FC Union:"Ein wirklich verrücktes Spiel"

1. FC Union Berlin v Eintracht Frankfurt - Bundesliga

Mit Tempo und Technik: Mit einer blitzsauberen Direktabnahme erzielt Max Kruse das 3:3 gegen Eintracht Frankfurt.

(Foto: Maja Hitij/Getty Images)

Führung, Rückstand, Ausgleich: Berlin luchst Eintracht Frankfurt dank eines späten Treffers einen wertvollen Punkt ab.

Von Nico Fried, Berlin

Max Kruse gebricht es sicherlich nicht an Selbstbewusstsein. Aber was ihm da gelungen war, konnte er anscheinend selbst kaum fassen. Also schaute sich der in jeder Hinsicht zentrale Mittelfeldmann des FC Union Berlin seinen Treffer zum 3:3 nach dem Spiel noch einmal auf einem Monitor an. "Solche Tore schieß' ich ja nicht so häufig", kommentierte der Zuschauer Kruse den Schützen Kruse. "Da darf man dann auch mal ein bisschen genießen und ein bisschen schmunzeln."

In der 82. Minute kullerte der Ball nach einem Querpass von Christopher Trimmel in 18 Meter Distanz vom Frankfurter Tor quer über den Rasen, als Kruse ihn nach ein paar Schritten Anlauf mit dem Spann des linken Fußes in das rechte Kreuzeck drosch. "Ein fantastisches Tor, den trifft er wirklich optimal", schwärmte auch Urs Fischer. Der Trainer des FC Union wählte für seine Nachbetrachtung des Ausgleichstreffers im Fernsehen noch die spezielle Perspektive der hinter dem Tor postierten Kamera und kam zu dem Ergebnis: "Die Flugbahn ist wirklich außergewöhnlich."

Es war wohl nicht nur der Schuss an sich, sondern auch die Situation, in der Kruse traf, die dieses 3:3 so bedeutend machten. Der Ausgleich fiel, nachdem Union eine klare Führung erst nicht ausgebaut, dann verspielt hatte und schließlich sogar in Rückstand geraten war. Der Treffer war der Höhepunkt einer Begegnung, die mit sechs Toren endete und von Berlins Torhüter Andreas Luthe später in vier Worten treffend zusammengefasst wurde: "Ein wirklich verrücktes Spiel."

101 Sekunden brauchte Union Berlin für den Führungstreffer, nach fünf Minuten stand es schon 2:0. Frankfurts Nationaltorhüter Kevin Trapp hatte den Unionern mit einem Torwartfehler, den er später selbst "superungünstig" nannte, ebenso geholfen wie Verteidiger Martin Hinteregger, der einen Elfmeter verursachte. Robert Andrich aus spitzem Winkel und Max Kruse vom Punkt nutzten ihre Chancen. Kevin Trapp, der den Ball vor der Berliner Führung schon in den Händen gehalten hatte, ehe der sich wieder verabschiedete, bezeichnete den Auftakt als "mit das Schlimmste, was passieren kann". Nach 20 Minuten hätte Union sogar noch höher in Führung liegen können, wenn Stürmer Taiwo Awoniyi zumindest eine von drei großen Gelegenheiten verwertet hätte.

Für den weiteren Verlauf des Spiels hatte der Berliner Trainer Urs Fischer eine bemerkenswerte Analyse parat: "Ich glaube, das hat uns nicht so in die Karten gespielt, diese Führung." Seine Mannschaft zog sich zurück, ließ die Eintracht kommen und baute so einen Gegner auf, der in 25 Minuten nur einmal aufs Tor geschossen hatte, wobei Filip Kostic dabei nicht an der Berliner Abwehr scheiterte, sondern seinen Mitspieler Bas Dost am Rücken traf.

Ein langer Pass von Daichi Kamada fand dagegen wenig später seinen Weg durch die Abwehr. Union-Torhüter Luthe fiel dem Ball der Länge nach hinterher wie eine Bahnschranke, was es da Silva ermöglichte, mit einem coolen Heber den Anschlusstreffer zu erledigen. Ein "ganz ekliger Ball" sei das gewesen, erinnerte sich Luthe nach dem Spiel. "Ich muss mit den Fingerspitzen rankommen, aber es hat nicht gereicht." Zehn Minuten später stand da Silva schon wieder richtig und köpfte eine Freistoßflanke von Kostic ins Tor. Und Bas Dost brachte die Frankfurter in der 79. Minute sogar in Führung.

Dann kam Kruse. Der Antreiber der Berliner hatte sich bis dahin bemüht, war viel gelaufen, hatte aber auch gelegentlich frustriert abgewunken, wenn Mitspieler sich wieder mal festgelaufen hatten. In seinen Schuss legte er mithin auch eine gute Portion Frust, was der Flugbahn, wie man inzwischen weiß, durchaus zugute kam.

Es passt nicht mehr recht, Max Kruse nach neun Spieltagen noch als Zugang der Berliner zu bezeichnen. Wie selbstverständlich ist der 32-Jährige zur bestimmenden Figur geworden. Sechs Tore und fünf Vorlagen gehen auf sein Konto. Union liegt mit 16 Punkten auf dem sechsten Tabellenplatz. Nur ein einziges Spiel haben die Eisernen in dieser Saison bislang verloren, also genau so viele wie der FC Bayern.

Und diese eine Niederlage setzte es am ersten Spieltag gegen Augsburg, das einzige Match, in dem Kruse nicht zum Einsatz kam. Er selbst gab sich bescheiden: "Ich bin froh, dass ich der Mannschaft helfen konnte." Aber was macht man als Trainer, wenn einer so herausragt?

Urs Fischer bemühte sich, Kruse zu würdigen, aber die anderen dabei nicht zu vergessen. Dass der ansonsten eher glücklose Taiwo Awoniyi den Strafstoß herausgeholt hatte, "das gilt es auch zu erwähnen", befand der Union-Trainer. Nicht zu Unrecht verwies er auch darauf, dass der Ball vor dem 3:3 nicht vom Himmel vor Kruses Füße gefallen war. "Er wurde sehr gut freigespielt." Es brauche also, so Urs Fischers Fazit, "immer noch die Unterstützung seiner Mitspieler".

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