FC St. Pauli:Anschreien statt anleiten

FC St. Pauli v SSV Jahn Regensburg - Second Bundesliga

Abschied aus der Wohlfühloase: Pauli-Trainer Jos Luhukay.

(Foto: Stuart Franklin/Getty)

Jos Luhukay wollte den Fußball beim FC St. Pauli verändern, distanzierte sich aber zuletzt immer weiter von der eigenen Mannschaft. Nun wechselt der Klub mal wieder den Trainer.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Zuletzt gab auch St. Paulis Präsident Oke Göttlich auf, der den Trainer Jos Luhukay lange verteidigt hatte. Diesen hatte er auf Rat des damaligen Geschäftsstellenleiters Andreas Rettig im April 2019 geholt, um den angeblich zu gemütlichen Markus Kauczinski abzulösen und endlich die erste Liga anzupeilen. 14 Monate später aber wird am Millerntor mal wieder ein Fußballlehrer fortgeschickt. Wie nach dem soeben gesicherten Klassenverbleib in Liga zwei durchsickerte, wollen die Hamburger die Zusammenarbeit mit dem Niederländer (der einst mit Hertha BSC, Gladbach und Augsburg in die höchste Klasse aufgestiegen war) nicht weiterführen.

"Es gibt keinen Trainer ohne Team, und kein Team ohne Trainer", sagte der Klubchef jüngst. Das war darauf bezogen, dass Luhukay, 57, der zu Saisonbeginn den ganzen FC St. Pauli als "Wohlfühloase" gegeißelt und den Profis vorgeworfen hatte, zu nett miteinander umzugehen, es überzogen hatte. Denn das Betriebsklima unter Luhukay ("Ich bin, wie ich bin") wurde ständig schlechter. Er setzte zwar 36 Spieler ein, fand aber nie ein Team. Nach dem 0:4 in Hannover klagte er, dass es bei den Misserfolgen immer um den Trainer gehe, während die Mannschaft "immer zu gut wegkommt". Eine größere Distanz zu den Mitarbeitern kann man nicht aufbauen.

Kauczinski wurde auf Rang sechs abgelöst, Luhukay hat nur die dritte Liga verhindert. Die Hamburger Morgenpost befand, dass der Trainer zu St. Pauli passe wie "ein Seeigel in einen Barfußpark". Tatsächlich hat er es sich auch mit jenen Profis verscherzt, auf deren Fähigkeiten er besonders angewiesen war: Torwart Robin Himmelmann, Marvin Knoll, zuletzt Torjäger Henk Veerman, den er in der Pause beim 2:1 gegen Aue so anschrie, dass es jeder im leeren Stadion hören konnte. Am Sonntag verpasste er die Abschiedszeremonie von Jan-Philipp Kalla, der 17 Jahre für St. Pauli spielte. Er sei gerade mit dem Co-Trainer im Dialog gewesen, wie die letzte Trainingswoche zu absolvieren sei, sagte er dazu.

"Wir wollen hier den Fußball verändern", hatte Luhukay anfangs betont. Das gelang zwar zu Hause, wo man "offensiv, aggressiv, initiativ" spielte. In der Auswärtsbilanz aber liegt der schlecht gelaunte Klub auf Rang 17.

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