Felix Magath:Aura des Rätselhaften

VfB Stuttgart v FC Schalke 04 - Bundesliga

Kommt er, kommt er nicht? Felix Magath und die Löwen - das könnte sogar passen.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Wenn Felix Magath wirklich beim TSV 1860 einsteigen sollte, wäre das die Fusion zweier verwandter Sphären. Hier der undurchschaubare Machtmensch - da ein Verein, der wie ein grotesker Geheimbund wirkt.

Kommentar von Philipp Selldorf

Über Felix Magath kursieren tausend Legenden, manche sollen sogar der Wahrheit entsprechen, viele aber beruhen darauf, dass sich Fantasie und Wirklichkeit in undurchschaubarem Verhältnis mischen. Manche Episoden aus seinem mysteriösen Leben scheinen sich selbst zu reproduzieren, sie begleiten den fahrenden Händler auf seinen Wegen. Die beunruhigende Geschichte, dass Magath Spieler ins Büro bestellt, um dann minutenlang kein Wort zu reden, passt sich seit Jahren den wechselnden Umgebungen des Trainers an. In München soll es Lukas Podolski gewesen sein, dem Magath während der fünfminütigen Audienz nicht mehr mitzuteilen hatte als ein geseufztes "Poldi, Poldi. . ."

Ähnliches wird allerdings auch aus Wolfsburg erzählt, mit dem Unterschied, dass der betroffene Spieler dankbar dafür war, dass im Hintergrund der Fernseher lief, während im Vordergrund der Trainer grausam schwieg. Als Magath dann später beim FC Fulham in England arbeitete, tauchten wieder neue Gerüchte auf. Jetzt hieß es, der Deutsche rufe die Spieler zu sich, um sie stumm anzustarren - weil er sehen wollte, wie lange sie das aushalten, ohne zu blinzeln. Magath schaltete wegen dieser Nachrede einen Anwalt ein, der öffentlich klarstellte: "Mein Mandant starrt keine Spieler an."

Nun heißt es seit kurzem, dass Magath vor der Machtübernahme beim TSV 1860 München stehe. Angeblich ist er der Exekutiv-Beauftragte eines heimlichen, womöglich auch unheimlichen Konsortiums, das für viel Geld die an den arabischen Golf ausgelagerten Anteile des Klubs erwerben und mitten in Bayern ein neues Magath-Regime errichten möchte. Klingt wie eine dieser irren Ideen, die an irgendeinem Tresen entworfen wurde. Andererseits lässt sich sagen, dass die Fusion des Felix Magath mit dem TSV 1860 eine sinnvolle wäre, weil sie zwei verwandte Sphären vermählen würde. Beide Parteien sind von der Aura des überaus Rätselhaften umgeben, sie sind die großen Sphinxen des Fußballs.

Bei Magath weiß man oft nicht, ob er weiß, was er tut, wenn er zum Beispiel seine Spieler so sehr schindet, dass sie am Wegesrand liegen bleiben (und er daraufhin den Mitspielern zuruft: "liegen lassen, weiterlaufen"); oder wenn er Spieler aus fremden Ligen verpflichtet, die er niemals zuvor hat Fußball spielen sehen. Beim TSV 1860, einer Mischung aus Folkloresportverein und Geheimbund, weiß man sowieso gar nichts, nicht mal, ob der jordanische Anteilseigner Ismaik tatsächlich existiert beziehungsweise ob er nicht in Wahrheit ein ganz anderer ist. Ins diffuse Bild passt nun bestens, dass am Freitagabend das Präsidium der Löwen zurück trat, weil dieser ominöse Ismaik seine Klub-Anteile nicht veräußern und Magath wohl verhindern will - und alle Welt fragt sich: Was hat denn das wieder zu bedeuten?

Ist es nur ein neuer Schachzug? Magath jedenfalls wurde vom Feuilleton schon des Öfteren zum überholten Zeitphänomen gestempelt. Ein voreiliges Urteil. Magath bleibt der faszinierende Mann, der das Unerwartete tut, was dann manchmal sogar das Richtige ist. Man denke bloß an die Eisbecher-Affäre in Stuttgart: Damals warf der rumänische Stürmer Viorel Ganea beim Fernsehabend der Mannschaft aus Wut einen Eisbecher - mit extra Sahne! - in Richtung Magath. Woraufhin alle dachten, dass Ganea nun nach Sibirien verbracht werde. Doch der Trainer sagte ganz ruhig: "Du gehst jetzt besser auf dein Zimmer." Und am nächsten Wochenende spielte Ganea wieder mit und schoss drei Tore.

Dem sagenhaften Herrn Magath wäre es zuzutrauen, die Probleme der Löwen zu lösen. Wenngleich im Klub mancher glauben mag, dass der Sagenhafte auch ein Problem werden könnte, wie es selbst der TSV von 1860 noch nicht hatte.

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