Zweite BundesligaKöln ist mit sich und dem Keller zufrieden

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Schöner Sonntag in Gelsenkirchen: Die Spieler des 1. FC Köln freuen sich über das 3:1.
Schöner Sonntag in Gelsenkirchen: Die Spieler des 1. FC Köln freuen sich über das 3:1. (Foto: Christof Koepsel/Getty Images)

Der FC gewinnt das alte Derby bei Schalke 04 mit 3:1 – dank einer stimmigen Strategie, die dem Gegner noch fehlt. Aber auch deshalb, weil ein Anschlusstor der Gastgeber annulliert und deshalb keine spannende Schlussphase zustande kommt.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Eine knappe Stunde war gespielt, als die ersten Schalker Fans bereits in müder und geschlagener Haltung den Heimweg antraten. Manche setzten sich auch einfach vor das Stadion und starrten in ihr Mobiltelefon, ein Bild voller Schwermut. Den Tag hatten sie dazu ausersehen, großen Fußball in der Arena zu erleben, Schalke 04 und der 1. FC Köln trafen sich zum alten Derby zwischen Rheinland und Westfalen. Und wenn es auch nur noch die zweite Liga ist, so ist es doch am Sonntag ein Rahmen gewesen, den die folgende Erstligapartie Heidenheim gegen Augsburg nicht setzen kann.

Dass Schalke 04 aber wohl noch eine Weile im Käfig der zweiten Liga gefangen bleiben wird, das war nach zwei Dritteln der Begegnung mit dem FC nicht nur den Anhängern klar, die sich in Resignation abgewendet hatten. 3:0 lagen die Kölner vorn, am Ende hieß es 3:1, der angemessene Abstand zwischen Sieger und Verlierer. Die Kölner kombinierten gekonnt und fließend und profitierten dabei von einer Ordnung, in der jeder Spieler nicht nur seine eigene Aufgabe kannte, sondern auch die des Nebenmanns. Der Kölner Trainer Gerhard Struber lobte sich und sein Team: „Wir haben uns gut darauf vorbereitet, was hier auf uns zukommt. Viele Abläufe, die wir sehr viel trainieren, haben ineinandergegriffen.“

Die Schalker hatten ihre offensiven Momente, bildeten aber als Team keine strategische Einheit. Die ungenügende Deckung um den unruhigen Verteidiger Ibrahima Cissé tat ihr Übriges dazu. „Heute hatten wir keine gute Effizienz, wir hatten Möglichkeiten, es besser zu machen“, sagte S04-Coach Karel Geraerts.

Beinahe allerdings hätten die heimischen Fans, die das Weite gesucht hatten, doch noch erlebt, was sie bei der Ankunft erhofft hatten. Nach dem 1:3 durch Kenan Karamans Elfmeter schien sich die vermeintlich entschiedene Partie in einen Thriller verwandeln zu wollen, als Tobias Mohr in der 72. Minute einen Abpraller ins Netz beförderte. Seinen Treffer feierte der Schütze frenetisch, indem er auf das Wappen auf seiner Trikotbrust klopfte – Mohr hatte im Sommer erfahren, dass ihm die Vorgesetzten den Vereinswechsel nahelegten. Er gehörte zu jener Kohorte von Spielern und Mitarbeitern, auf die Schalke beim sportlichen Neuaufbau nicht mehr zählte, die Vereinsikonen Gerald Asamoah und Mike Büskens inbegriffen. Mohr kämpfte um sein Bleiben und gehört wieder zum Stammpersonal, und nun hatte er mit seinem Anschlusstor womöglich sogar eine Heldenlegende eingeleitet.

Gutes Kölner Timing: Maina trifft kurz vor der Halbzeitpause, Lemperle direkt danach.

Doch die schöne Geschichte von der Rückkehr in ein verlorenes Spiel endete am vereinten Nein der Instanzen. Schiedsrichterteam und Kölner Keller annullierten das 2:3. Mohr hatte beim vorangegangenen Schuss von Kenan Karaman knapp, sehr knapp im Abseits gestanden, das Tor kam nicht in die Wertung. Überhaupt waren die Kölner diesmal mit dem Keller in ihrer Stadt sehr einverstanden, denn er hatte zu ihrer Freude sehr genau hingesehen, in den entscheidenden Szenen war es sehr eng. „Die Details sprachen heute gegen uns“, sagte Geraerts und übertrieb bei seiner Inhaltsangabe allenfalls minimal: „Beim dritten Tor war ein Millimeter gut für die Kölner, bei unserem zweiten Treffer war ein Millimeter schlecht für uns.“

Auch Struber sagte die volle Wahrheit, als er betonte, sein Team habe „im richtigen Moment die Tore gemacht“. So richtig, dass es richtiger gar nicht geht. Linton Maina schoss das 2:0 kurz vor, Tim Lemperle das 3:0 gleich nach der Pause.

Vom psychologischen Effekt abgesehen waren es zwei Treffer, die das spielerische Vermögen einer gut eingespielten Kölner Mannschaft illustrierten. Auf eine Neuauflage des rheinisch-westfälischen Duells in ihrer Arena werden die Schalker Fans möglicherweise verzichten müssen, die Kölner verfügen über ein stabiles Team und sind ein seriöser Kandidat für den Wiederaufstieg. Es sieht so aus, als hätte die Transfersperre den Klub zu seinem Glück gezwungen. Struber setzt beharrlich auf die Absolventen der eigenen Nachwuchsschule, ein halbes Dutzend Ortskräfte standen auf Schalle im Team des FC. Dem Duett Lemperle und Damian Downs vertraut er seit dem ersten Spieltag die vorderste Angriffsreihe an, und ließ sich auch von einem problematischen Start und kritischen Stimmen nicht irritieren. Spätestens jetzt meckert niemand mehr.

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