Süddeutsche Zeitung

FC Ingolstadt:Favorit wider Willen

Die Konkurrenz traut Ingolstadt viel zu. Im Klub selbst glauben sie aber nicht daran, dass sie von Beginn an vorne weg marschieren - zu groß war der Umbruch nach dem Abstieg aus der zweiten Liga.

Von Johannes Kirchmeier

Eine stets wiederkehrende und zumindest manchmal auch ganz amüsante Rubrik des Fachmagazins Kicker ist es, die Trainer der verschiedenen Fußballligen vor dem Saisonstart nach den jeweiligen Favoriten zu fragen. In der Bundesliga ist das Ergebnis oft vorher klar, da tippen fast alle auf den FC Bayern München. In den anderen Ligen ist das mit dem Schätzen aber nicht so leicht, nicht nur, weil sich wie oben kein Verein unbedingt selbst ins Gespräch bringen will, sondern auch, weil die Ligen zuletzt deutlich ausgeglichener waren.

Der naheliegende Reflex ist daher oft, den besten Absteiger zum Aufstiegsfavoriten Nummer eins zu erklären. Das führte nun in dieser Woche zum Ergebnis, dass zwölf Trainer den FC Ingolstadt 04 als Drittliga-Aufsteiger benannten (ebenso viele wählten Braunschweig). Es folgten Ingolstadts Mitabsteiger Magdeburg und der KFC Uerdingen (je sieben). "Es ist im Fußball nun mal so, dass man als Absteiger zum Kreis der Aufstiegsfavoriten zählt", sagt Michael Henke, einst Assistenztrainer, nun Direktor Sport des FCI. "Wir geben trotzdem nicht den Aufstieg als Ziel aus, sondern wollen in der Liga ankommen." Zu unsicher ist das Terrain für Neulinge, vor einem Jahr wäre etwa Braunschweig fast erneut abgestiegen. Der letzte Verein, der direkt nach dem Abstieg in Liga drei wieder aufgestiegen ist, war übrigens der MSV Duisburg 2017, sieben Jahre zuvor schaffte der FCI das Kunststück selbst.

Doch die Mehrheit der Absteiger richtet sich erst einmal in der Liga ein. Was auch daran liegt, dass sie finanziell weit unter dem Niveau der zweiten Klasse liegt, meist folgen große Umbrüche vor dem Drittliga-Start. So ging es auch den Ingolstädtern vor dieser Saison: Die stärksten Spieler Almog Cohen, Sonny Kittel und Darío Lezcano gingen, es kamen Drittliga-Erfahrene wie der frühere Würzburger Peter Kurzweg oder Maximilian Wolfram von Carl Zeiss Jena, der zum Start bei seinem ehemaligen Klub spielt (Montag, 19 Uhr). Zudem stehen nun aber auch einige Spieler aus dem eigenen Nachwuchsleistungszentrum im Kader wie etwa Filip Bilbija oder Patrick Sussek.

Dass sie damit vom Start vorne weg marschieren, denken wohl nicht einmal die optimistischsten Mitarbeiter in der FCI-Geschäftsstelle. Aber daran, zumindest oben mitspielen zu können, glaubt auch der neue Direktor Henke. Vielleicht am besten mit der Schlitzohrigkeit, die sein Trainer Jeff Saibene schon bei der Jahresbefragung des Fachmagazins vorgab. Offenbar später als andere Coaches befragt, antwortete er: "Ich spiele jetzt mal den Ball zu Heiko Vogel zurück. Und sehe Uerdingen als absoluten Topfavoriten." Kurz zuvor hatte sein Verein in Stürmer Maximilian Beister, 28, den mit elf Treffern besten Uerdinger Torschützen der vergangenen Saison verpflichtet.

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Quelle:
SZ vom 18.07.2019
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