FC Ingolstadt:Entscheidung aus dem Nichts

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Ausgerechnet er: Der frühere Ingolstädter Thomas Pledl beendet die Pokalsaison seines Ex-Klubs. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Ingolstadt verliert gegen Düsseldorf. Die Leistung stimmt Trainer Tomas Oral aber zuversichtlich.

Von Johannes Kirchmeier

Sein Moment im Sportpark war wieder gekommen. Wie so häufig in seiner Karriere stand Thomas Pledl am Samstagabend an der Auslinie im Stadion des FC Ingolstadt und wartete auf seine Einwechslung. Der 26-jährige gebürtige Bischofsmaiser mit den blondierten Haaren war Ingolstadts Edeljoker im Schlussspurt der Abstiegssaison 2018/19. Dreimal traf er in den letzten Partien, fast hätte seine Mannschaft durch den Schlussspurt den Klassenverbleib noch erreicht. Immer wieder brachte der Trainer Tomas Oral den flinken Pledl in der zweiten Halbzeit aufs Feld. Er war die Waffe, wenn die Gegner müde wurden. Anpassungszeit braucht er selbst keine.

Das war auch der Grund, warum Pledl am Samstag beim Stand von 0:0 wieder randurfte. Oral beobachtete Pledl von der Trainerbank aus in der 60. Minute des Erstrundenspiels im DFB-Pokal seiner Ingolstädter gegen Fortuna Düsseldorf. Er sah, wie Pledl am ausgewechselten Kollegen Jean Zimmer vorbei aufs Feld lief. 20 Minuten später sah er, wie Pledl sich im Strafraum freilief. Und er sah, wie Pledl dann eine flache Flanke von Jakub Piotrowski aus elf Metern direkt ins Tor drosch. Es war der goldene Treffer beim 1:0 (0:0) im engen Pokalspiel. Für Fortuna Düsseldorf.

Das hatte sich in diesem einen Jahr dann eben doch verändert. "Wir haben viel darüber gesprochen, dass er im letzten Drittel die entscheidenden Akzente setzen muss und kann", sagte daher nicht Trainer Oral, sondern dessen Gegenüber Uwe Rösler. Pledl wechselte nach dem Zweitliga-Abstieg zur Fortuna - und erzielte nun nach einem schweren ersten Jahr seinen ersten Pflichtspieltreffer. Oral war weniger glücklich: Ein "Tor aus dem Nichts" sei die Entscheidung im Duell seines Drittligisten mit dem Zweitligisten gewesen.

Der FC Ingolstadt musste auf seine drei stärksten Angreifer der Vorsaison verzichten

Bis auf den starken Angriff über die eingewechselten Piotrowski und Pledl war ja tatsächlich kein großer Qualitätsunterschied erkennbar. Düsseldorf hatte zwar deutlich mehr Ballbesitz, Ingolstadt aber setzte die defensive Taktik des Coaches, der vor der Abwehrkette die drei defensiven Mittelfeldspieler Robin Krauße, Björn Paulsen und Marcel Gaus positionierte, konsequent um. Und ließ bis auf zwei Kopfbälle von André Hoffmann (18. Minute), den FCI-Torwart Fabijan Buntic parierte, und Rouwen Hennings (54.), der übers Tor zielte, keine gefährlichen Chancen zu.

Recht viel anderes als eine defensive Taktik blieb dem Außenseiter aber auch nicht übrig. Schließlich musste er auf die drei stärksten Angreifer der Vorsaison verzichten: Dennis Eckert Ayensa, Stefan Kutschke und Fatih Kaya fehlten verletzt. Trotzdem hielt Oral am Stil der langen Bälle nach vorne fest. Blöd war dabei nur, dass der 19-jährige Justin Butler aus der eigenen Jugend statt des neun Zentimeter größeren Kutschke (1,94 Meter) im Sturmzentrum die Bälle auf den Boden holen musste. "Man merkt schon, dass er gegen abgezockte Profis wie Bodzek und Hoffmann dann den Kürzeren gezogen hat, obwohl er da teilweise sogar im Vorteil war", fand Oral. "Aber er hat es super gemacht, er ist eine absolute Alternative." Butler hatte auch die größte Chance der Ingolstädter: Nach einem Konter scheiterte er am Düsseldorfer Torwart Florian Kastenmeier (24.), es war auch die insgesamt beste Chance des Spiels, bis kurz vor dem Ende Pledl zu viel Freiraum im Strafraum bekam.

Die Ingolstädter wirkten trotzdem einigermaßen zufrieden, dass sie die Partie lange offen halten konnten. "Man wusste vor dem Spiel nicht wirklich, ob wir kräftemäßig in der Lage sind dagegenzuhalten", sagte Oral. Große Teile des Trainings bestritt sein Team in den Vorwochen wegen zweier Corona-Fälle im Home-Office. Viele Einheiten mit dem Ball konnte es daher nicht absolvieren in der Vorbereitung.

In der vergangenen Woche kam erstmals das komplette Team auf dem Trainingsplatz zusammen. Der direkt nach dem Gegentor eingewechselte Maximilian Beister war sogar vier Wochen in Quarantäne. Trotzdem war er offenbar fitter als viele andere Mitspieler - oder besser als Joker geeignet. Oral wechselte nur zweimal aus. Und der am Mittwoch als Zugang vorgestellte Linksverteidiger Dominik Franke stand direkt in der Startelf, weil er mit dem VfL Wolfsburg die komplette Vorbereitung bestreiten konnte. "Wir müssen schauen, dass wir jetzt aufholen. Dass die Spieler, die Nachholbedarf haben, einen Fitnesszustand erreichen, damit wir die Liga so angehen, wie wir es uns vorstellen", sagte Oral.

Nach dem erst in der letzten Relegationsminute gegen Nürnberg verspielten Aufstieg soll die Zweitliga-Rückkehr in dieser Saison gelingen. Am Sonntag startet der FCI gegen Uerdingen (14 Uhr). Ein Stichwort soll "Job-Sharing" sein, ließ Oral wissen. Er will damit den Trainingsrückstand in einer gleich verteilten Dosis aufholen und Folgeverletzungen wegen Überbelastungen vorbeugen. Nicht schlecht wäre da natürlich, wenn er jetzt wieder so einen flexiblen Typen wie Pledl bei sich ausmachen könnte.

© SZ vom 14.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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