Süddeutsche Zeitung

Tennis:Federer und Nadal schmieden eine Allianz gegen Djokovic

  • Selten gab es ein Jahr, in dem Kämpfe um Macht und Verteilungen von Ämtern und Preisgeldern Gräben aufrissen wie in diesem.
  • Nun rücken Federer und Nadal in den Spielerrat ein - und dürften den Einfluss von Präsident Djokovic beschneiden.

Von Gerald Kleffmann

Wenn man bekannt ist im Tennis, steht man oft im Fokus. Am Donnerstag wurde Roger Federer 38 Jahre alt - die halbe Welt gratulierte dem Schweizer im Internet. Weggefährte Rafael Nadal sorgte derweil für eine sportliche Nachricht. In Montreal gelang dem Spanier sein 379. Match-Erfolg bei einem der neun Turniere der Masters-Serie. Mit dem 6:3, 6:4 gegen den Argentinier Guido Pella im Achtelfinale überholte Nadal, 33, nun Federer hinsichtlich der meisten Erfolge bei den 1000ern Turnieren (der Sieger holt 1000 Ranglistenpunkte). Novak Djokovic, wie Federer kommende Woche in Cincinnati im Einsatz, pausiert noch - und wurde doch zum Thema.

Denn dass Federer und Nadal in den Spielerrat einrücken, wie die ATP Tour bekannt gab, um mit dem Österreicher Jürgen Melzer drei von vier vakanten Plätzen zu besetzen, betrifft auch den Serben. Der 32-jährige Djokovic ist dort der Präsident - und Federer wie Nadal dürften seinen Einfluss beschneiden. Noch nie wurde die Rivalität, die die drei Schwergewichte der Branche nicht nur auf den Courts austragen, offensichtlicher als mit diesem Manöver von Federer und Nadal.

Positiv betrachtet ist die Konstellation in dem zwölfköpfigen Players Council einmalig: In Federer, Nadal und Djokovic sind nun die drei prägenden Akteure engagiert, die 54 Grand-Slam-Trophäen auf sich vereinen und Tennis dank ihrer Persönlichkeiten in neue, monetäre Dimensionen geführt haben. Doch selten gab es ein Jahr, in dem es derart rumorte auf der Männertour und Kämpfe um Macht und Verteilungen von Ämtern und Preisgeldern Gräben aufrissen wie in diesem.

"Ich kann auch nicht nur wegschauen und sagen, es interessiert mich nicht"

Zunächst war im März bekannt geworden, dass der Vertrag des langjährigen, vielerorts geschätzten ATP-Chefs Chris Kermode Ende 2019 nicht verlängert werde - treibende Kraft dieses Schritts sei Djokovic gewesen, hieß es. Gleichzeitig wurde Ex-Profi Justin Gimelstob (USA) als Nachfolger aufgebaut, auch von Djokovic. Federer und Nadal fühlten sich übergangen, vielsagend übermittelten sie, man hätte mit ihnen reden müssen. Djokovic erwiderte nur, sie hätten sich melden können. Seitdem sind die "Big Three", wie sie heißen, offen positioniert: hier Federer und Nadal, Fedal genannt, die zwei Lieblinge - dort Djokovic, der weniger Geliebte, dem Nick Kyrgios, der streitbare Australier, jüngst vorhielt, er habe eine "kranke Obsession", so populär wie Federer und Nadal werden zu wollen.

Als Gimelstob, der zuletzt in einem US-Verfahren wegen Körperverletzung eine Bewährungsstrafe kassierte, aus dem Spielerrat zurücktrat, war das eine erste Schwächung von Djokovic. Schließlich legten vor Wimbledon vier weitere Spielervertreter ihre Ämter nieder, Jamie Murray, Robin Haase, Sergej Stachowski und Trainer-Vertreter Dani Vallverdu. Schon im März hatte Federer anklingen lassen, dass er sich zukünftig wohl wieder mehr einbringen werde ("Ich will nicht die ganze Zeit reinfunken, aber ich kann auch nicht nur wegschauen und sagen, es interessiert mich nicht"). Nadal, der sich selten verdächtig machte, sehr politisch zu sein, stellte nun klar, wie eng die Allianz zwischen ihm und Federer ist: "Wir haben zusammen entschieden, in den Spielerrat zurückzukehren", betonte er, "wir haben zuvor darüber gesprochen. Weder ich noch er wollten alleine in den Rat zurück."

Vor den US Open (ab 26. August) ist die erste Sitzung des Gremiums angesetzt. "Wir sind hier, um zu helfen und natürlich, um ein bisschen besser zu wissen, was geschieht", sagte Nadal. "Im letzten Jahr gab es in vielen Bereichen Höhen und Tiefen." Wichtigstes erstes Thema wird sicher die Besetzung des ATP-Chefpostens sein. Federer und Nadal wollen bei der Frage, wer oberster Lenker in den letzten Jahren ihrer aktiven Karriere sein wird, mitreden, das liegt nahe.

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SZ vom 10.08.2019/sonn
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