1. FC Nürnberg:Die Nacht von Renchtal

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Gefährt des Anstoßes: Martin Bader vor dem Mannschaftsbus, den er nach dem 3:6 in Freiburg zu einem Treffen mit Anhängern beorderte. (Foto: Zink/Imago)

Nürnbergs umstrittener Sportvorstand Martin Bader tritt ab - er scheitert auch an der Nähe zu den Ultras, die ihm den Rücken stärkten.

Von Markus Schäflein

Martin Bader hatte vieles überstanden beim 1. FC Nürnberg. Schon nach dem Abstieg aus der Fußball-Bundesliga vor einem Jahr stand der Sportvorstand vor dem Aus, bei der vergangenen Mitgliederversammlung fiel eine Opposition gegen ihn durch, selbst den Machtkampf mit Trainer René Weiler und Abteilungsleiter Wolfgang Wolf bekam er in den Griff. Doch nun wurde es Bader zu viel, er zieht sich zurück. "In den vergangenen Wochen war der Druck in der Öffentlichkeit für den Verein und meine Person belastend", erklärte er, "der Club muss sowohl nach außen als auch nach innen handlungsfähig bleiben." Bis zum 30. September, so ist es vorgesehen, soll Bader noch weiter arbeiten.

Als sich Bader, 47, und der Aufsichtsrat des Vereins am Donnerstag auf eine "einvernehmliche Trennung" geeinigt hatten, gab es zum Abschied viele warme Worte - schließlich hatte der Sportvorstand, der den Verein seit dem Rücktritt von Präsident Michael A. Roth in der Öffentlichkeit vertrat wie kein anderer, auch erfolgreiche Tage in Nürnberg - wie etwa den DFB-Pokalsieg 2007. Bader habe den Club "in den vergangenen elf Jahren geformt, geprägt und in ganz vielen Bereichen nach vorne gebracht", sagte Aufsichtsratschef Thomas Grethlein. "Er war beruflich wie auch menschlich eine Bereicherung und wird hier beim Club immer freundschaftlich empfangen werden." Und selbst Aufsichtsrat Günther Koch, seit Jahren einer der großen Kritiker Baders in dem Gremium, teilte - mit nur winzigem Seitenhieb - mit: "Herrn Bader gilt mein Respekt und mein Dank sowohl für diese seine späte Entscheidung als auch für die in vielen Jahren zuvor geleistete gute Arbeit."

Über die Modalitäten hatten sich Bader und die Räte bei früheren Anlässen wohl schon verständigt

Angesichts des anhaltenden sportlichen Misserfolgs der vergangenen zwei Jahre und der immer größer werdenden Opposition im Verein und im Umfeld waren es stets maßgeblich viele der Ultras, mit denen der Sportvorstand eine funktionierende Zusammenarbeit erreicht hatte, die ihm immer wieder den Rücken stärkten - viele von ihnen sind wahlberechtigte Vereinsmitglieder. Aufsichtsrats-Kandidaten, die Bader genehm waren, stellten sich vor Wahlen den Ultras gerne mal persönlich vor. Nun scheiterte Bader just auch an jener Nähe: Nach der 3:6-Niederlage zum Auftakt hielt der Mannschaftsbus auf dem Heimweg an der Raststätte Renchtal an der A5; die Ultras hatten die Mannschaft zu einer Lagebesprechung gerufen, Bader veranlasste den außerplanmäßigen Stopp.

So standen also Trainer René Weiler, Kapitän Jan Polak, Guido Burgstaller, Thorsten Kirschbaum und Bader 40 Minuten lang bei den Anführern der Ultras, um zu debattieren. "Wir haben das über uns ergehen lassen", sagte Trainer Weiler, "natürlich wären wir lieber eine dreiviertel Stunde früher zu Hause gewesen." Auch die lokale Presse berichtete plötzlich in ungewohnter Deutlichkeit über die bemerkenswerte Symbiose zwischen dem Vorstand und den Kurvenfans. Das setzte den Aufsichtsrat um Grethlein, einen bislang treuen Weggefährten Baders, unter großen Druck. Dass die Trennung so schnell vollzogen werden konnte, lag daran, dass Bader nicht zum ersten Mal vor einem Rückzug stand - über die Modalitäten einer Trennung hatte man sich bei früheren Anlässen wohl schon verständigt.

Der Fanrat des Vereins erklärte am Donnerstag in einer ellenlangen Erklärung zu den Umständen der Nacht von Renchtal, der Sportvorstand habe das Treffen nicht initiiert, und ergänzte noch: "Martin Bader hat uns weder gebeten noch gezwungen, diese Zeilen zu schreiben." Das kam allerdings zu spät - das Fass war schon übergelaufen. Nun sucht der Aufsichtsrat einen neuen Sportvorstand, Kandidaten gibt es, die möglicherweise schon vor dem 30. September antreten könnten. Zudem stellt sich die Frage, ob der Aufsichtsrat nochmals einen Vorstand für "Sport und Öffentlichkeitsarbeit" installieren will, nachdem sich diese Melange als eher ungünstig erwies - oder ob er für die Zukunft zwei verschiedene Posten schafft.

Übrigens gab es am Donnerstag auch mal wieder eine sportliche Nachricht vom Valznerweiher: Miso Brecko vom Bundesligisten 1. FC Köln nahm bereits am Training teil, was der Club auch sofort via Twitter im Internet verbreitete. Damit war der lange gesuchte Rechtsverteidiger gefunden - der Norweger Martin Linnes von Molde FK war wochenlang im Gespräch gewesen, doch nun ging es schneller als gedacht mit dem Ersatzkandidaten - Brecko, 31, der in Köln noch einen Vertrag bis 2016 hatte und mithin Ablöse gekostet haben dürfte, könnte bereits an diesem Freitag (18.30 Uhr) im Heimspiel gegen Heidenheim die verwaiste rechte Seite der Viererkette besetzen.

Mindestens genauso spannend wird allerdings die Frage sein, wie die Fans im Frankenstadion auf Baders Abschied reagieren.

© SZ vom 31.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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