1. FC Nürnberg:Schwerer als Zahnarzthelfer

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Blick voller Wut: Nürnbergs Trainer Michael Köllner (li.) schreit Schiedsrichter Bastian Dankert an. (Foto: Zink/imago)

Das 1:2 in Mainz zeigt erneut, dass Nürnberg Zugänge braucht.

Von Tobias Schächter, Mainz

Michael Köllner, 49, aus Fuchsmühl in der Oberpfalz hat in seinem Leben schon viel geschafft. Als einziger Mann unter 300 Frauen absolvierte er einst eine Ausbildung zum Zahnarzthelfer. Irgendwann entschied er sich aber, Fußballtrainer zu werden, und im Vorjahr schaffte er es mit dem 1. FC Nürnberg sogar in die Bundesliga. Aber seit 13 Spielen wartet der ehemalige Klosterschüler (ja, auch das!) schon auf einen Sieg. Am Samstag setzte es beim 1:2 in Mainz die sechste Niederlage hintereinander, Nürnberg ist mit nur elf Punkten Tabellenletzter - und auch in Mainz gab es auf dem Rasen nicht viel zu sehen, was Mut macht im Abstiegskampf. Aber der Trainer versuchte es trotzdem irgendwie.

"Ich bin nicht der Typ, der aufgibt, im Gegenteil, das macht mich noch schärfer", sagte Köllner also, und: "Wenn ich die Widrigkeiten umschiffen kann und die Mannschaft in der Liga halte, dann ist das mit nichts zu vergleichen, was ich je in meinem Leben geschafft habe."

Dabei kommt die Außenseiterrolle nicht überraschend für die Nürnberger. Sie stellen die mit Abstand unerfahrenste Mannschaft der Liga, den Klassenerhalt hielten schon vor Beginn der Saison nur notorische Optimisten für ein realistisches Ziel. Die Niederlage in Mainz zementierte die Rolle im Abstiegskampf. Eigentlich verbietet sich für Schlusslichter ja der Blick auf die Tabelle, den Nürnbergern aber sei er dringlichst empfohlen. Denn trotz der anhaltenden Negativserie ist die Mannschaft noch nicht abgeschlagen, der VfB Stuttgart auf Relegationsrang 16 hat nur drei Punkte mehr, der FC Augsburg auf dem ersten Nicht-Abstiegsplatz vier.

In fast allen Teilstatistiken, die die professionellen Datensammler zur Verfügung stellen, liegen die Nürnberger hoffnungslos hinter den anderen Teams zurück - in der entscheidenden aber, der Bundesligatabelle, liegt noch Hoffnung für die Franken. Und in der Unterstützung ihrer Fans. Auch am Samstag munterten die Anhänger die Spieler nach der Partie auf. Dieser Zusammenhalt war in der Vergangenheit in ähnlichen Situationen in Nürnberg nicht immer gegeben. Manager Andreas Bornemann weicht von seiner Jobgarantie für Köllner bislang nicht ab - wobei beide wissen, dass mit jeder neuen Niederlage die Zweifel wachsen. In Mainz goutierten die Fans aber eine Leistungssteigerung gegenüber dem fürchterlichen Auftritt zuletzt beim 1:3 gegen Berlin. Den frühen 0:1-Rückstand durch einen Foulelfmeter von Daniel Brosinski (12.; Behrens hatte Aaron gefoult) holten sie durch ein Kopfballtor von Georg Margreitter auf (43.).

Doch dann kippte die Partie zu Gunsten der Gastgeber ausgerechnet in einem Moment, als sich der FCN auf dem Weg zum ersten Auswärtssieg wähnte. In der 62. Minute schien Nürnberg mit 2:1 in Führung gegangen zu sein, aber auf Intervention des Video-Assistenten wurde der Treffer nach zwei Minuten doch zurückgenommen. Als Beweis diente die sogenannte "kalibrierte Abseitslinie" . Auf einem Bild war zu sehen, dass der vermeintliche Torschütze Adam Zrelak einen Fußbreit vor Abwehrspieler Alexander Hack im Abseits stand. Aber Vorlagengeber Tim Leibold war auf dem Bild nicht zu sehen - und damit auch nicht der Zeitpunkt der Ballabgabe, der für eine Abseitsentscheidung entscheidend ist.

Genau das bemängelte Köllner, der die Video-Assistenz durch diese Handhabung "ad absurdum" geführt sieht. Die Zurücknahme der vermeintlichen Führung sei für seine Mannschaft "ein schwerer Schlag gewesen", klagte der Trainer. Die Mainzer dominierten danach in der Tat klar, und Robin Quaison erzielte nach einem Ballverlust von Leibold und einem perfekten Konter den 2:1-Siegtreffer (73.).

Kämpferisch mag das zwar gepasst haben, was die Nürnberger darboten, ihre mangelnde spielerische Klasse aber war eklatant. Doch ob sich am Personal in der Winterpause noch etwas ändert, ist eher zweifelhaft. Nürnbergs Manager Andreas Bornemann sagte zu möglichen Zugängen: "Wir sind mit ein paar Themen unterwegs. Den Unterschiedsspieler in der Bundesliga können wir nicht bezahlen, deshalb werden wir kreativ sein müssen." Der umworbene Ex-Bundesligaprofi Ivo Ilicevic, 32, zuletzt in Kasachstan aktiv, dürfte aber nur bedingt das Zeug zum Hoffnungsträger haben.

© SZ vom 28.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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