FC Schalke 04:Beraten von Erwin, Ingo und Olaf

FC Augsburg v FC Schalke 04 - Bundesliga

Kam in Augsburg nicht über ein 1:1 hinaus: der FC Schalke 04 in giftgrün.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der FC Schalke 04 spielt in Augsburg nur 1:1 - und kann die Debatte um den Absturz in der Tabelle vorerst nicht beruhigen.
  • Nach der ersten Halbzeit findet selbst Trainer Tedesco, dass sein Team "ein bisschen aufgefressen" wurde - eine taktische Umstellung verhalf letztlich zum Ausgleich.

Von Sebastian Fischer, Augsburg

Zentimeter fehlten, und Schalke 04 hätte eine versöhnliche Geschichte zu erzählen gehabt. Eine Geschichte, die all die Debatten um Expertise bei der Zusammenstellung des Kaders zumindest vorerst beruhigt hätte, Debatten um den Absturz des Tabellenzweiten der Vorsaison in den Abstiegskampf. Die Geschichte: Stürmer Haji Wright, 20, der zuletzt für die U23 in der Oberliga West spielte, schießt das Siegtor zum 2:1 beim FC Augsburg. Und wer solche Stürmer befördert, dem kann es ja nicht am Fachwissen mangeln, oder?

Wright stand allerdings in der 84. Minute ein paar Zentimeter im Abseits, als er nach einem der wenigen schönen Angriffe des Tages den Ball über die Linie drückte. Und so spielte Schalke nur 1:1 in Augsburg. Trainer Domenico Tedesco musste die Fans nach einem schwachen Spiel mit dankenden Worten beschwichtigen. Und die Debatten gehen weiter.

Sie kreisten in den Tagen vor dem Spiel um Schalkes Manager Christian Heidel, nachdem Aufsichtsratschef Clemens Tönnies öffentlich den Gedanken formuliert hatte, ihm nach dem Vorbild von Matthias Sammer bei Tabellenführer Borussia Dortmund einen externen Berater für die Kaderplanung zur Seite zu stellen.

"Ich sehe keinen Sinn in der Geschichte, einen externen Berater, der einmal im Monat vorbeikommt, zu beschäftigen", sagte Heidel bereits im TV-Interview vor dem Anpfiff, einen Vertrauensbruch mit Tönnies allerdings bestritt er. Nach dem Spiel ergänzte er: "Ich stehe allen Dingen, die Schalke helfen, sehr offen gegenüber." Überhaupt: Er entscheide ja nicht allein. Er tausche sich mit Peter Knäbel aus, dem Technischen Direktor.

Und neulich, zählte er auf, habe er sich mit den Brüdern Erwin und Helmut Kremers, Rüdiger Abramczik, Ingo Anderbrügge, Olaf Thon, Martin Max und Huub Stevens unterhalten, also mit zahlreichen Protagonisten der jüngeren und älteren Vereinsgeschichte. "Jetzt könnte ich natürlich sagen, das sind alles unsere Berater. Wir sehen uns ungefähr so häufig, wie das in Dortmund der Fall ist."

Heidel, das wurde deutlich, wollte ein Thema beenden, dass die Lage auf Schalke in unruhigen Tagen unruhiger macht. Doch ungünstigerweise hatte ihm das Spiel dabei nicht unbedingt geholfen.

Die Problemposition im Kader ist der Angriff, vier Stürmer sind verletzt. Die beiden, die am Samstag begannen - Cedric Teuchert und Steven Skrzybski, sind auch gerade erst wieder gesund geworden. Er habe seine Spieler angewiesen, die beiden eher kleinen Angreifer mit flachen Pässen ins Spiel einzubinden, erklärte Tedesco. Doch brauchbare Pässe spielten zunächst nur die Augsburger, was für große Überlegenheit reichte und zum Führungstreffer durch Michael Gregoritsch nach einem Fehler von Torwart Ralf Fährmann. "Wir wurden ein bisschen aufgefressen", so lautete Tedescos Fazit der ersten Halbzeit. Und: "Wir waren körperlich unterlegen." Heidel sagte: "Jeder Augsburger war jedem Schalker überlegen. Das war sicherlich nicht unser Plan."

Erst eine Umstellung verhilft Schalke zu ein wenig Struktur

Auch Augsburg müht sich derzeit ja in den hinteren Regionen der Tabelle um Punkte. Doch die Mannschaft von Trainer Manuel Baum machte den Eindruck, den Kampf gegen den Abstieg zum Ende der Hinrunde ernst zu nehmen. Auf Seiten der Schalker misslangen dagegen oft schon einfache Ballannahmen und Pässe über fünf Meter. Erst als Tedesco seine Dreierkette aufgab und auf ein 4-2-3-1-System umstellte, ergab der Fußball der Gäste wieder ein wenig Sinn.

Caligiuri trifft nach Augsburger Fehlern

Und erst als zur Pause der zentrale Mittelfeldspieler Nabil Bentaleb für den indisponierten, im Sommer vom FC Bayern verpflichteten Nationalspieler Sebastian Rudy kam, hatte Schalke so etwas wie Struktur. Trotzdem brauchte es eine Augsburger Fehlerkette für den Ausgleich: Im Anschluss an eine in die Mitte abgewehrte Hereingabe traf Daniel Caligiuri per Aufsetzer aus der Distanz.

Schalke wechselte in der Pause nicht nur Bentaleb ein, sondern auch Wright für Skrzybski, sowie nach 66 Minuten den noch jüngeren Ahmet Kutucu, 18, für Teuchert. Zwei bundesligaunerfahrene Stürmer, das war einerseits Abbild der Verletzungsmisere - andererseits funktionierte es nach nervösem Beginn ganz ordentlich.

Tedesco hatte später viel Lob übrig für Wright, den Beinahe-Mann-des-Tages. "Haji hat genau das gemacht, was wir gebraucht haben", sagte er, nämlich körperliche Präsenz, Wright ist 1,93 Meter groß. "Mal gucken, was daraus entsteht. Manchmal entstehen daraus schöne Geschichten", sagte der Trainer über die Laufbahn des Stürmers aus Los Angeles, der in der Vorsaison an Zweitligist Sandhausen verliehen war, dort enttäuschte und zuletzt gegen Teams namens Holzwickede oder Sprockhövel traf.

In den verbleibenden Hinrundenspielen könnte er von Beginn an zum Einsatz kommen. Doch Tedesco sagte mit Blick auf den jungen Sturm auch: "Wir können jetzt nicht erwarten, dass uns ein Jahrgang 2000 aus der Misere hilft." Nein, das müssen wohl die anderen Spieler machen, die der Manager Heidel im Sommer dafür auswählte - und vielleicht jene, die er im Winter dazukaufen könnte. Voraussichtlich ohne die Hilfe eines externen Beraters.

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