Federer vs. Nadal im Tennis:Der schwerste Tango in Paris

French Open - Roger Federer und Rafael Nadal nach dem Finale 2007

Schon in Paris 2007 nah beieinander: Roger Federer (li.) und Rafa Nadal.

(Foto: AFP)
  • Nadal gegen Federer, dieses Halbfinale bei den French Open ist im Grunde der Höhepunkt des Turniers.
  • Die beiden Größen verbindet eine besondere Beziehung, doch auf Sand stellt sich die Frage: Hat Federer eine Chance?
  • Hier geht es zu allen Ergebnissen der French Open.

Von Gerald Kleffmann, Paris

Mirka, Myla, Charlene, Leo und Lenny sind diesmal nicht an seiner Seite, das hat prompt zu einer Gedächtnislücke bei Roger Federer geführt. "Ich kann mich nicht erinnern, wann sie nicht dabei gewesen sind", gab der Ehemann von Mirka sowie Vater von zwei Zwillingspaaren zu: "Vermutlich ist das eine Premiere." In den vergangenen zehn Tagen ist Federer trotzdem gut zurechtgekommen, wobei sich die Frage stellen könnte, wer eine Siegesfeier organisiert. Mirka hat das so manches Mal mit ihrem Organisationstalent übernommen und für unvergessliche Abende in Städten wie Melbourne oder London gesorgt. Andererseits: Federer spielt ja in Paris, auf Sand. Nicht gerade sein Paradebelag.

Die vergangenen beiden Jahre hatte er auch aus diesem Grund auf die French Open verzichtet, 2016 fehlte er verletzt. Erschwerend für die Aussichten war zudem, dass er - sollte er entgegen niedrigeren Eigenerwartungen weit kommen in Roland Garros - irgendwann auf Rafael Nadal treffen würde. So sicher, wie der Eiffelturm an der Seine die Stellung hält. Bei solchen Perspektiven konnte sich die Familie, die sonst mit um die Welt reist, die Fahrt nach Frankreich wirklich mal schenken.

Tja. Jetzt haben die Federers den Salat. Mirka ist mit der Rasselbande in der schönen Schweiz - und er muss auf der terre battue allein mit diesem Nadal klarkommen. Die Aussichten sind so, als würde man mit einem Tiger Tango tanzen wollen - geht auch selten gut aus.

An diesem Freitag, wenn es das angekündigte schlechte Wetter zulässt, spielt Federer tatsächlich gegen den Spanier, den er 15 Mal in 38 Duellen bezwungen hat - aber in Roland Garros in fünf Partien noch nie. Seinen einzigen French-Open-Titel errang Federer 2009 auch deshalb, weil der Schwede Robin Söderling im Achtelfinale Nadal aus dem Weg geräumt hatte. Andererseits wusste Federer von vornherein: "Hätte ich ihm aus dem Weg gehen wollen, hätte ich gar nicht erst auf Sand spielen müssen." Er ging das Wagnis ein, nach drei Jahren nach Paris zurückzukehren, hörbar ist seine Erleichterung, im Halbfinale zu sein: "Das ist ein großartiges Gefühl." Sein Soll hat er erfüllt. Nur ist die Frage nun: Hat er auch eine Chance gegen Nadal?

Die klarste Antwort gab er selbst. "Es gibt immer eine Chance", sagte Federer, nachdem er im Viertelfinale Stan Wawrinka in vier Sätzen besiegt hatte, es war sein erster Satzverlust gewesen: "Natürlich wird es schwierig, aber man weiß nie. Vielleicht hat er ein Problem. Vielleicht ist er krank. Oder du spielst großartig, er nicht. Vielleicht windet es unglaublich stark, regnet und gibt zehn Unterbrechungen." Das Wichtigste sei: "Du musst bereit sein."

Duell mit ungleichsten Voraussetzungen

In Wimbledon wäre Federer leicht favorisiert, auf Hartplätzen hatte er zuletzt oft gewonnen. In Paris? Auf jenem Sand, auf dem Nadal elfmal triumphierte und nur zweimal verlor, gegen Söderling und 2015 gegen Djokovic? An diesem Ort ist es das Duell mit den ungleichsten Voraussetzungen zwischen den beiden, deren Auseinandersetzungen ähnlich wie einst Björn Borg gegen John McEnroe zu den großen Rivalitäten des Tennis zählen. Nur dass sich der 37-Jährige aus Basel und der seit Montag 33-Jährige aus Manacor viel näher stehen als damals der schwedische Stoiker und der US-Rebell. Federer war bei Nadals Akademie-Einweihung auf Mallorca, Nadal unterstützt Federers Laver Cup, bei jüngsten Machtkämpfen um Besetzungen von Gremien der ATP Tour haben sie eine Art Allianz gebildet gegen Novak Djokovic.

Was es so schwer macht gegen Nadal? "Einfach die Art, wie der Ball von der Saite deines Schlägers weggeht bei den verschiedenen Spins", sagte Federer. Damit meinte er nicht nur die extremen Ballrotationen, die Nadal erzeugt aufgrund seiner Griffhaltung. "Gegen einen Linkshänder fühlt es sich nie natürlich an", sagte Federer. Er hat in Paris bisher gegen fünf Rechtshänder gespielt. Alles ändere sich nun, auch der Ballsprung. "Gegen Rafa muss man furchtlos spielen, die Bälle früh nehmen. Das werde ich versuchen. Gegen einen Linkshänder ist es ein ganz anderes Spiel. Früher hasste ich es, jetzt liebe ich es. Denn es ist eine große Herausforderung. Und er ist der Beste, auf den ich je getroffen bin."

Nadal, der nur gegen den Belgier David Goffin einen Satz abgab, würdigte natürlich auch das Treffen mit dem Weggefährten. "Dass es gegen Roger geht, ist etwas Besonderes", sagte er: "Wir haben die wichtigsten Momente unserer Karriere gemeinsam auf dem Platz verbracht." Unvergessen etwa das Finale 2008 in Wimbledon, als Nadal in der Dämmerung 9:7 im fünften Satz gesiegt hatte. Oder Federers Fünfsatzerfolg Anfang 2017 bei den Australian Open, als er nach langer Verletzungspause zurückgekehrt war. Letztmals trafen sie im Oktober 2017 im Finale in Shanghai aufeinander, Federer gewann. "Ich erwarte, dass er aggressiv spielt, die Rhythmen wechselt und ans Netz geht", sagte Nadal. Er nehme sich daher vor, die Bälle hart so zu platzieren, dass Federer "weniger Gelegenheiten hat" für sein Spiel.

So sehen die beiden ihre Rollen. Im Internet lief zu den Chancen am Donnerstag auch eine kleine Abstimmung. Die Frage war, was eher eintrete: dass Federer gewinnt - oder Mirka nach Paris kommt. Der vorläufige Trend war schnell deutlich: Rund 70 Prozent stimmten für Mirka.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir fälschlicherweise Nadals Paris-Niederlage gegen Djokovic auf 2016 datiert. Dies war jedoch im Viertelfinale 2015. 2016 zog er sich verletzt aus dem Turnier zurück.

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