Djokovic besiegt Federer in Wimbledon:Völlig erschöpft nach dem großen Triumph

Wimbledon

Und der Sieger hieß: Novak Djokovic.

(Foto: REUTERS)
  • Novak Djokovic gewinnt ein episches Wimbledonfinale gegen Roger Federer.
  • Noch nie dauerte ein Endspiel in London so lange - es geht bis ins vierundzwanzigste Spiel des fünften Satzes und in den Tiebreak.

Von Barbara Klimke, London

Zwölf Mal hat Roger Federer am letzten Turniertag auf dem Rasen des Centre Courts gestanden. Acht Mal, so oft wie niemand sonst seit 1877, gewann er den großen Goldpokal. Wimbledon war ein grüner Garten der Erinnerung für ihn. Aber als er am Sonntagabend nach 4:57 Stunden Spielzeit mit der kleinen Silberschale in der rechten Hand, die linke in die Seite gestützt, sein Match bewerten sollte, das die Zuschauer in seiner Intensität und Dramatik begeistert hatte, da sagte er mit einem kleinen, wehmütigen Lächeln: "Ich will versuchen, es zu vergessen."

Er hätte dieses Finale gewinnen können gegen Novak Djokovic, seinen Dauerrivalen aus Serbien, gegen den er am Sonntag das 48. Duell der Karriere bestritt. Zwei Matchbälle hatte er sich im fünften Satz erspielt, als das Publikum bereits von den Sitzen aufgesprungen war und seine Ehefrau vor Aufregung in der Box die Hände vors Gesicht schlug und nur durch die Finger zu blinzeln wagte. Und doch musste Federer erleben, wie ihm der Sieg noch vom Schläger glitt.

Mit 7:6 (5), 1:6, 7:6 (4), 4:6 und 13:12 (3) gewann Djokovic eine Partie, die gleich aus zwei Gründe außergewöhnlich war: Weil sich hier die beiden Kontrahenten, Nummer eins und Nummer drei der Weltrangliste, länger im Finale duellierten als anderen Spieler der Geschichte zuvor. Und weil sie sich gegenseitig mit unerbittlicher Energie, erbarmungsloser Präzision und brachialen Kunstschlägen in den Tiebreak des fünften Satzes trieben, der erst in diesem Jahr eingeführt worden war, um unberechenbare Marathon-Matches zu beenden.

Titelverteidiger Djokovic konnte letztlich seinen fünften Wimbledon-Titel verbuchen, der ihn nun auf eine Stufe mit Björn Borg hebt. Aber auch er war am Ende zu erschöpft für große Triumphgesten. Eine kurze, kühle Umarmung am Netz, dann trommelte er sich auf die Brust, ging auf die Knie, um ein paar Halme Gras zu rupfen.

Und gab anschließend zu, dass dies "das spektakulärste Endspiel war", das er je bestritten habe: "Leider musste einer von uns verlieren." Doch um Djokovic ans Limit zu treiben, brauchte es einen Giganten wie Federer, der an diesem Tag nicht nur gegen einen Kontrahenten, nämlich den Weltranglistenersten, antrat. Sondern gegen einen zweiten, mächtigeren und weit gnadenloseren Gegner: die Zeit. Federer wird in vier Wochen 38 Jahre alt; hätte er gewonnen, wäre er zum ältesten Sieger ausgerufen worden, seit sich Männer bei Grand-Slam-Turnieren mit Bällen duellieren.

Und so hat Federer, auch wenn er gegen den Serben unterlag, doch vor den Augen der Welt bewiesen, dass er das Alter noch zu bezwingen vermag. Schon im ersten Satz war ersichtlich, dass er dem fünf Jahre jüngeren Djokovic locker Paroli bieten konnte: Der Durchgang dauerte fast eine Stunde, war ausgeglichen bis zum 6:6 - mit leichten optischen Vorteilen für Federer, der zur Freude des Publikums die schöneren, gewagteren Bälle zwischen die Linien zirkelte. Im Tiebreak verzog er dann eine leichte Rückhand und gab einen möglichen Vorsprung aus der Hand.

Doch das war nur die Overtüre: Im zweiten Durchgang stellte Federer beim 6:1 unter Beweis, warum er 20 Grand-Slam-Titel in seiner Karriere eroberte hat. Djokovic hielt im dritten wieder dagegen, den er sich erneut im Tiebreak sicherte, ohne dem Gegner das Aufschlagsspiel abzunehmen. Es folgte Durchgang vier, in dem es er Schweizer schaffte, den Entscheidungssatz zu erzwingen. Und dann folgte das Finale furioso, ein 122-minütiger Schlagabtabtausch, Punkt für Punkt, Ball für Ball, unter Einbeziehung jedes Quadratzentimeters des Platzes, zum 5:5, 6:6.

Federer war verdammt nah dran

Beim 8:7 hatte sich Federer zwei Matchbälle erkämpft. Er schlug den zweiten in die Maschen. Es folgte der Tiebreak, den mit einem vom Rahmen springenden Ball verlor. "Ich weiß, wie nah ich dran war", sagte er später, als er noch nicht wusste, ob er traurig oder erzürnt sein sollte, "eine solche Gelegenheit vergeben zu haben."

Denn er hatte, um mit den jüngeren Rivalen mitzuhalten, sein Spiel noch einmal sichtbar verbessert, etwa an der Rückhand gearbeitet, und vor allem seinen Turnierplan den veränderten körperlichen Erfordernissen angepasst. Anders als in den Jahren zuvor entschloss er sich, die Schläger auch in der Sandplatzsaison auszupacken: In Paris, der Sandburg von Rafael Nadal, verlor er erst im Halbfinale in einem vom Wind verblasenen Match gegen den Seriensieger, den kein Sturm auf roter Asche entwurzelt.

Als das Rasenspiel begann, fühlte er sich ohnehin in seinem Element: Federer gewann das Vorbereitungsturnier in Halle und gab sich auch in den ersten sechs Wimbledon-Matches keine Blöße. Er wertete dies Zeichen des Himmels und wagte, ungewöhnlich für ihn, sogar eine forsche Prognose: "Ich habe eine grundsolide Saison gespielt. Die Sterne der Vorsehung stehen gut."

Doch er wusste, dass in einem Duell gegen Djokovic letztlich die Details entscheiden. Ihre Karrieren sind seit dem ersten Zusammentreffen im April 2006 in Monte Carlo weitgehend parallel verlaufen: Die Mehrheit der Matches hat der fünf Jahre jüngere Serbe gewonnen, einschließlich der letzten vier Vergleiche seit dem ATP-Finale 2015. Und so erinnerte Roger Federer noch einmal daran, dass Tennis ein Sport ist, der kein Unentschieden kennt. "Das kann unglaublich brutal sein", sagte er. Es gab niemanden am Sonntag, der die Einschätzung nicht teilte.

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