FCN in der Bundesliga:Nürnbergs trügerische Ruhe

Michael Köllner

Der Nürnberger Trainer Michael Köllner hat viele Ideen - aber passen sie zu seiner Mannschaft?

(Foto: dpa)
  • Der 1. FC Nürnberg ist eigentlich ein klarer Abstiegskandidate in der Rückrunde der Bundesliga.
  • Doch die Franken glauben noch an sich, weil es anders als sonst ruhig im Verein bleibt.
  • Die Frage ist, ob Trainer Köllner ein passendes Spielkonzept findet.

Von Anna Dreher

Seine Prioritäten haben sich inzwischen verschoben. Das ist völlig okay, als ehemaliger Fußballprofi darf - und womöglich sollte - man sich auch mit anderen Themen beschäftigen, als nur über irgendein nächstes Elf-gegen- Elf nachzudenken. Aber Verbindungen bleiben natürlich bestehen, und Gedanken zum Befinden früherer Mitspieler und Vereine kommen auf, wenn es einen Anlass dazu gibt.

Raphael Schäfer jedenfalls war am Dienstag zu Gast im Studio von Sky Sport News HD und sprach über den 1. FC Nürnberg. Schäfer war 16 Jahre bei dem Bundesligisten Torwart, Kapitän und schließlich Torwartkoordinator zwischen Nachwuchs- und Profi-Abteilung. Er stieg 2004 und 2009 mit dem Club in die erste Liga auf und gewann 2007 mit Nürnberg das DFB-Pokalfinale gegen den VfB Stuttgart. Alles Zeiten, als die Welt für die Anhänger der Franken noch in Ordnung war.

In dieser Saison ist sie das fußballerisch überhaupt nicht.

"Das ist eine sehr unerfahrene Mannschaft mit einem unerfahrenen Trainer. Dann kommen halt nur elf Punkte raus", sagte Schäfer sehr ernst im Fernsehstudio. Die vergangenen Spiele seien eher ein Rückschritt als ein Fortschritt gewesen. Man könne schlecht behaupten, dass da vieles richtig gemacht wurde in der Hinrunde. Diese Aussage war auf Michael Köllner bezogen. Selbstkritischer, meint Schäfer, solle Nürnbergs Trainer sein: "Bisschen mehr darauf eingehen, was kann die Mannschaft, was kann der 1. FC Nürnberg leisten. Und eine Spielphilosophie entwickeln, die zu dieser Mannschaft passt."

Das ist tatsächlich eine Frage, die sich Köllner in der Rückrunde genauer und konsequenter stellen muss: Wer steht da auf dem Platz, und welches System passt zu der jeweiligen Mannschaft? Und: Finde ich so etwas wie ein Gerüst an Spielern, das ich unabhängig vom Gegner aufstelle und das eine gewisse Sicherheit auch in schwierigen Situationen bringt? Bisher ist Köllner das nicht gelungen, was auch an der fehlenden Bundesliga-Tauglichkeit mancher Spieler liegt, an der sich zur Rückrunde kaum etwas ändern dürfte.

Nürnberg steht mit der schwächsten Defensive und der zweitschwächsten Offensive mit elf Punkten bei nur zwei Siegen ganz am Ende der Tabelle. Es ist ein Szenario, das von Anfang an gut vorstellbar gewesen ist für den Aufsteiger und mit dem er sich eigentlich auch arrangieren kann. Nur eben nicht in dieser doch etwas niederschmetternden Form.

Kaum Erfolge im Winter

Dass die Winterpause eine Chance gewesen sein könnte, sich zu besinnen und im Trainingslager neue Kraft zu finden, diese Hoffnung ist inzwischen auch etwas kleiner geworden. Ein Erfolgserlebnis gab es nach den intensiven Einheiten nämlich nicht: Der Club spielte 1:1 gegen den niederländischen Erstligisten PEC Zwolle und verlor 1:2 gegen den belgischen Erstligisten Royal Excel Mouscron. Christian Mathenia stand erstmals nach seiner Knieverletzung wieder bei einem Spiel im Tor, zumindest das war eine gute Nachricht. Abschlussstärke oder defensive Stabilität aber scheinen auch in Spanien nicht gefunden worden zu sein. Dabei braucht die Mannschaft diese Eigenschaften doch so dringend.

Das Ziel ist bei aller gesunden Selbsteinschätzung ja klar, eigentlich ist es eher ein Wunsch: Der 1. FC Nürnberg würde wie die anderen abstiegsbedrohten Vereine sehr gerne in dieser Liga bleiben, die er bis Ende der Achtzigerjahre als deutscher Rekordmeister prägte, ehe er sich dann vor allem mit dem Titel Fahrstuhlmannschaft schmücken musste. Eine solche möchte der Club nun wirklich nicht mehr sein. Die Ruhe, mit der die Nürnberger ihrer gegenwärtigen Situation begegnen, ist daher umso erstaunlicher.

Wenn Kritik an Köllner laut wird, dann kommt diese von Fans oder aus dem erweiterten Umfeld - auch wenn es, wie im Fall von Raphael Schäfer, gute Bekannte sind, die Personalpolitik oder Spielphilosophie in Frage stellen. Intern? Wird, wenn überhaupt, leise moniert. Der Club möchte zeigen, dass er sich auch mal nicht wie der Club verhalten kann und in Krisenzeiten gleich mit einer Trainerentlassung reagiert; dass er einen eingeschlagenen Weg auch mal weiter geht, wenn es nicht so läuft - den Weg mit Köllner. Weil es der 49-Jährige mit fußballerischen Lösungen versucht und weniger Pragmatiker ist, wie es beispielsweise Dieter Hecking war, ist der Zuspruch für ihn auch groß gewesen - und nun eben nicht sofort verschwunden.

Diese erstaunliche Ruhe in Nürnberg entspringt zwar durchaus auch der finanziellen Situation, weil der Club nun mal nicht darüber nachdenken kann, einen Spieler für 80 Millionen Euro zu verpflichten. Und das in diesem Winter auch in sehr viel kleinerer Dimension bisher nicht getan hat. Sie entspringt aber vor allem der Überzeugung, den Klassenverbleib eben doch noch irgendwie hinzubekommen. Das Problem ist nur, dass Köllner bisher unter seinen vielen Ideen nicht die richtigen für diese Mannschaft in dieser Liga gefunden hat. Viel Zeit bleibt nicht mehr. Am Sonntag kommt Hertha BSC.

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