1. FC Nürnberg:Zwischen Sauna und Nationalelf

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Zwei der vielen Nürnberger Jungen unter sich: Abdelhamid Sabiri (l.), 20 Jahre alt, erfreut sich mit Kevin Möhwald, 23 Jahre, am ersten seiner beiden Treffer in Heidenheim. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Nürnbergs Jungspunde um die beiden Torschützen Abdelhamid Sabiri und Patrick Kammerbauer entscheiden das Spiel in Heidenheim und beenden damit Befürchtungen eines Absturzes.

Von Christoph Ruf

Am Ende hatte Alois Schwartz irgendwann dann doch das dringende Bedürfnis, das viele Lob einzubremsen. Nachdem der Nürnberger Trainer selbst einige nette Sätze über die vier Jungspunde verloren hatte, die beim 3:2-Sieg in Heidenheim so überzeugend aufgetreten waren, galt es eine Warnung loszuwerden: "Ich habe schon viele Jugendnationalspieler gesehen, die später in der Landesliga gelandet sind", berichtete er. "Und einer macht heute im Kaiserslauterer Schwimmbad die Sauna-Aufgüsse."

Ob Patrick Kammerbauer, 19, Dennis Lippert, Abdelhamid Sabiri oder Lukas Mühl, alle 20, einmal in der Landesliga, in der Nationalmannschaft oder im Kaiserslauterer Schwimmbad landen werden, weiß man noch nicht mit letzter Gewissheit. Am Samstag landeten sie jedenfalls schon mal in der Nürnberger Startelf, wo sie prompt dafür sorgten, dass das auch jeder mitbekam.

Sabiri, der in der Hinserie noch im Nürnberger Regionalligateam gestanden hatte, erzielte die Treffer zum 1:0 und zum zwischenzeitlichen 3:1 und floskelte danach wie ein Alter über die große "Freude, dass ich der Mannschaft helfen durfte". Kammerbauer schoss den zweiten Nürnberger Treffer nach schönem Zusammenspiel mit Hanno Behrens und Tobias Kempe und machte seine Sache auf der rechten Abwehrseite ordentlich. Und auch die anderen beiden Jungen machten auf ihre Art ein paar große Schritte weg von der Karriereperspektive eines Masseurs und Medizinischen Bademeisters mit der Lizenz zum Aufguss im Lauterer "monte mare". Lukas Mühl trug auf der Sechs seinen Teil dazu bei, dass das Nürnberger Mittelfeld vor allem im ersten Durchgang feldüberlegen war. Und Dennis Lippert machte seine Sache auf der linken Abwehrseite so gut, dass Schwartz schon mal betonte, er werde keine Diskussion um Platzhalter Laszlo Sepsi führen. Nicht an diesem Tag jedenfalls, an dem seine persönliche Bilanz - erster Sieg im achten Spiel als Auswärtstrainer in Heidenheim - genauso erfreulich war wie die seiner Elf: Nach der verdienten Heimniederlage gegen Dresden in der Vorwoche hatten sich ja diejenigen bestätigt gesehen, die glauben, dass der Club ohne den nach Schalke gewechselten Burgstaller nun zwangsläufig Richtung unteres Tabellendrittel taumelt.

Doch das muss nicht unbedingt so laufen. In Heidenheim traten elf Spieler auf, die (außer bei den beiden Gegentreffern) stabil verteidigten und schon in der vorderen Reihe den Gegner unter Druck setzen. Wohlwissend, dass man ohne sehr viel Testosteron gegen die enorm großen, enorm zweikampffreudigen Heidenheimer keine Chance hat. Die Elf von Frank Schmidt - und das ist definitiv ein Kompliment - verkörpert schließlich positiv wie negativ all das, was man braucht, um in der zweiten Bundesliga eine gute Rolle zu spielen.

Mit 29 Jahren ist der Torwart Thorsten Kirschbaum der älteste Nürnberger in der Startformation

Am Samstag sahen die gut 2500 Clubfans allerdings eine Nürnberger Mannschaft, die mit Ausnahme der Heidenheimer Drangphase zwischen der 45. und der 65. Minute, so selbstbewusst und siegessicher auftrat, als sei sie als haushoher Favorit angereist - dabei war das Spiel des Zehnten beim Sechsten angepfiffen worden. Die selbstbewusste Körpersprache war umso bemerkenswerter, weil die Startelf ja derzeit nicht mehr viel mit der zu tun hat, die sich Schwartz und Sportdirektor Andreas Bornemann vor der Saison ausgemalt hatten. Zum einen galt es die verletzungs- und sperrebedingten Ausfälle von Miso Brecko, Dave Bulthuis, Edgar Salli, Tim Leibold, Patrick Erras und Ondrej Petrak aufzufangen, ohne die am Samstag wohl höchstens Lippert auf der Ostalb aufgelaufen wäre. Und zum anderen hat der FCN seinen Kader im Winter noch mal gründlich durchgefegt. Es gingen Jakub Sylvestr und Enis Alushi, worüber auf der Geschäftsstelle weit weniger getrauert wird als über den Weggang von Torjäger Burgstaller, der in der Hinrunde immerhin 14 der 30 Nürnberger Treffer erzielte und damit auch nach zwei Rückrundenspieltagen immer noch bester Torschütze der zweiten Bundesliga ist.

Mit dem Bruchteil der dadurch frei werdenden Mittel, die nicht in den Abbau der hohen Verbindlichkeiten fließen müssen, gönnte man sich vier Winter-Zugänge, von denen zwei (Mikael Ishak und Philipp Förster) wegen Verletzungen oder Trainingsrückstand in Nürnberg blieben und zwei (Lucas Hufnagel, Constant Djakpa) immerhin zu Kurzeinsätzen kamen.

Der ehemalige Frankfurter Djakpa, dessen Fitnesszustand noch keinen Einsatz über 90 Minuten zulässt, erhöhte dabei mit seinen 30 Jahren den Altersdurchschnitt der Club-Elf beträchtlich. Was wiederum den souveränen Keeper Thorsten Kirschbaum gefreut haben dürfte, der trotz des biblischen Alters von 29 Jahren sehr erstaunt wirkte, als er erfuhr, dass er der älteste Nürnberger Spieler in der Startelf gewesen war. "Ich hätte jetzt eher auf Georg Margreitter getippt", sagte er. "Der hat ja auch schon ein paar graue Haare."

© SZ vom 06.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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