FC Ingolstadt:Schockierte Hasen

14.11.2020, xbrx, Fussball 3.Liga, SV Waldhof Mannheim - FC Ingolstadt 04 emspor, v.l. enttaeuscht, enttaeuscht schauend

Zu gerne hätte man mehr erfahren: FCI-Trainer Tomas Oral wirkte nach dem Spiel angesäuert.

(Foto: Bjoern Reichert/imago)

Der FCI hechelt in Mannheim erst dem Gegner und dann einem 0:3-Rückstand hinterher - die Aufholjagd in der letzten halben Stunde misslingt.

Von Christoph Ruf

Es kommt nicht oft vor, dass eine Mannschaft von ihrem Trainer für ihre "Super-Moral" gelobt wird, wenn sie gerade ein Spiel 1:4 verloren hat, in das sie als Favorit gegangen war. Doch die Worte von Ingolstadts Trainer Tomas Oral waren am Samstag so deplatziert nicht, zumal die Partie wirklich "mit zwei Toren zu hoch ausgefallen" war. Ärgerlich war die Niederlage natürlich trotzdem. Zum einen, weil der FCI zuvor fünf Spiele nicht verloren hatte und aus gutem Grund Richtung zweite Fußball-Bundesliga schaut. Und zum anderen, weil man sich in dieser Drittliga-Spielzeit sieben, acht Mannschaften gut als Aufsteiger vorstellen könnte. Darunter befinden sich neben Ingolstadt in Türkgücü München und Saarbrücken auch zwei Aufsteiger - und Waldhof Mannheim, das schon unter dem jetzigen Würzburger Coach Bernhard Trares ambitioniert Fußball spielte und unter dessen Nachfolger Patrick Glöckner noch einen Tick schneller wirkt.

Nach vielversprechendem Ingolstädter Beginn entwickelte sich ein Hase-und-Igel-Spiel, bei dem die Schanzer die Tiere ohne Stacheln waren. Die Waldhöfer, die sich nach eigener Einschätzung einem "Highspeed-Fußball" (Glöckner) verschrieben haben, tobten sich bis zur Halbzeit in Räumen aus, in die die Ingolstädter erst mühsam hecheln mussten. Dass sich FCI-Mittelfeldspieler Rico Preißinger nach einer Viertelstunde so schwer an der Schulter verletzte, dass er in ein Mannheimer Klinikum gefahren werden musste, hob die Moral seiner Mitspieler auch nicht eben. "Wir haben gut angefangen, die Verletzung von Preißinger war dann ein Schockmoment", sagte Oral, der gegen Ende der ersten Hälfte "froh war, dass wir nicht noch einen gekriegt haben."

Der zwischenzeitliche 0:3-Rückstand nach Toren von Garcia (24.), Marcel Costly (35.) und Dominik Martinovic (63.) sprach dennoch eine deutliche Sprache. Wäre die Partie zu diesem Zeitpunkt abgepfiffen worden, hätte man konstatieren müssen, dass die Ingolstädter Mannschaft nicht in der Lage war, einen Gegner einzuhegen, der Schnelligkeit mit Ballsicherheit paart und auf schnelle Kombinationen setzt. Die Mittel der Schanzer - individuelle Qualität und langer Schlag auf den 1,94 Meter großen Stefan Kutschke - wirkten im Vergleich dazu leicht zu durchschauen. Waldhofs Costly sagte: "Die spielen gerne lang auf Kutschke und gehen auf die zweiten Bälle. Darauf waren wir gut vorbereitet."

Immerhin: Auch aus der verdienten Niederlage ließ sich Positives herauslesen. Denn in der letzten halben Stunde war der FCI stark und spielte die zusehends müder werdenden Waldhöfer konsequent an den Rand der Erschöpfung. Und das plötzlich eben nicht mehr primär mit langen Schlägen, sondern durch konsequentes Flügelspiel, bei dem sich vor allem der starke Caniggia Elva hervortat, der auch das 1:3 durch Kutschke (78.) auflegte. Er selbst (63.), Björn Paulsen (Latte/67.) und Kutschke (70.) hatten weitere Chancen vergeben. Am Schluss traf Waldhofs Joseph Boyamba zum 4:1 (89.). Eine Mannschaft, die konsequent den Ball haben wollte, hatte gegen ein Team gewonnen, das lange Zeit dachte, mit vermeintlichem Standard-Drittliga-Fußball bestehen zu können.

Immerhin, so Marcel Gaus, habe in der zweiten Hälfte "die Moral gestimmt. Es war klar, dass wir nicht einfach so durch die Liga marschieren und jeden Gegner weghauen." Mit Schiedsrichter Patrick Hanslbauer hätten die Schanzer allerdings etwas mehr Glück haben können. In der 72. Minute verweigerte der Referee ihnen mitten in der Druckphase einen ziemlich gut zu erkennenden Handelfmeter, den Jesper Verlaat verursacht hätte. Trainer Oral, der zuvor vehement gecoacht hatte, dürfte das nicht entgangen sein.

Zu gerne hätte man also mehr von ihm erfahren, doch manche Presseabteilungen nutzen offenbar die Corona-Bedingungen zu einer Vorauswahl von Fragen. Da die wenigen zugelassenen Journalisten bei der Pressekonferenz aufgrund der Pandemie nicht im gleichen Raum sein dürfen, stellen sie diese vorab schriftlich. Den Trainern vorgelesen wurden aber in Mannheim nicht alle, die der SZ jedenfalls nicht. Auf Nachfrage erklärte der Waldhöfer Pressesprecher, die Ingolstädter Seite wolle keine Fragen zum Schiedsrichter beantworten. Bliebe noch die Frage, warum eine Mannschaft, die im ersten Durchgang so tranig agierte, nach einem 0:3-Rückstand plötzlich so wütend und konsequent auftrat, wie man das nur kann, wenn man wirklich noch an einen Ausgleich glaubt. Auch die wurde gestellt, aber ebenfalls nicht vorgelesen.

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