FC Schalke 04:"Für mich gibt es kein Aufgeben, nie"

Lesezeit: 3 min

Christian Gross trainierte S04 nur für kurze Zeit. (Foto: THOMAS KIENZLE/AFP)

1:5 in Stuttgart und Schlagzeilen über eine Spieler-Revolte: Schalke taumelt in Richtung zweite Liga, Trainer Gross muss Fragen nach seinem möglichen Rücktritt beantworten.

Von Christoph Ruf, Stuttgart

Vor der Partie, nach der endgültig niemand mehr über einen möglichen Schalker Klassenverbleib reden dürfte, hatte Schalkes Trainer Christian Gross tatsächlich noch mal versucht, Optimismus zu verbreiten. Es gelte lediglich, die vielen individuellen Fehler abzustellen, dann könne Schalke vielleicht auch in der kommenden Saison wieder gegen andere Erstligisten spielen. Nach dem 1:5 in Stuttgart musste Gross dann Fragen nach seinem möglichen Rücktritt beantworten, verneinte dies aber: "Ich bin diese Mission angetreten. Für mich gibt es kein Aufgeben, nie."

Immerhin konnte sich der Schalker Trainer bei seiner Prognose ein bisschen bestätigt sehen. Wobei man drüber streiten konnte, ob es nun einfach viele individuelle Fehler waren, wie der schwach ge- und verschossene Elfmeter von Nabil Bentaleb, der sich das Recht des Ausführens gegen Amine Harit erstritt. Oder ob es in der Häufung nicht doch kollektive Aussetzer waren, die man in der ersten Liga nicht oft zu sehen bekommt und die einer chancenlosen Schalker Mannschaft das Genick brachen.

Die ersten beiden Stuttgarter Treffer fielen beim Versuch, eine Standardsituation abzuwehren. In der zehnten Minute war Wataru Endo nach einem Eckball von Borna Sosa völlig frei, wenig später war der Japaner erneut auf der exakt gleichen Position ohne Gegenspieler, als er den nächsten Eckball verwandelte - nur dass der diesmal von der anderen Seite ins Zentrum geschlagen worden war (26.). Als der - man ahnt es - freistehende Saša Kalajdzič kurz darauf das 3:0 köpfte, war das Spiel gelaufen (34.). Wie zum Hohn hatte sich dessen Kopfballbogenlampe dabei hinter dem bewegungslos verharrenden Michael Langer im Schalker Tor gesenkt.

Komplett alleine: Wataru Endo trifft nach einer Ecke. (Foto: Thomas Kienzle/Pool via REUTERS)

Der 36-Jährige, der in der Stuttgarter Meister-Saison 2006/2007 sein erstes und bis vor kurzem einziges Bundesligaspiel für den VfB machte, absolvierte am Samstag seinen dritten Bundesligaeinsatz. An ihm lag es nicht, dass es am Schluss sogar fünf Gegentreffer wurden, weil Philipp Klement (88.) und Daniel Didavi nachlegten (90.). Wohl aber lag es an Schiedsrichter Guido Winkmann, dass Stuttgart nicht die Chance bekam, per Elfer einen sechsten Treffer zu erzielen, nachdem Malick Thiaw Stuttgarts Silas Wamangituka im Strafraum gefoult hatte.

Der Stuttgarter Sieg fiel tatsächlich ein bisschen zu hoch aus

Andererseits hatte das im Sinne einer übergeordneten Gerechtigkeit vielleicht sogar seine Berechtigung, denn der Stuttgarter Sieg fiel dann doch ein bisschen zu hoch aus. Schalke hatte immerhin ein paar längere Ballbesitzphasen, Einstellung und Anlaufverhalten waren streckenweise okay und in ein, zwei Szenen hätte mit Glück auch ein Schalker Treffer fallen können. "Das war kein Spiel, das du 5:1 verlieren musst", ärgerte sich Shkodran Mustafi. "Aber wenn du dem Gegner solche Geschenke machst, wird es halt schwierig." Zu mehr als dem zwischenzeitlichen 1:3 (Sead Kolasinac/40.) reichte es nicht.

Und doch sah man eben auch in Stuttgart immer wieder, warum dieses Team einfach nicht konkurrenzfähig ist. So wurden im gegnerischen Strafraum gleich drei Mal besser postierte Kollegen übersehen. Was man vielleicht als Indiz dafür werten kann, dass so mancher Spieler bereits insgeheim eher an den eigenen Transfermöglichkeiten arbeitet als daran, dass sich dieses wirr zusammengestellte Kollektiv noch mit einigermaßen anständigen Ergebnissen aus einer Liga verabschiedet, der es seit 1991 ohne Unterbrechung angehört.

Schalke dementiert eine Spieler-Revolte

Zuletzt sollen einige Spieler den verzweifelten Versuch unternommen haben, außerhalb des Platzes für eine Wende zu sorgen. Sportvorstand Jochen Schneider, heißt es, habe den Vorschlag einiger Stammspieler abgelehnt, anstelle von Gross einen fünften Trainer für den Rest der Spielzeit einzustellen. Der Klub dementierte die Schlagzeilen mehrerer Medien offiziell, aber während Gross am Samstag ("Was da in den Medien steht, kann ich nicht nachvollziehen") vage blieb, ließen die Worte von Sascha Riether durchaus den Schluss zu, dass die Meldung von der versuchten Meuterei zutrifft. Es sei "normal, dass nach dem Derby und den letzten Wochen Spieler enttäuscht sind und Gesprächsbedarf haben", fand der Teamkoordinator, schränkte aber ein: "Da wird von Revolution gesprochen, und Revolution war da überhaupt nicht."

Eine Trainerdebatte scheint nach diesem Wochenende allerdings noch ein wenig sinnloser als davor. "Wenn wir so spielen und verteidigen wie heute, ist der Trainer die ärmste Sau", sagte Ersatztorhüter Langer. Nach Lage der Dinge wäre Schalke gut beraten, statt in erneute Abfindungszahlungen in einen Neustart in der zweiten Liga zu investieren.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

FC Bayern in der Einzelkritik
:Goretzka lädt den Akku auf

Der Mittelfeldspieler bereitet drei Tore vor, Thomas Müller braucht 30 Sekunden Eingewöhnungszeit, und Robert Lewandowski marschiert auf die 40 zu. Der FC Bayern gegen Köln in der Einzelkritik.

Von Martin Schneider

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: