FC Schalke 04:Höwedes hinterlässt einen intriganten Satz

FC Schalke 04: Benedikt Höwedes: Geht mit Giftspritze

Benedikt Höwedes: Geht mit Giftspritze

(Foto: AP)

In seiner Abschiedserklärung stellt Benedikt Höwedes Schalke-Trainer Tedesco als gewissenlosen Typen dar. Das klingt so gar nicht nach königsblauem Herzen.

Kommentar von Philipp Selldorf

Das Kommuniqué, das Benedikt Höwedes anlässlich seines Abschieds vom FC Schalke 04 veröffentlichte, trägt die pompöse Überschrift "Ich gehe als Spieler, aber ich bleibe als Fan". Um die Wirkung der Botschaft zu steigern, ist der Satz vom übrigen Text in Versalien abgehoben. Weitere feierliche Bekenntnisse des nun zu Juventus Turin abwandernden Nationalspielers folgen: dass sein "größter Wunsch" Schalkes Erfolg und die Rückkehr nach Europa sei, und dass er, "wenn meine Zeit es zulässt", im Stadion in Gelsenkirchen stehen und der Mannschaft die Daumen drücken werde. Denn, und so schließt der Text: "Einmal Schalker, immer Schalker."

Der Satz mit der größten Wucht und Wirkung handelt allerdings nicht von der Liebe zu Schalke, sondern vom Trainer Domenico Tedesco, dem Höwedes ein Revanchefoul verpasst. Nicht in der Art des Vorstoppers durch einen Tritt vors Schienbein, sondern als Injektion aus der Giftspritze.

Ende der vorigen Woche hatte Tedesco eine missglückte Bemerkung in die Diskussion zur Lage des Alt- und Groß-Schalkers Höwedes geworfen, indem er eine Floskel aus dem rhetorischen Standardrepertoire der Branche bemühte. "Reisende sollte man nicht aufhalten", sagte er. So lautete zwar schon in zigtausend Fällen der Kommentar, wenn sich ein fußballspielender Wanderarbeiter zum nächsten Klub in Bewegung setzte. Dass aber Höwedes für diesen Klub kein normaler Wanderarbeiter ist, und dass die Äußerung taktlos war, das dürfte Tedesco inzwischen verstanden haben.

Hat Höwedes seinen Eintrag selbst geschrieben?

Nun kam Höwedes auf die Bemerkung zurück: Reisende könne man durchaus aufhalten, schrieb er - "wenn man will". Sollte jemand mal ein Buch über die Kunst des Zwietrachtsäens schreiben, dann verdient diese knappe Erwiderung ihren Platz darin. Sie lässt den Trainer Tedesco als gewissenlosen Typen dastehen, der einen Mann aus dem Verein vertrieben hat, dem er seit mehr als dem halben Leben angehörte. So hat der gekränkte Volksheld einen Abschiedsgruß von subtiler Bösartigkeit hinterlassen.

Andererseits ist es so, dass sich Höwedes die Formulierung womöglich gar nicht selbst ausgedacht hat, weil er sich bei seinen Beiträgen in den sozialen Medien von einer Agentur helfen lässt, die auch von seinem Freund und Landsmann aus Haltern am See, Christoph Metzelder, geführt wird. Ziel der Beratungsleistung ist unter anderem die Inszenierung des Fußballprofis zur "Persönlichkeitsmarke".

Als echter Schalker war Benedikt Höwedes bisher tatsächlich eine überzeugende Marke. Dieses hehre Bild hat er nun allerdings selbst in Zweifel gezogen. Nicht durch die Flucht nach Turin, sondern durch diesen einen intriganten Satz in der Erklärung, der so gar nicht nach unbedingter Vereinsliebe und königsblauem Herz klingen will.

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