er machen?

Magath: Ihm ist, glaube ich, bewusst, dass eine Entscheidung für Schalke etwas Besonderes sein könnte in diesem Fußballgeschäft. Diese Möglichkeit, einen solchen Status und Stellenwert im eigenen Verein zu erhalten, haben nur wenige.

SZ: Oliver Kahn vertritt die Auffassung, dass Neuer nur in einem Verein wie Bayern München zum Weltstar aufsteigen kann.

Magath: Ich kann verstehen, wenn das einer sagt, der so lange bei den Bayern gespielt hat. Trotzdem macht das die Aussage nicht richtiger. Manuel kann sich bei uns besser und nachhaltiger entwickeln, weil er lernen kann, mehr Verantwortung zu übernehmen, und damit meine ich nicht Verantwortung für seine Leistung und die Mannschaft, sondern für den ganzen Verein. In München kann er das nicht. In München wäre er nur ein Angestellter.

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