FC Liverpool:Ein Schalker soll die Bayern stoppen

Premier League - Joel Matip vom FC Liverpool im Spiel gegen AFC Bournemouth

Im Sommer 2016 war Joël Matip Jürgen Klopps zweiter Transfer beim FC Liverpool.

(Foto: Action Images via Reuters)
  • Aufgrund einer Reihe von Ausfällen ist der ehemalige Schalker Joël Matip der letzte einsatzfähige Innenverteidiger der Reds gegen die Bayern.
  • Auch Matip selbst ist nach seinem Schlüsselbeinbruch erst vor kurzem wieder genesen.
  • In den letzten vier Ligaspielen stand Matip jeweils in der Startelf. Er bringt Ruhe in die Mannschaft.

Von Sven Haist, Liverpool

Im fünftägigen Trainingslager des FC Liverpool in Marbella, Spanien, ist Jürgen Klopp nicht auf Joël Matip zugekommen mit dem Angebot, sich einfach nur in die Sonne zu legen. Auf diese Weise hätte Klopp zwar ausschließen können, dass sich die Reihe an Ausfällen in der Abwehr fortsetzt, die den punktgleichen Tabellenführer der Premier League zuletzt in Sorge versetzt haben. Aber genau deshalb braucht Klopp ja Matip jetzt.

Sofern er nicht noch mit dem falschen Fuß aus dem Bett steigt, ist Joël Matip, 27, Liverpools einziger einsatzfähiger Innenverteidiger für das Achtelfinal-Hinspiel der Champions League am Dienstag gegen den FC Bayern. Neben dem gesperrten niederländischen Abwehrchef Virgil van Dijk fällt Joe Gomez aufgrund eines komplizierten Unterschenkelbruchs aus, den er sich im Ligaspiel in Burnley im Dezember zugezogen hatte.

Immerhin eine Resthoffnung auf eine Last-Minute-Rückkehr bestand zuletzt bei Dejan Lovren. Der an muskulären Problemen im Oberschenkel laborierende kroatische WM-Zweite ließ sich in der Heimat in der Vorwoche von einem Spezialisten behandeln. "Falls Dejan sagt, 'Ich fühle mich brillant', würde ich überlegen, aber ich kann damit nicht wirklich planen", sagt Klopp, der Trainer.

Auch Matip selbst ist erst kürzlich wieder genesen

Seit sechs Wochen hat Lovren kein Spiel mehr für Liverpool bestritten, weshalb die Innenverteidigung, die momentan neuralgische Stelle der Reds im Duell mit dem deutschen Rekordmeister, aus Matip und dem gelernten Mittelfeldspieler Fabinho bestehen dürfte. Die Außenseiten der Viererkette werden wohl wieder die meist gesetzten Trent-Alexander Arnold und Andrew Robertson übernehmen. Im Januar probte Fabinho beim Sieg in Brighton neben van Dijk in der Zentrale, mit Matip hat er allerdings bislang in keinem Pflichtspiel zusammen agiert.

Auch am Wochenende gab es dazu keine Gelegenheit, weil Liverpool durch das frühe Pokalausscheiden auf der Insel spielfrei hatte (was den Trip nach Spanien möglich machte). Und auch Matip selbst ist ja erst kürzlich wieder genesen; danach stand er in den vergangenen vier Ligaspielen in der Startelf.

Im finalen Gruppenspiel der Königsklasse gegen Neapel vor Weihnachten hatte er sich in der Nachspielzeit nach einem Luftzweikampf das Schlüsselbein gebrochen. Durch eine Operation, bei der ihm eine Platte zur Stabilisation eingesetzt wurde, verkürzte sich die Ausfallzeit auf einen Monat. Auskunft zu seiner Verfassung gibt er im Telefongespräch, in dem er genauso überlegt redet, wie er auf dem Platz handelt. "Das Schlüsselbein ist komplett schmerzfrei. Die Reha lief perfekt, ich kann mich einwandfrei bewegen. Als Test habe ich Mattensprünge auf die betreffende Stelle absolviert", sagt Matip. Durch die Abwesenheit seiner Kollegen gelang es ihm zuletzt, sich in den Vordergrund zu spielen, nachdem er im Herbst hinter van Dijk, Gomez und Lovren in der Hierarchie zurückgefallen war.

Selbst in der Premier League kommt Matip fast ohne Verwarnungen aus

Als zweiter Transfer in der inzwischen schon dreijährigen Amtszeit von Klopp war Matip im Sommer 2016 ablösefrei aus Gelsenkirchen nach Liverpool gekommen. "Das war eine Chance für mich. Allerdings habe ich nicht gesagt: super und weg. Als Schalker Junge bin ich durch Hochs und Tiefs gegangen. Das lässt man nicht einfach hinter sich." Aus der Nachwuchsakademie des Vereins kommend, in der ihm der bekannte Jugendcoach Norbert Elgert den letzten Schliff verlieh, gelang ihm mit 18 Jahren sein Profidebüt unter Felix Magath. In sieben Jahren absolvierte der gebürtige Bochumer über 200 Spiele für Schalke. Mit seiner zurückhaltenden Art bildete er einen auffälligen Kontrast zum stets aufgeregten Revierklub. Wie jetzt in Liverpool.

Bei den Reds ist Matip zum Ruhepol innerhalb des Teams geworden, wenn um ihn herum - speziell bei Heimspielen in Anfield - mal wieder der Wahnsinn losbricht. Er sei kein Mensch, der ständig aus sich heraus gehe und überemotional sei, versichert Matip, wenngleich ihm die Begeisterung der Fans natürlich Respekt abnötige. Seine unaufgeregte Spielweise, basierend auf einer schnellen Auffassungsgabe, hilft, das offensive Anrennen der Mitspieler nach hinten abzusichern. An der Fähigkeit, oft auf Anhieb zu erkennen, welche Laufwege die gegnerischen Stürmer ergreifen werden, arbeitete speziell Elgert mit ihm in der U19 - "Umgebungskontrolle" nannten sie das. "Als Innenverteidiger bin ich die vorletzte Instanz im Team. Wenn mir da das Bein wackeln würde, kann das schnell nach hinten losgehen", sagt Matip.

Im kraftvollen Inselfußball hat der ehemalige kamerunische Nationalspieler auch gelernt, sich in den Zweikämpfen zur Wehr zu setzen - und sich dennoch sein für einen Verteidiger faires Vorgehen bewahrt. Selbst in der Premier League kommt Matip fast ohne Verwarnungen im Spiel aus. "Nur weil ich selbst einstecken muss, bin ich keiner, der deswegen extra austeilt", sagt er. "Wenn der Gegner wie beim Wrestling allerdings in den Zweikampf geht, muss ich ja ebenso in den Mann springen - sonst verliere ich den Ball."

Die Zuverlässigkeit, immer dann da zu sein, wenn er gebraucht hat, rückt ihn nun vor dem Duell mit dem FC Bayern ins Blickfeld - auch, wenn ihm selbst das gar nicht so wichtig ist.

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