Manches ist bei den Paralympics in Paris genauso wie bei Olympia vor ein paar Wochen, etwa die faszinierende Stimmung im Grand Palais. In der prachtvollen, weiten Halle, in der sonst Ausstellungen gezeigt werden, stehen immer noch steile Stahltribünen, von denen aus man einen großartigen Blick hat, wahlweise auf das Geschehen oder unter die von Lichtmustern geschmückte Kuppel. In der Mitte wird immer noch gefochten, bei den Paralympics in befestigten Rollstühlen. Und es kommen immer noch viele Zuschauer, die diesem manchmal etwas unübersichtlichen Sport auf der Planche folgen, über französische Erfolge jubeln und eine unvergleichliche Atmosphäre schaffen.
Manches ist bei den Paralympics aber auch ganz anders als bei Olympia, zum Beispiel das deutsche Abschneiden im Grand Palais. Während die Fechter nichts Zählbares gewannen, holte am späten Dienstagabend Maurice Schmidt die erste deutsche Goldmedaille im Rollstuhlfechten seit den Spielen in Atlanta 1996.
Es ging am Dienstag nach einigen Verzögerungen bereits auf Mitternacht zu, als auch das Abschneiden des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) in Paris eine positivere Wendung nahm. Ein paar Stunden zuvor hatte Karl Quade, Chef de Mission des deutschen Teams, in seiner Halbzeitbilanz noch gesagt, dass das deutsche Team in seiner Goldmedaillen-Ausbeute „natürlich ein bisschen hinter dem“ liege, „was wir uns vielleicht gewünscht haben“. Am Abend nach Schmidts Olympiasieg und jenem der Schützin Natascha Hiltrop, waren es dann immerhin schon vier Goldmedaillen. Die fünfte folgte am Mittwochmorgen, als Rad-Weltmeisterin Maike Hausberger im Zeitfahren gewann.
Eine Facette von Schmidts Erfolg wirkte dabei fast wie eine Ergänzung zu Quades Vorrede. Der Chef de Mission hatte auch über die zum Teil sehr komplizierte Situation für Trainer im deutschen Behindertensport gesprochen und mehr Geld von der Politik gefordert. „Wir mussten vielen Trainern schon Briefe schicken und ihnen mitteilen, dass sie im Jahr 2025 nicht weiterbeschäftigt werden, weil das die aktuellen Zahlen nicht hergeben“, hatte er gesagt: „Der Bundeshaushalt beträgt 315 Millionen Euro (für den Spitzensport). Da haben wir im Ansatz 3,6 Millionen für Personal. Das reicht aber nicht. Wir brauchen mindestens 4,2 oder 4,3 Millionen Euro.“
Es braucht mehr Geld für Behindertensport, sagt der deutsche Chef de Mission
Und am Abend, im Grand Palais, ging es dann prompt um das Lob für die Arbeit eines Trainers. „Er hat auf jeden Fall einen großen Anteil. Jede Lektion ist extrem wichtig, bei jedem Gefecht haben wir spezifisch noch einmal Sachen geübt, die ich gegen den nächsten Gegner machen soll, und genau diese Aktionen haben funktioniert“, sagte Schmidt über seinen Coach Alexander Bondar. „Wir wussten genau, wo die Gegner Schwächen haben“, sagte dieser: „Ich bin ein Papier-Typ. Bei mir zu Hause sind es vier Mappen voll mit den Analysen.“
Schmidt, 25, der mit einer Dysmelie geboren wurde und für die SV Böblingen ficht, hatte vorher nur Silber bei Europameisterschaften gewonnen. Im Finale gegen den Briten Piers Gilliver, das er mit 15:8 gewann, war er Außenseiter. Nun, beschwingt vom Erfolg, scheint aber bei diesen Spielen noch mehr möglich zu sein. Schmidt tritt im Grand Palais am Freitag auch im Degen-Wettbewerb an. Und Bondar sagt: „Wir haben auch da Ordner für angelegt.“