1. FC Köln: Volker Finke:Der Besuch der alten Liebe

Sportdirektor Volker Finke lebt sich beim 1. FC Köln ein - seine Loyalität wird jedoch auf eine harte emotionale Probe gestellt. Denn am Samstag kommt es ausgerechnet zum Duell gegen seinen alten Herzensklub aus Freiburg.

Philipp Selldorf

In einigen Tagen wird Volker Finke seinen Vertrag unterzeichnen, über die Laufzeit und die Konditionen hat er nichts verraten, aber er ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis. "Wir behandeln Köln wie Tokio", kommentiert er das Verfahren, was aber nicht bedeutet, dass er sich vom 1. FC Köln für seine Tätigkeit als Sportdirektor in Yen entlohnen lässt, denn der Vertrag, um den es geht, ist sein Mietvertrag.

1899 Hoffenheim v 1. FC Koeln - Bundesliga

Gewöhnt sich an seine neue Umgebung in Köln: Sportdirektor Volker Finke.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Volker Finke wird jetzt ein ordentlicher Kölner Bürger, wenngleich er seine Wohnung in Freiburg als stillen Stammsitz behält, so wie er es in seiner Zeit als Trainer bei den Urawa Red Diamonds in Japan gehandhabt hat.Freiburg bleibt somit ein Fixpunkt in seinem Leben, ein Grund mehr, warum die nächste Partie des FC kein gewöhnliches Punktspiel ist für ihn.

Die Begegnung mit dem Sportclub am Samstag in Müngersdorf werde "viele Jahre mit wunderschönen Erlebnissen" wachrufen, ahnt Finke, "es ist ein besonderes Spiel für mich", und dieses gefühlsmäßige Zugeständnis ist für seine Verhältnisse schon fast ein spektakuläres Bekenntnis. Von der Show der Emotionen im Fußball hält er ja nicht viel.

In Freiburg war Finke 16 Jahre der Generalintendant eines Klubs, der es unter seiner Regie schaffte, konstant über seine Verhältnisse zu leben - ohne sich dabei zu verkaufen oder zu verausgaben. Dass sein Klub, den er in Zweitligazeiten verließ, inzwischen auch ohne ihn zurechtkommt, dass er sogar auf dem besten Weg ist, sich fürs nächste Jahr in der ersten Liga zu qualifizieren, das sieht Finke mit Sympathie. "Ich finde es als Fan gut, wenn Freiburg das schafft", sagt er, weist aber diskret darauf hin, dass sein Werk als Baumeister im Breisgau immer noch Bestand habe.

"Die Investitionen damals haben sich offensichtlich gelohnt", sagt er und unterlässt auch nicht die Anmerkung, dass er dem Sportclub bei seinem Weggang 2007 eine Menge Startkapital für die neue Ära hinterlassen habe. Er meint Transfererlöse für Roda Antar, Karim Matmour, Dennis Aogo, Jonathan Pitroipa oder Youssef Mohamad, den er jetzt in Köln wiedergetroffen hat. "Eine halbe Bundesligamannschaft", wie Finke feststellt.

Als Sportdirektor beim FC hat er jetzt ein neues Leben begonnen. Er ist zwar weiter verantwortlich fürs Ganze, aber seine Arbeitsweise muss er trotzdem modifizieren, "ich finde es mehr als legitim, mich als Azubi zu bezeichnen", gibt er zu, es gebe "leider keine Kammer, die ein Diplom als staatlich anerkannten Sportdirektor vergibt". Er muss also lernen, seinen berühmten und auch berüchtigten Gestaltungsdrang und seine Ansichten zur sportlichen Lehre zu teilen, was vor allem den Cheftrainer betrifft. "Frank Schaefer und ich schmeißen sozusagen alles in einen Topf", erläutert Finke.

Ausbildungsprogramm mit Gefühlen

Anlass für Korrekturen hat Schaefer ohnehin nicht gegeben, seine Bilanz als Nachfolger des schweigsamen Zvonimir Soldo sind fundierte Reformen und ein effektiver Aufschwung. "Der Trainer hat nach dem Wechsel die richtigen Impulse gegeben, die Mannschaft arbeitet inzwischen deutlich besser zusammen", lobt Finke. Erkundigungen über einen neuen Vertrag für den bis zum Saisonende verpflichteten Schaefer oder eine Jobzusage für den Fall des Abstiegs weist er trotzdem zurück. Er findet, dass man jetzt darüber nicht reden müsse.

Volker Finke

Bei seinem letzten Spiel als Trainer in Freiburg: Volker Finke im Mai 2007.

(Foto: AP)

Wie Finke, Köln und die Kölner miteinander auskommen, wird sich noch erweisen. Aus der Ferne hat er seinen neuen Wohnsitz "als ganz emotionale Fußballstadt" wahrgenommen, in der das Schwanken der Gefühle "besonders krass" ausfällt. Das Beherrschen solcher Verhältnisse gehört zweifellos zu seinem Ausbildungsprogramm, woraus sich auch das Ziel seines Schaffens ergibt.

Über Jahre hinweg sei der FC gemäß seiner Möglichkeiten "nicht marktgerecht eingelaufen", das will er ändern: "Ich finde, der 1.FC Köln ist ein Verein, der nicht jedes Jahr um den Klassenerhalt spielen sollte", meint er.

Was nicht bedeuten soll, dass mitten im Abstiegskampf die nächste Europacup-Kampagne ausgerufen wird. Diese Zeiten des Übermuts und der Selbstüberschätzung sind vorbei, wenngleich die Klubführung in den Tagen nach Soldos Beurlaubung angeblich darüber nachgedacht hat, Ruud Gullit als Nachfolger gewinnen zu wollen. Finke möchte den Klub "im Mittelfeld der Liga", zwischen Platz sieben und zwölf etablieren, "darin sehe ich meine Aufgabe, und darauf habe ich Lust".

Seine Erfahrungen aus Japan sollen ihm dabei helfen. Demut, Gelassenheit und Geduld habe er dort gelernt, behauptet Volker Finke. Diese Eigenschaften werden, wenn nicht am Samstag beim Wiedersehen mit dem Sportclub, dann spätestens am Montag auf die Probe gestellt. Dann ist die Karnevalssitzung des 1. FC Köln, seine erste Begegnung mit den exotischen Bräuchen in seiner neuen Heimat. "Da bin ich ganz neugierig", sagt Finke.

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