Nun hat die englische Premier League mindestens halb Europa aufgekauft. Allein die beiden Klubs aus Manchester haben in diesem Sommer sagenhafte 243 Millionen Euro für neue Fußballspieler ausgegeben. Nach einigen bitteren Jahren kommt nun der Insel-Großangriff in der Champions League, der Kontinent wird sich umschauen, ganz sicher, es kann gar nicht anders sein.
Nun ist der erste halbe Spieltag gespielt, die Bilanz: Manchester City verliert zu Hause gegen Juventus Turin 1:2. Manchester United verliert beim PSV Eindhoven 1:2. Ärger zu Hause? Häme aus dem Ausland? Möchte man meinen und wäre den beiden Bonzenklubs auch sicher. Doch an diesem Mittwoch bestimmt ein anderes Bild den verpatzten Auftakt der englischen Mission zurück an Europas Spitze: die fürchterliche Verletzung von Luke Shaw.
Der Linksverteidiger von Manchester United, mit 20 Jahren eines der größten Talente Englands, war mit dem Ball am Fuß energisch in den Strafraum eingedrungen. Als Héctor Moreno angerauscht kam. Irgendwie spielte der Verteidiger des PSV den Ball, aber der Einsatz kann auch als rücksichtslos und viel zu hart gewertet werden. Shaw erlitt einen doppelten Bruch des Schienbeins.
Fast zehn Minuten wurde der Engländer auf dem Platz notversorgt, die Sanitäter versuchten den Spieler mit einer Sauerstoffmaske zu beruhigen. "Es war schrecklich. Er weinte in der Umkleidekabine", berichtete sein Trainer Louis van Gaal. Mitspieler und auch der Verursacher Moreno wirkten schockiert. "Ich glaube, es war kein Foul, ich glaube, ich spielte den Ball. Aber wenn so was passiert, ist es mir egal, ob es ein Foul war. Es tut mir leid für ihn und seine Familie", sagte der Mexikaner später. Als Shaw vom Feld getragen wurde, verabschiedete ihn das niederländische Publikum mit stehenden Ovationen. Der 20-Jährige wird mit Sicherheit ein halbes Jahr ausfallen, wenn nicht länger.
Schiedsrichter Nicola Rizzoli ahndete übrigens kein Foul, was Van Gaal empörte: "Für mich war das ein Elfmeter und eine rote Karte."
Als das Spiel fortgesetzt wurde, mussten sich beide Mannschaften erst vom Schicksal ihres Kollegen erholen. Es dauerte eine Weile, bis wieder Zug in die Aktionen kam. Doch der Abend wollte nicht glücklicher werden für United. Selbst ein wunderbares Tor von Memphis Depay, der im vergangenen Jahr Eindhoven noch zur Meisterschaft geschossen hatte, half nicht. Ausgerechnet Moreno in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit und Luciano Narsingh nach 57 Minuten drehten das Ergebnis mit zwei Kopfbällen.
Mandžukić trifft für Juventus
"Es tut mir leid": PSV-Verteidiger Moreno bedauert noch auf dem Spielfeld sein Einsteigen gegen den abtransportierten Luke Shaw.
(Foto: dpa)Bastian Schweinsteiger spielte durch, versuchte im Mittelfeld, das Spiel zu ordnen. Hatte jedoch nach vorne bis auf eine schöne Vorlage für Juan Mata keine entscheidende Idee. In zwei Wochen stehen die Engländer nun zu Hause gegen Wolfsburg schon unter Druck.
Genauso wie Nachbar Manchester City dann in Mönchengladbach unter Druck steht. Auch der hochgerüstete Scheichklub startete mit einer Pleite. Man möchte fast sagen: wie gewohnt. Nur drei der vergangenen zwölf Heimspiele in der Champions League konnte City gewinnen. Dabei wurde doch so viel Geld ausgegeben wie nie zuvor. Allerdings saßen der 45-Millionen-Mann Nicolás Otamendi und der 74-Millionen-Mann Kevin De Bryune gegen Juventus Turin erst mal auf der Bank. Was sollte schon passieren gegen ein ausgelaugtes Juventus, das im Sommer mit Pirlo, Vidal, Tevez und Coman angeblich Hirn, Herz und Zukunft verkauft und aus den ersten drei Spielen in der Serie A nur einen mickrigen Punkt ergattert hatte.
Doch am Ende blieb nur Ernüchterung beim Tabellenführer der Premier League. Der für 63 Millionen Euro gekommene Raheem Sterling scheiterte zwei Mal am grandiosen Torwart-Altmeister Gigi Buffon. Das einzige Tor der Gastgeber resultierte aus einem klaren Foul von Vincent Kompany an Giorgio Chiellini, als er sich beim Italiener so wuchtig aufstützte, dass dem ein Eckball auf den Kopf fiel und von dort ins Netz. Am Ende spielte Turin klüger und strukturierter und die Stürmer Mario Mandžukić und Álvaro Morata zeigten, wie man aus Chancen Tore macht.
An diesem Mittwoch nun sollen die Londoner Klubs den totalen Fehlstart der reichsten Liga der Welt verhindern. Der FC Arsenal spielt bei Dinamo Zagreb, der FC Chelsea zu Hause gegen Maccabi Tel Aviv.