Süddeutsche Zeitung

Federer bei den Australian Open:"Diese Leier höre ich seit mehr als zehn Jahren"

  • Roger Federer verliert im Achtelfinale der Australian Open das Generationenduell gegen den 20-jährigen Griechen Tsitsipas.
  • Anschließend darf er sich von John McEnroe anhören, dies sei die "Wachablösung" im Tennis - und widerspricht ihm vehment.

Von Barbara Klimke, Melbourne

John McEnroe, seit seinen aktiven Zeiten unbestritten ein Kenner der Szene, hat am Sonntagabend die Niederlage von Titelverteidiger Roger Federer in Melbourne zum Anlass genommen, die "Wachablösung" im Tennis zu verkünden. Aber da hatte er die Rechnung eindeutig ohne den Schweizer Tennis-Maestro gemacht. Er habe das vernommen, sagte Federer, der nach dem Matchball die Arena schon verlassen hatte, als McEnroe zum Hallenmikrofon griff. "Er sagt ja immer solche Sachen. Ich mag ihn", stellte er kurz darauf später auf der Pressekonferenz etwas grimmig klar: "Aber diese Leier höre ich jetzt schon seit mehr als zehn Jahren. Da gibt es da keine Neuigkeiten."

Aus Federers Perspektive hat sich nichts an der Hierarchie im Männertennis geändert. Nur weil er im Achtelfinale der Australian Open diesmal äußerst knapp mit 7:6 (11), 6:7 (3), 5:7, 6:7 (5) dem jungen Griechen Stefanos Tsitsipas unterlag, ist nach seiner Sicht der Dinge noch keine Zeitenwende eingeläutet. Er habe ein Match gegen einen Konkurrenzen verloren, der "sehr gut gespielt" hat, sagte er: "Aber ich bin extrem frustriert." Vor allem im zweiten Satz vergab Federer nach eigener Ansicht zu viele Chancen: Acht Breakbälle hatte er sich in diesem Durchgang erspielt, alle acht wehrte der junge Grieche ab.

Mit der Niederlage im Generationenduell mit dem 20-jährigen Tsitsipas verbaute sich Federer, 37, die Chance auf seinen 21. Grand-Slam-Gewinn. Allein in Melbourne hat er sechs Mal seit 2004 triumphiert, letztmals in den vergangenen beiden Jahren. Mit einem weiteren Finalerfolg wäre er bei diesem Grand-Slam-Turnier wie in Wimbledon (acht Titel) zum Rekordsieger aufgestiegen. Stattdessen hat er die dritte Enttäuschung in Serie erlebt, auch im All England Club und bei den US Open hatte er zuletzt jeweils die Halbfinalteilnahme verpasst.

Tsitsipas hingegen, der erneut lautstark mit Fußballgesängen von seinen Fans aus der großen griechischen Gemeinde in Melbourne unterstützt wurde, hat sich einen Platz in der langen Sportgeschichte seines Landes erkämpft: Er darf sich nach dieser Nacht als der erste Sohn Hellas' fühlen, der im Tennis das Viertelfinale eines Grand-Slams-Turniers erreichte. "Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll", erklärte er auf dem Platz, als ihm McEnroe beim Siegerinterview vor 14 000 Zuschauern das Mikrofon vor die Nase hielt: Er habe Federer bewundert und dessen Spielweise zu kopieren versucht , seit er ein sechsjähriger Junge war. "Ich bin in diesem Moment der glücklichste Mensch auf Erden." Ein Idol zu bezwingen, das zu einem Rivalen wurde, sei eine der schwierigsten Aufgaben gewesen, die er je zu bewältigen hatte, erläuterte er später: "Ich hätte in jeder Minute daran zerbrechen können."

Nun aber sieht Tsitsipas, die Nummer 15 der Weltrangliste, keinen Grund, weshalb er das Turnier nicht gewinnen sollte, nachdem er den Größten schlug. Am Dienstag trifft er erst einmal auf den Spanier Roberto Bautista Agut, der sich gegen jenen Kroaten Marin Cilic durchsetzte, der vor einem Jahr im Finale stand. Eine Runde weiter ist auch der Spanier Rafael Nadal, 32, der bei den Australian Open vor zehn Jahren triumphierte. Federer selbst hat nach der Niederlage angekündigt, dass er in diesem Jahr auf die Sandplätze Europas zurückzukehren gedenkt. In den vergangenen beiden Jahren hatte er in dieser strapaziösen Saisonphase jeweils pausiert. Auch das war ein Signal an die Jüngeren: Von Wachablösung kann noch keine Rede sein.

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SZ vom 21.01.2019/vit
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