Drittligist Kaiserslautern:Was Investor Becca mit dem FCK vorhat

1 FC Kaiserslautern - FCK-Fans auf dem Betzenberg

Im Fritz-Walter-Stadion gibt es wohl auch künftig Drittligafußball zu sehen, der 1. FC Kaiserslautern steht vor der Rettung.

(Foto: imago images / foto2press)
  • Der 1. FC Kaiserslautern steht vor der Rettung.
  • Der Drittligist nimmt das Angebot des umstrittenen Investors Flavio Becca aus Luxemburg nun doch an.
  • "Becca hat in Kaiserslautern Größeres vor, das ist ja kein Geheimnis", sagt Sportgeschäftsführer Martin Bader der SZ.

Von Tobias Schächter, Kaiserslautern

Die Bayern kommen. Als Helfer, nicht als Gegner. Zwei Tage nach dem Pokalfinale gegen RB Leipzig tritt der FC Bayern zu einem "Retter-Spiel" beim 1. FC Kaiserslautern an. In der Pfalz erlebten die Münchner einst bittere Niederlagen. Aber das ist lange her, der FCK ist tief gefallen. Grabenkämpfe und Missmanagement haben den Fritz-Walter-Klub bis ins Mittelmaß der dritten Liga und an den Rand des Ruins geführt. Für die Begegnung am 27. Mai gegen den Rekordmeister erwartet der FCK Einnahmen von über 500 000 Euro.

Die Drittliga-Lizenz des FCK ist in Gefahr, doch die hat der Klub nun wohl schon am Donnerstag gesichert. Der Beirat der FCK-Kapitalgesellschaft hat den Einstieg des luxemburgischen Milliardärs Flavio Becca mit 3:2-Stimmen zugestimmt und damit zunächst den Schlusspunkt unter eine zum Teil öffentlich ausgetragene Schlammschlacht um die Zukunft des klammen Klubs gesetzt. Dass Becca nun doch den Zuschlag bekam, nachdem er vor einer Woche von einer regionalen Unternehmer-Gruppe ausgestochen schien, ist die neueste Pointe eines Streits, der seit Monaten im Beirat tobte.

Als Konsequenz trat Michael Littig am Donnerstag von seinen Ämtern als Beiratsmitglied der FCK-Kapitalgesellschaft und Vorsitzender des Aufsichtsrats des 1. FC Kaiserslautern e. V. zurück. Becca hatte den Rücktritt Littigs zur Bedingung seines Engagements gemacht. Littig erklärte nun, er wolle mit seinem Rückzug "Ruhe in die Gremien" bringen und zur "Befriedung" des tief gespaltenen Vereins beitragen. Littig hatte in den vergangenen Wochen alles versucht, um einen Einstieg des Luxemburger Immobilienunternehmers zu verhindern. Der Unternehmer und CDU-Politiker war der große Gegenspieler des Beiratsvorsitzenden Patrick Banf. Zusammen mit den beiden Geschäftsführern Michael Klatt (Finanzen) und Martin Bader (Sport) hatte Banf im vergangenen halben Jahr den Deal mit Becca ausgehandelt.

Die regionale Unternehmergruppe kämpfte bis zuletzt

Vergangene Woche schien sich Littig durchgesetzt zu haben, als er mit einer zunächst nicht näher genannten regionalen Investoren-Gruppe eine 3:2-Mehrheit im Beirat erlangte. Diese Gruppe um den Kaiserslauterer Hotelier und Immobilienentwickler Hans Sachs und dessen Partner Klaus Dienes hatte angeboten, zunächst drei Millionen Euro als Eigenkapital zu investieren und so einen zehnprozentigen Aktienanteil an der im September 2018 ausgegliederten Profifußball-Abteilung und einen Sitz im Beirat zu erwerben.

Über diese Entwicklung zeigte sich vor allem der FCK-Kreditgeber Quattrex "verwundert". Unter anderem deswegen, weil der Vereinswert von ursprünglich 120 Millionen Euro quasi über Nacht auf 30 Millionen reduziert wurde. Das Stuttgarter Unternehmen, einst von Wolfgang Dietrich, dem heutigen Präsidenten des VfB Stuttgart gegründet, setzte im Lauf dieser Woche nun den Beirat unter Druck. Quattrex drohte damit, seine Zusagen über neue Kredite von drei bis vier Millionen Euro nicht erfüllen zu wollen, werde das Angebot der regionalen Investoren angenommen. Das Unternehmen sah wohl nur durch den Einstieg von Becca gewährleistet, langfristig sein Geld wieder zu bekommen. Quattrex hat dem FCK in den vergangenen Jahren schon Kredite in Höhe von sechs Millionen Euro gegeben. Das Geschäftsmodell der Firma sieht vor, klammen Fußballvereinen Geld zu leihen und dafür Zinsen zu kassieren. Quattrex hat unter anderem die Zweitligisten Union Berlin und Heidenheim und eben dem FCK in der Vergangenheit Kredite gegeben.

Die regionale Unternehmergruppe kämpfte bis zuletzt, bot auch an, die Lücke von drei bis vier Millionen Euro zu schließen, die der Rückzug von Quattrex und seinen Partnern bedeutet hätte. Doch die Zeit drängte, die Lizenz muss bis 28. Mai beim DFB abgesichert sein. Im Beirat fand schließlich die Offerte von Becca eine 3:2-Mehrheit. "Wir haben nun aus unserer Sicht die größtmögliche Planungssicherheit", sagt FCK-Sportgeschäftsführer Martin Bader am Freitagmorgen der SZ. Er könne Kritiker verstehen, die sagen, Beccas Forderung nach Ablösung Littigs sei eine Einmischung in die Vereinsdemokratie, schließlich sei Littig von den Mitgliedern gewählt worden. Doch auch die regionale Unternehmergruppe habe Forderungen gestellt, zum Beispiel einen Platz im Beirat und die Verringerung des Vereinswerts.

"Die Zeit drängte, es war eine Abwägung", sagt Bader, der ankündigte, dass der Vereinswert nun neu ermittelt werden solle. Auch Becca findet 120 Millionen offenbar zu hoch für einen Drittligisten, unabhängige Wirtschaftsprüfer sollen nun einen neuen Wert erstellen, der sich wohl bei rund 60 Millionen einpendeln dürfte und je nach Ligazugehörigkeit variiert werden soll.

Warum Becca so großes Interesse am FCK hat

Beccas Angebot sieht vor, sofort 2,6 Millionen Euro als Darlehen vorzustrecken, um die Lizenz abzusichern. In den nächsten fünf Jahren will der unter anderem von der FCK-Ikone Klaus Toppmöller beratene Unternehmer zwischen 20 und 25 Millionen Euro Eigenkapital zuschießen - je nach Ligazughörigkeit und Bedarf. Ziel ist die Rückkehr in die Bundesliga. Becca sei sportaffin, heißt es, er investiert in den Luxemburger Meister F91 Düdelingen, den Toppmöllers Sohn Dino trainiert, und der es in dieser Saison in die Europa-League-Gruppenphase schaffte. Doch die Politik dort ist nicht bereit in den Ausbau des Stadions zu investieren, was Becca ärgert. Stattdessen plant er nun ein profitaugliches Stadion mit Wohnungen und Shoppingmall in der belgischen Stadt Virton, dort ist Becca Geldgeber des Fußball-Drittligisten Excelsior Virton. Vor Jahren scheiterte auch Beccas Absicht, ein Nationalstadion in seiner Heimat zu bauen.

Dass der Luxemburger nun beim FCK einsteigt, hat auch mit möglichen Immobiliengeschäften in der Stadt zu tun. "Flavio Becca hat in Kaiserslautern Größeres vor, das ist ja kein Geheimnis", sagt Martin Bader. Mitte dieser Woche hatte der Kaiserslauterer Oberbürgermeister Klaus Weichel (SPD) dem SWR bestätigt, Gespräche mit Becca geführt zu haben. Der Immobilienunternehmer ist am Kauf des Geländes des ehemaligen Nähmaschinenherstellers Pfaff ebenso interessiert wie am Erwerb des Stadions und den Liegenschaften im Stadionumfeld auf dem Betzenberg. Das sind die attraktivsten Lagen der Stadt.

Kehrt nun Ruhe ein? Das ist eher unwahrscheinlich

Das zur WM-Arena 2006 ausgebaute Fritz-Walter-Stadion wurde 2003 an eine städtische Stadiongesellschaft überführt, um den damals schon finanziell angeschlagenen FCK, der seitdem nur Mieter ist, zu retten. Die Stadt ist dem Klub seither immer wieder entgegengekommen, beispielsweise mit Mietminderungen. Dass Becca der Stadt bereits 20 Millionen Euro für das Stadion offeriert haben soll, ist bislang aber nur ein unbestätigtes Gerücht. Oberbürgermeister Weichel erklärte diese Woche: "Mein Ziel ist es, das Stadion zu veräußern, denn es ist nicht zentrale Aufgabe einer Stadt, einen Stadionbetrieb aufrecht zu erhalten. Ich bin guter Hoffnung, dass wir jetzt bei einer Vielzahl von Interessenten einen Weg finden werden."

Ob nach dem Entscheid für Becca nun endlich wieder Ruhe einkehrt beim FCK, ist eine spannende Frage. Wie der Beirat, so sind auch die Fans gespalten: Für die einen ist Becca der lang erhoffte Retter, der den viermaligen Deutschen Meister wieder zu alten Erfolgen führen kann, für andere der Totengräber des Klubs, der nur eigene Interessen verfolgt. Auch dass der Klub offenbar von Interessen von Kreditgebern wie Quattrex abhängig zu sein scheint, stößt vielen schlecht auf. Im Lauf des Tages soll eine Pressemitteilung des FCK lanciert werden, in der Becca sich kurz äußert. Längere Interviews mit Becca sind eher nicht geplant.

Sportgeschäftsführer Martin Bader sagt, er wolle jetzt endlich wieder über Sport reden. Die Streitigkeiten der vergangenen Monate hätten die eigenen Spieler verunsichert und potenzielle Zugänge verschreckt. "Wir haben Zeit verloren, jetzt wollen wir einen guten Saisonabschluss." Am Samstag kommt der SV Meppen zum letzten Spiel der Drittligasaison, die Woche darauf will der FCK den Verbandspokal gegen Wormatia Worms gewinnen. Und dann, ja dann kommen die Bayern. Es sind schon 37 000 Karten verkauft.

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