Abschied von Felix BrychEin letztes Mal

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Blumenstrauß zum Abschied: Felix Brych hört auf.
Blumenstrauß zum Abschied: Felix Brych hört auf. (Foto: Daniel Löb/dpa)

Der Schiedsrichter wünscht sich für seinen Abschied ein Spiel ohne Spannung – dieser Wunsch geht in Erfüllung. Für seine Zukunft hat er schon ein paar Ideen.

Von Felix Roche, Augsburg

Tränen hat es zum Abschluss nicht gegeben. Beim letzten Spiel von Schiedsrichter Felix Brych war der Unparteiische der Hauptakteur in einer sportlich unbedeutenden Partie, denn Union Berlin und der FC Augsburg hatten mit den Entscheidungen in der Liga nichts mehr zu tun. Genau so hatte sich das der ehemalige Weltschiedsrichter gewünscht. Nach seiner langen Schiedsrichterkarriere mit 359 Einsätzen in der Bundesliga und 69 in der Champions League – beides Rekord – wollte er es im letzten Spiel ruhiger angehen.

Und trotzdem gab es vor dem Spiel einen Moment, den sich Felix Brych, der so ungern im Mittelpunkt steht, offenkundig verdient hat. Der DFB-Schiedsrichterchef Knut Kircher überreichte ihm eine Collage, zusammengebaut aus mehreren seiner zahlreichen Einsätze im Schiedsrichter-Trikot. Dazu gab es auch ein Trikot der Berliner, beflockt mit der Nummer 359, und einen großen Blumenstrauß. Da sich mit so vielen Requisiten in der Hand aber kein Spiel leiten lässt, rannte Brych direkt zu seiner eigenen kleinen Fantribüne. Zum letzten Spiel seiner Karriere hatte der Weltschiedsrichter von 2017 und 2021 Familie und Freunde eingeladen, die mehrere Banner mitgebracht hatten. Unter anderem war dort „unparteiisch, unvergesslich – unser Felix“ zu lesen.

Das Schiedsrichterteam fand vor dem Spiel – ausgerechnet – noch ein Loch im Netz, was noch mal an das berühmte Phantomtor des Leverkuseners Stefan Kießling erinnerte, der im Jahr 2013, unbemerkt von Felix Brych, den Ball durchs Außennetz ins Tor köpfte. Das Loch in Augsburg wurde schnell geflickt, ein torreiches Fußballfest wurde daraus aber nicht. In der letzten Minute der Nachspielzeit wurden die Augsburger gnadenlos ausgekontert. Es war der Berliner Mittelstürmer Andrej Ilic, der den Ball zum Sieg für Union über die Linie drückte.

Dann hatte Brych genug gesehen und setzte seinen letzten Schlusspfiff. Er winkte noch mal kurz ins Publikum, dann war es vorbei. Seine Assistenten konnten nicht schnell genug beim 49-Jährigen sein, sie beglückwünschten ihn mit Umarmungen, auch seine Freunde und Familie hielt es nicht auf den Plätzen. Auch die Mannschaften standen nun Spalier – so viele Aktionen für einen Mann, dessen Jobbeschreibung eigentlich besagt, dass er eben nicht im Mittelpunkt steht.

Ideen für seine Zukunft hat Brych bereits

Fehlen wird dem Schiedsrichter vor allem das „auf dem Rasen stehen“, sagte er später, „das kann man sich nicht kaufen“. Dennoch gab er sich auch „erleichtert, weil die körperliche Vorbereitung für ein Spiel immer schwieriger wird, je älter man wird“. Trotzdem sei er körperlich noch fit und brauche „keinen Kran“ zum Aufstehen. Was er auch seiner eigenen Disziplin zu verdanken hat – nach einem im November 2023 mitten im Spiel erlittenen Kreuzbandriss kämpfte er sich zurück und konnte sein Karriereende nun auf dem Platz erleben. Vom Krankenbett aus Adieu zu sagen, hätte dem Naturell eines Spitzenschiedsrichters widersprochen. Brych hat es geschafft, auch sein letztes Spiel „ordentlich zu Ende bringen“, erst nach dem Spiel kamen die „Emotionen und die Gefühle“.

Jetzt hat er erst mal Zeit, diese zu verarbeiten. Ideen für seine Zukunft hat er offenbar schon, auch Gespräche habe es bereits gegeben. Er möchte unbedingt sein „Wissen weitergeben“. Davon hat er auf jeden Fall genug gesammelt, und Platz für neue Schiedsrichter hat er jetzt auch geschaffen.

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