1. FC Köln sucht neuen Sportdirektor:Wer oder was ist ein Fußball-Manager?

Beiersdorfer oder Poschner, Rettig oder Illgner - Sakko oder Sporthose: Der 1. FC Köln fahndet nach einem Nachfolger von Volker Finke. Dabei stellen sich zwei Grundsatzfragen, die sei längerer Zeit auch die DFB-Spitze beschäftigen: Was ist überhaupt ein Sportdirektor? Und wo kriegt man den her?

Christof Kneer

Für die Manager der Fußball-Bundesliga war es eine ganz normale, wahnsinnige Woche. Ein paar von ihnen mussten sich wieder fürchterlich aufregen, der Dortmunder Michael Zorc etwa, der den Berater des Spielers Lewandowski für öffentlichen Gehaltspoker rügte, oder der Bremer Klaus Allofs, der vom DFB-Kontrollausschuss "mehr Souveränität erwartet" hätte, vermutlich in Form eines Freispruchs für den Spieler Pizarro.

Der Nürnberger Martin Bader empfand es als seine Aufgabe, den auf der Bank herumgrummelnden Spieler Pinola zur Räson zu rufen, wobei er sich des beliebten Duos Zuckerbrot ("sind froh, dass wir ihn haben") und Peitsche ("ist eine Leistungsgesellschaft") bediente.

Ansonsten? Das Übliche. Der Mainzer Christian Heidel musste sich auf branchenübliche Gemeinplätze flüchten ("Es gibt kein Angebot für den Spieler Ujah"), was wohl bedeutet, dass es ein Angebot für den Spieler Ujah gibt. Der Augsburger Andreas Rettig durfte die Perspektiven des FC Augsburg loben (den er verlässt), der Lauterer Stefan Kuntz stützte den angeschlagenen Trainer Kurz (der den FCK nicht verlassen soll).

Ja, und Dietmar Beiersdorfer, der kam am Donnerstagabend um 23.18 Uhr mit dem ICE in Köln an, mit sechs Minuten Verspätung.

Beiersdorfer, 48, hat keinen Klub im Moment, aber das könnte sich bald ändern. Es wird auch langsam Zeit, seit seinem Abschied beim HSV im Juni 2009 ist er raus aus der Liga, die Branche vergisst schnell. Sein Anschlussjob als Fußballchef bei Red Bull gilt kaum als satisfaktionsfähig, weshalb ihm keiner verdenken kann, dass er nun sogar bereit ist, sich auf den 1. FC Köln einzulassen.

"Ein Informationsgespräch" habe er geführt, räumte Beiersdorfer am Freitag ein. Wird er also Manager beim FC, als Nachfolger von Volker Finke? Das kann gut sein. Hätte der 1. FC Köln die Stelle damit adäquat besetzt? Das weiß keiner so genau, am wenigsten der 1. FC Köln.

Der FC ist eher nicht für klare Jobprofile bekannt, dennoch ist es kein Kölner Phänomen, dass die Suche nach einem Manager so schwer fällt. Wer sich durch die Online-Galerien der Kölner Zeitungen klickte, der hatte das Problem bildhaft vor Augen.

In der Kandidatenleiste standen da nebeneinander: Beiersdorfer, ein gewesener Innenverteidiger, der im Sakko nicht verkleidet wirkt; daneben Frank Schaefer, der "Koordinator Talentförderung", zu kurzer Berühmtheit gelangt als Übergangstrainer und Vertrauter des heiligen Poldi; wiederum daneben Andreas Rettig, ein seriöser Haushälter, der allerdings in einem Bundesliga-Stadion noch nie in kurzen Sporthosen gesichtet wurde; und schließlich Bodo Illgner, der bisher ausschließlich in kurzen Sporthosen gesichtet wurde und zu kurzer Berühmtheit gelangte, weil ihm ein Engländer bei der WM 1990 einen Elfmeter ans Knie donnerte. Illgner hat sich selbst ins Gespräch gebracht. Er ist viel länger raus als Beiersdorfer, aber auch er will wieder zurück - wie Gerhard Poschner, einst Spielmacher in Stuttgart und Dortmund, ein lässiger Typ mit interessanter Vita.

Seinen Job als Generaldirektor bei Real Saragossa hat Poschner 2010 gekündigt, es war ihm zu chaotisch dort, seitdem berät er ein paar Klubs seines Vertrauens. Poschner taucht nicht auf in den Online-Listen, aber vor 15 Monaten, vor Finke, hat er mal "intensive und gute Gespräche" mit den Kölnern geführt, wie er bestätigt. "Ob ich aktuell ein Kandidat bin, kann ich nicht sagen." Auch das ist gehobenes Managerdeutsch: Er sagt nicht, dass er kein Kandidat ist.

Sammer erkennt "Entwicklungspotential"

Wer oder was ist ein Sportdirektor? Und: Wo kriegt man den her? Der kleine Blick in die (angebliche) Bewerberkartei zeigt, "dass dieser Job nach wie vor nicht definiert ist", wie DFB-Sportdirektor Matthias Sammer sagt. Der Job, dem Uli Hoeneß Gesicht und Körper gab, wird heute ebenso selbstverständlich von Ex-Profis wie Ex-Trainern ausgeübt, von Ex-Vermarktern oder Ex-Jugendleitern.

Manche nennen sich Manager, manche Sportdirektor, wieder andere Geschäftsführer Sport. Manche sitzen im Vorstand und sind die Chefs ihrer Trainer, andere agieren auf gleicher Höhe - wie Manfred Paula, den der FC Augsburg als einen von zwei Rettig-Nachfolgern präsentiert hat. Er kommt aus der hauseigenen Nachwuchsabteilung und soll Trainer Luhukay gleichberechtigt zuarbeiten.

Es ist kein Wunder, dass die Strategen der Branche sich an diesem Wildwuchs stören, zumindest jene, die selbst über einen komfortablen Job verfügen. Nationalelf-Manager Oliver Bierhoff hat gerade eine Manager-Lizenz ins Gespräch gebracht und von den Liga-Managern teils wohlwollende, teils spöttische, teils entrüstete Kommentare geerntet.

Auch Sammer erkennt "Entwicklungspotential", obwohl er weiß, "dass unterschiedliche Vereinsstrukturen unterschiedliche Wege zulassen. Das muss auch so sein, man darf nicht alle über denselben Kamm scheren." Dennoch erneuert er seinen Wunsch, "dass Sportdirektoren über eine Trainerlizenz verfügen sollten" - was immerhin (oder nur) neun von 18 Erstliga-Managern für sich reklamieren können.

"Ein sportlicher Leiter muss in der Lage sein, mit dem Trainer auf Augenhöhe zu diskutieren, es reicht meines Erachtens nicht, wenn man selbst Spieler war", sagt Sammer, "und eine zweite kompetente Stimme im Klub schützt den Trainer eher, sie nimmt ihm nichts weg." Ins Ressort des Managers dürfe nicht nur der An- und Verkauf von Linksverteidigern fallen, "es geht um die Leitlinie eines Klubs, die sich bis zu den Jugendtrainern und Jugendteams hinunterzieht".

In Köln wollen sie bald entscheiden, wer bei ihnen künftig auf die Linie achtet, und es heißt, dass sie auch in Hoffenheim und Berlin, wo Ernst Tanner und Michael Preetz in der Kritik stehen, den Managermarkt prüfen. Bodo Illgner dürfte das interessieren.

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