Kopfschüttelnd verließ Pierre-Emerick Aubameyang das Spielfeld. Als seine Trikotnummer "9" in der 68. Minute im Heimspiel seines FC Chelsea gegen Manchester City am Donnerstagabend aufleuchtete, lief er zügig zur Seitenlinie und würdigte dort seinen Trainer Graham Potter kaum eines Blickes. Aubameyang war in der fünften Minute für den verletzten Raheem Sterling eingewechselt worden. Den Vorfall versuchte Potter hinterher herunterzuspielen, indem er das Verhalten seines Spielers in einer solchen Situation als "normal" einstufte.
In seinen 63 Minuten auf dem Platz gelang Aubameyang für Chelsea kein Torschuss, er berührte lediglich 14 Mal den Ball, einmal davon im Strafraum. Seit zehn Spielen wartet der Stürmer mittlerweile auf einen Treffer, erst drei Tore sind ihm für Chelsea überhaupt gelungen nach seinem Wechsel am letzten Tag der Sommer-Transferperiode. Der ehemalige Kapitän des FC Arsenal kam vom FC Barcelona - auf Wunsch des zu dieser Zeit tätigen Chelsea-Trainers Thomas Tuchel, der mit Aubameyang erfolgreich bei Borussia Dortmund zusammengearbeitet hatte. Aubameyang sollte die vakante Position des Mittelstürmers ausfüllen und die Torflaute beenden.
FC Bayern:Die nächste Stammkraft fällt aus
Der FC Bayern fliegt ohne Noussair Mazraoui ins Trainingslager nach Katar, der Marokkaner leidet an einer Herzbeutelentzündung nach Corona-Infektion. Der Transfer von Daley Blind wirkt dadurch noch wichtiger.
Stattdessen steht der 33-Jährige nun für Chelseas anhaltende Schwierigkeiten, Treffer zu erzielen. Durch das 0:1 gegen ManCity gelang dem Team in drei der vergangenen fünf Ligapartien kein Tor. Insgesamt traf Chelsea in dieser Premier-League-Saison nur 20 Mal - einmal weniger als Citys erfolgreichster Schütze Erling Haaland allein. Diese Statistik ist mittlerweile zu einem gängigen Witz in Englands Pubs geworden.
Nach 17 von 38 Spieltagen sind die Londoner im Klassement auf Platz zehn durchgereicht worden. Sie liegen gewaltige 19 Punkte hinter Spitzenreiter Arsenal und in der derzeitigen Verfassung auch kaum aufholbare zehn Zähler hinter Manchester United, das den letzten Champions-League-Qualifikationsrang belegt. Damit ist Chelsea von den eigenen Erwartungen ähnlich weit entfernt wie im Januar 2021, als sich die Klubführung um den Oligarchen Roman Abramowitsch von Trainer Frank Lampard abwendete - nach einem 1:3 zu Jahresbeginn gegen City. Kurz darauf war die Klubikone Lampard freigestellt.
Kai Havertz führt die interne Torjägerliste an
Als Nachfolger akquirierte Chelsea den Deutschen Tuchel, der die Mannschaft mit einer taktischen Meisterleistung innerhalb eines halben Jahres zum Titel in der Champions League führte (1:0 im Finale gegen Man City). So etwas würde Chelsea nun erneut dringend benötigen. Doch die empfehlenswerte Überlegung, einfach wieder Tuchel zu kontaktieren, den derzeit mit Abstand renommiertesten Trainer auf dem Markt, ist für Chelsea kaum einen Gedanken wert. Denn jenen Tuchel servierte der neue Vereinschef Todd Boehly zu Saisonbeginn wegen unterschiedlicher Auffassungen ab. Für Tuchel kam der auf diesem Niveau unerprobte Graham Potter für 15 Millionen Pfund vom Ligakonkurrenten Brighton.
Die stattliche Ablöse und sein Fünfjahresvertrag bewahren Potter in England mitunter (noch) vor einer Trainerdiskussion. Und für das offenkundige Fehlen eines zuverlässig treffenden Angreifers kann er ja tatsächlich nichts, genauso wie für die anhaltende Verletzungsmisere: Neben Sterling musste gegen City auch Christian Pulisic angeschlagen den Platz verlassen. Zudem riss kürzlich Angreifer Armando Broja das Kreuzband, er wird für den Rest der Saison ausfallen. Mit vier Toren führt der deutsche Nationalspieler Kai Havertz die interne Liste in der Premier League an, bekanntermaßen kein Stürmer im klassischen Sinne.
Bei allen fünf Meisterschaften, die Chelsea in diesem Jahrtausend gewann, verfügte der Klub mindestens über einen ausgewiesenen Spezialisten bei der Verwertung von Torchancen. Zuerst prägte Mittelstürmer Didier Drogba zusammen mit dem äußerst torgefährlichen Mittelfeldspieler Lampard die Meisterschaften 2005, 2006 und 2010. Anschließend schoss Diego Costa den Verein zu den Titeln 2015 und 2017.
Die beiden, Drogba und Costa, einte eine Nebensächlichkeit, die nun ins Zentrum der Misere gerückt ist: ihre Trikotnummer. Jeweils verzichteten sie auf die für Torjäger obligatorische Nummer "9". Drogba wählte die "15" und dann die "11", Costa trug die "19". Ihre beachtlichen Torquoten waren aber weitaus besser als die all jener durchaus namhaften Chelsea-Profis, die sich das Shirt mit der Nummer "9" fortan überstreiften: Fernando Torres (2011-14), Radamel Falcao (2015-16), Álvaro Morata (2017-19), Gonzalo Higuaín (Leihe 2019) und Romelu Lukaku (2021-22). Diese Reihe setzt in dieser Saison nun der bisher glücklos agierende Pierre-Emerick Aubameyang fort.