Irgendwie war dann doch alles so verlaufen, wie Armin Veh es erwartet hatte. Frankfurts Trainer ist ein Pragmatiker, der mit einer feinen Prise trockenen Humors durchs Leben wandelt. Auch ihm war natürlich klar, dass "ich hier kein Geburtstagsgeschenk bekommen würde." Am Samstag war der gebürtige Augsburger 53 Jahre alt geworden - was die Bayern nicht daran hinderte, im Überschalltempo über die Eintracht hinwegzuwalzen. 5:0 (2:0) endete diese verblüffend einseitige Partie, es hätte auch 7:0, 9:0 oder 12:0 ausgehen können.
Aber einen wie Veh haut so was nicht um. Er hatte es ja kommen sehen und mit Sebastian Rode und Carlos Zambrano zwei seiner Besten wegen drohender Sperren gleich zu Hause gelassen. "So zu verlieren, fühlt sich immer scheiße an. Die Bayern waren heute in einer eigenen Liga", sagte der Coach, als er auf der Pressekonferenz neben Pep Guardiola Platz genommen hatte.
Es wurde ein denkwürdiger Auftritt, denn es gab noch einige Schwärmereien auszutauschen. "Es versuchen ja alle, dagegenzuhalten. Keiner will ein Spiel abschenken, aber es hat auch mit absoluter Klasse zu tun, dass niemand sie besiegt."
Und dann wurde es ulkig, denn Veh redete einfach ungefiltert weiter - und dabei musste er selbst lachen. "Es ist ja nicht nur Ribéry. Die sind alle so gut! Wir müssen schon auf Freundschaftsspiele verweisen, um uns zu erinnern, dass man gegen sie gewinnen kann." Jener Testkick also, den die Bayern vor dem Rückrundenstart in Salzburg aus lauter Lustlosigkeit mit 0:3 verloren. Zum allgemeinen Frankfurter Unglück waren Guardiolas Männer diesmal aber von ähnlicher Wurstigkeit Lichtjahre entfernt. Sie zerlegten die Eintracht mit der Präzision einer Meisterklasse aus dem Chirurgie-Fachbetrieb.
Ja, die Bayern waren außergewöhnlich fokussiert, sogar so sehr, dass Guardiola vom "besten Saisonspiel" sprach - da kann natürlich auch Eintracht Frankfurt mal hoch verlieren. Aber dass es ein solch erniedrigender Akt der Wehrlosigkeit sein musste, warf dann doch Fragen auf. Wollten die Hessen überhaupt? Oder hatte ihnen ihr Trainer von vorneherein jegliche Siegesambitionen ausgeredet? Nach dem Motto: Machen wir uns nix vor, wir verlieren eh. Das wäre eine neue Qualität des Wettbewerbsverlustes in der Bundesliga.
FC Bayern in der Einzelkritik:Zuverlässig wie Tipp-Kick-Figuren
Thiago erspäht Räume, die gar nicht existieren und stellt einen Bundesliga-Rekord auf, Jérôme Boateng outet sich als Frühaufsteher, Philipp Lahm bewirbt sich als Mitarbeiter des Jahres auf Lebenszeit. Der FC Bayern beim 5:0 gegen Eintracht Frankfurt in der Einzelkritik.
Als Mario Götze nach zwölf Minuten mit sehenswerter Volleyschusstechnik das 1:0 besorgte, war die Partie zwar noch nicht entschieden, aber auf dem besten Weg dahin. Es folgte das 2:0 durch einen humorlosen Abschluss des unersättlichen Franck Ribéry (44.), ehe nach der Pause der eingewechselte Arjen Robben (67.), Dante (69.) und Mario Mandzukic (89.) den Endstand herstellten.
"Das dritte Tor hätten wir vielleicht noch früher machen müssen, aber auch so können wir sehr zufrieden sein", sagte Philipp Lahm. Der Kapitän gab als Sechser eine fehlerfreie Hilfskraft für den eigentlichen Hingucker des Abends: Thiago.
Wie der Spanier das Spiel lenkte, das Tempo dirigierte und seine Kollegen involvierte, war einen Eintrag ins Buch der Fußballgroßtaten wert. Am Ende zählten die Statistiker bei dem kleinen Kreativboss der Münchner sagenhafte 185 Ballkontakte - Liga-Rekord, so oft berührte noch nie ein Profi den Ball in 90 Minuten.
"Es lief heute einfach, weil wir als Team den Ball gut bewegt haben", sagte der 22-Jährige, "meine Bestmarke ist schön, aber ohne den Sieg wäre sie nichts wert." Wie schon bei der Klub-WM in Marokko und in den beiden Partien seit der Winterpause verkörperte Thiago allein mit seiner Ballfertigkeit die totale Überlegenheit der Münchner.
"Er hat sehr gut gespielt, genau wie Philipp Lahm. Beide waren unglaublich", lobte auch Guardiola, der zumindest eine Bedrohung für die Zukunft ausschloss: "Perfekter Fußball ist nicht möglich." Da kann die Konkurrenz ja aufatmen. Dass seine Mannschaft derzeit aber recht nah dran ist an der Vollkommenheit, dürfte dem Katalanen nicht entgangen sein - und Armin Veh ist ohnehin längst ein Bewunderer des Münchner Gesamtkunstwerks. Er hatte zum Schluss noch eine letzte Huldigung parat: "Bei den Bayern ist jeder Spieler jeden einzelnen Cent wert, den er verdient."