All die emotionalen Aufs und Abs gehen nicht spurlos an denen vorbei, die im Profifußball Verantwortung tragen. Und so musste Sabrina Wittmann, die 34 Jahre alte Trainerin des Drittligisten FC Ingolstadt, nach dem 1:1-Unentschieden zum Saisonauftakt am Samstag gegen Jahn Regensburg, einräumen, dass auch sie körperlich bereits gezeichnet ist nach einer Saison an der Seitenlinie. Bei Magentasport sprach sie von „meiner weißen Strähne, die ich nach dem ersten Jahr habe. Ich gehe davon aus, dass dieses Jahr noch ein paar dazukommen werden“. Schließlich sei es ihrer Mannschaft während ihrer bisherigen Amtszeit nur zweimal gelungen, „dass wir Spiele entspannt runtergespielt haben, ansonsten war es immer ein ganz enges Ding“.
Das galt auch für das aktuelle Donau-Derby, in dem Wittmanns Schanzer einen richtig guten Start erwischten, ein paar Chancen herausspielten, ehe sie in der 35. Minute in Führung gingen: Ein Eckball wurde von Marcel Costly per Kopf verlängert, Jonas Scholz visierte den Pfosten an und Max Besuschkow schaffte es im zweiten Versuch, die Kugel über die Linie zu drücken. Sein Jubel fiel moderat aus, schließlich hatte der Torschütze einst drei Jahre lang für den Jahn gespielt. Nach der Partie war Besuschkow dann ebenfalls nicht nach Feiern zumute: „In der ersten Halbzeit haben wir gut umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben. In der zweiten halt nicht mehr, und dafür haben wir die Quittung bekommen“, sagte der Mittelfeldspieler.
Was er meinte, war die deutliche Trendwende in der Partie nach dem Seitenwechsel. Regensburgs Trainer Michael Wimmer sprach später in der Pressekonferenz davon, seiner Mannschaft habe „in der ersten Halbzeit der Mut und die Überzeugung gefehlt“. Das sei in Durchgang zwei deutlich besser gewesen. Und tatsächlich arbeiteten sich die Oberpfälzer, die nach einer sehr durchwachsenen Saisonvorbereitung zu Spielbeginn verunsichert wirkten, nun hinein in die Begegnung. Unermüdlich liefen sie an, mit der besten Gelegenheit scheiterte Christian Kühlwetter noch am ausgezeichnet haltenden Ingolstädter Torwart Markus Ponath (85.), doch die Erlösung in Form des 1:1-Ausgleichs folgte tief in der Nachspielzeit.

„Das ist, was wir von den Jungs wollten, Gas geben und daran glauben bis zum Schluss, egal, wie der Spielstand ist“, sagte Wimmer und hatte sich da bereits wieder beruhigt. Unmittelbar, nachdem Noel Eichinger nach einer Flanke von Robin Ziegele mit einem satten Dropkick zum 1:1 getroffen hatte, waren bei den Regensburgern inklusive ihres Trainers alle Dämme gebrochen. Der ganze Tross rannte auf den Block zu, in dem die Jahn-Anhänger standen, und feierte, als wäre gerade der Wiederaufstieg gelungen. „Wir haben unsere Fans belohnt, die fantastisch waren. Ist doch normal, dass bei so einem Ende ein bissl Emotionen kommen“, erklärte der Coach.
Und während sich Wimmer über sein glückliches Händchen freute – Vorbereiter und Torschütze waren erst 20 Minuten vor dem Ende eingewechselt worden –, haderte Sabrina Wittmann nicht nur mit ihrer grauen Haarsträhne, sondern ganz generell mit dem Gegentor, das seinen Ursprung nahm in einem missglückten Befreiungsschlag von FCI-Kapitän Lukas Fröde. „Wir waren überrascht über die sechs Minuten Nachspielzeit, weil ja relativ wenig passiert ist in der zweiten Halbzeit“, sagte sie und berichtete von der gedrückten Stimmung in der Umkleide: „Manche Spieler saßen auf dem Boden. Es ist schon extrem bitter.“ Doch sie bekam dann noch die Kurve zum Positiven: „Ich habe Bock auf die Jungs, die machen Lust auf mehr und da war heute schon viel Gutes dabei.“

