FC Schalke 04 und Felix Magath:Der Sturz des Diktators

Felix Magath hat den FC Schalke 04 radikal umgebaut, dabei aber die Fans vergessen. Nach dem Desaster im Derby gegen Dortmund steht das Projekt Schalke auf der Kippe.

Thomas Hummel

Felix Magath ist kein Mann des Volkes, das will er auch nicht sein. Er möchte vom Volk geachtet werden, anerkannt, vielleicht ein bisschen geliebt. Deshalb ist er vom eher sterilen VfL Wolfsburg zum eher heißblütigen FC Schalke gewechselt. Um dem königsblauen Volk den ersten Meistertitel seit mehr als 50 Jahren zu schenken und damit unsterblich zu werden. Nach dem schlechtesten Saisonstart der Klubgeschichte und dem furchterregenden 1:3 gegen den Erzrivalen Dortmund könnte an die Stelle des unsterblichen Magath aber bald der gescheiterte Magath treten.

Schalke 04 head coach Magath reacts after his team received a goal from Borussia Dortmund during their German first division Bundesliga soccer match in Gelsenkirchen

Tief gesunken: Felix Magath, Trainer-Manager-Vorstandssprecher des Tabellenletzten FC Schalke 04.

(Foto: Reuters)

Der 57-Jährige Fußballtrainer hat sich durch seine Erfolge in Stuttgart, München und vor allem Wolfsburg den Ruf eines Magiers in der Bundesliga erworben. Der FC Schalke 04 und vor allem der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies haben sich den Magier für viel Geld ins Haus geholt, in der Hoffnung, er möge auch hier ein Wunder vollbringen. Platz zwei in der vergangenen Saison bestätigte die Hoffnung. Alle, die Magaths große Machtfülle im Klub kritisierten, mussten kleinlaut in den Hintergrund treten.

Doch nun, nach diesem Absturz mit vier Niederlagen in der Bundesliga und einer in der Champions League, wird den Beteiligten bewusst, wie sehr sich der Verein diesem ohne Zweifel begabten Fußballlehrer und Geschäftsmann ausgeliefert hat. Magath ist ja auch Manager und Vorstandssprecher. Er hat seine Leute installiert, zum Beispiel das gesamte Trainerteam. Kritiker, wie der langjährige Fan-Beauftragte Rolf Rojek, mussten gehen. Durch den von Magath unterstützten, exorbitanten Derby-Aufschlag bei den Stehplatztickets kam es nun sogar zur Verbrüderung von Schalke-Fans mit den verhassten Dortmundern.

Dazu die Radikalkur der Mannschaft. Von dem Kader, der Meisterschaftszweiter wurde, ist nicht mehr viel übrig. Westermann, Kuranyi, Rafinha, Zambrano, Sánchez gingen, auch vor Fanlieblingen wie Marcelo Bordon und Gerald Asamoah machte Magath nicht halt. Dafür erstritt er sich das Recht, mehr als 36 Millionen Euro für neue Profis auszugeben, zum Beispiel für den ehemaligen Dortmunder Christoph Metzelder.

Die Schalker Fans sehen bislang fast benommen dabei zu, wie ihr Klub auseinander- und neu zusammengebaut wird. Und das von einem Mann, an dem sich niemand so recht das Herz erwärmen kann. Magath duldet bei seinen Maßnahmen keinen Widerspruch, spricht bei Kritik schnell von einer "kleinen Gruppe".

Dabei unterschätzt er auf fast groteske Weise, dass gerade Fans eines Traditions- und Ex-Arbeitervereins wie Schalke 04 sich als eigentliche Eigentümer des Klubs fühlen, die ihr Leben mit ihm verbinden, während selbst ein Trainer-Manager-Vorstandssprecher irgendwann wieder weg ist. Sie fühlen sich bevormundet, manche sollen von "Diktatur" sprechen.

Das alles wären höchstens Randnotizen, wenn Schalke weiterhin magisch gewinnen würde. Doch jetzt steht das Projekt Magath auf der Kippe. Der Unmut auch gegen seine Person schwillt unaufhörlich an. Seine Mannschaft muss am Mittwoch in Freiburg und am Samstag gegen Mönchengladbach die Wende schaffen. Sonst kann ihn nur noch die Finanzmisere des Klubs vor der frühzeitigen Scheidung bewahren: Seine Entlassung käme Schalke 04 vermutlich sehr teuer.

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