FC Bayern gegen Gladbach:Auf den Welttorhüter ist Verlass

Borussia Moenchengladbach v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Manuel Neuer: Wertvollster Spieler gegen Gladbach

(Foto: Matthias Hangst/Getty)

Borussia Mönchengladbach und der FC Bayern liefern sich ein prächtiges, farbiges, anspruchsvolles 0:0. Am Anfang sind die Münchner die klar bessere Mannschaft - am Ende müssen sie sich bei Manuel Neuer bedanken.

Unmittelbar vor Spielbeginn war klar, dass die wuchtige Berichterstattung der vergangenen Tage offenbar übertrieben war: Das Spiel Mönchengladbach gegen FC Bayern war kein Spitzenspiel mehr. Die gemeinsame Geschichte kann den Klubs keiner nehmen, aber die Tabelle des 26. Oktober 2014 gab das Etikett "Spitzenspiel" um 17.30 Uhr nicht mehr her. Neben den Hoffenheimern hatte sich am Sonntagnachmittag vorübergehend auch noch Wolfsburg an den Gladbachern vorbeigeschmuggelt, so dass der Vierte den Ersten empfing.

Manchmal reicht es aber, die bayerische Körperhaltung zu betrachten, um den Wert eines Spiels ermessen zu können. Die Münchner waren von der ersten Sekunde an straff und präsent, was die Gladbacher dann doch als Kompliment werten durften: Sie wurden von den Bayern erkennbar ernst genommen, und sie verdienten sich diesen Respekt im Spiel immer mehr. Am Ende stand ein vor allem in der zweiten Hälfte prächtiges, farbiges, anspruchsvolles 0:0, das aufregender war als jedes 7:1. Ein Spitzenspiel, nach dessen Beendigung die Gladbacher wieder Zweiter waren.

Der Respekt vor dem Gegner brachte es mit sich, dass sich Pep Guardiola nach dem vergnüglichen 7:1 in Rom nur zu einer minimalen Rotation entschieden hatte. Arjen Robben war angeschlagen zu Hause geblieben, ein reguläres Päuschen durfte sich somit nur Jérôme Boateng gönnen, der von der Bank zusehen durfte, wie Benatia und Dante die Innenverteidigung bildeten.

In der Anfangsphase hätte Guardiola auch den angeschlagenen Robben in die Innenverteidigung stellen können, so selten kam sie zum Einsatz. Die Bayern, die sich meistens erst mal sicher in ein Spiel hineinkombinieren, starteten gegen ihr Naturell fast schon überfallartig, es dauerte keine Minute, da tauchten sie im Strafraum auf. Es war ja auch ein Duell der Großmeister: hier Guardiola, der jeden Tag an der Taktik tüftelt, bis es dunkel wird; dort Lucien Favre, der, wenn es dunkel wird, den gerade gefassten Plan schon wieder hinterfragt und weitertüftelt, bis es wieder hell wird.

In der ersten Minuten sah es aus, als sei Guardiola ein Überraschungscoup gelungen. Mit so zackigen Bayern hatten Favres Gladbacher offenbar nicht gerechnet, sie versuchten sich zwar an dem einen oder anderen Konter, aber sie wichen weiter zurück, als Favre das geplant haben dürfte. Nach acht Minuten kam Thomas Müller zur ersten Chance, nur zwei Minuten später schepperte Alabas Schrägschuss vom Pfosten zurück ins Feld.

Imposant intensiv

Die sonst so mittigen Bayern - auch das ein Winkelzug im Schachduell der Superhirne - machten das Spiel breiter als sonst, immer wieder suchten sie die üppig besetzten Flügel, auf denen sich die unterschiedlichsten Spieler herumtrieben. Bayerns beeindruckender Beginn mit einem extrem offensiven Philipp Lahm zwang die Gladbacher zu etwas, was Favre nie mag, weder wenn es hell noch wenn es dunkel wird: Die Gastgeber schenkten die Bälle zu früh her, hatten kaum Ballbesitz, wenig Kontrolle.

Aber selbst in dieser Phase ließen sich die Qualitäten der Gladbacher Elf und von Gladbachs Trainer erkennen. In den gefährlichen Zonen verteidigte die Borussia strukturiert und verschob exakt, sie ließ sich in ihrer defensiven Sorgfalt trotz der bayerischen Überlegenheit nicht aus der Ruhe bringen. Die Gastgeber waren stets zur Stelle, und so gelang es ihnen mit jeder Minute mehr, doch noch an diesem Spiel teilzunehmen - und mit ein, zwei präzisen Hochgeschwindigkeits-Kontern sicherten sie sich den Respekt des FC Bayern.

So scheiterte Max Kruse in der 34. Minute nach einem langen Ball von André Hahn nur am aufmerksamen Manuel Neuer. Die Bayern, souverän angeleitet vom Dirigenten Xabi Alonso, blieben überlegt und überlegen, aber sie drangen nun seltener in jene Gegenden vor, in denen die Gladbacher sie fürchten mussten.

Guardiola wechselt mutig

Nach 25 Minuten wäre eine Bayern-Führung verdient gewesen, nach 45 Minuten war ein Unentschieden gerecht. Und nach 65 Minuten waren die Münchner vielleicht sogar erleichtert, dass es noch 0:0 stand. Nach der Pause entwickelte sich ein atmosphärisch dichtes, imposant intensives Spitz-auf-Knopf-Spiel, in dem die Borussen nicht mehr wie der Tabellenvierte, sondern mindestens wie der Tabellenzweite spielten.

Die Bayern hatten zwar weiter die Quantität auf ihrer Seite, aber was die Qualität der Ballberührungen anbelangte, hatten die Borussen plötzlich Vorteile. Sie setzten weiter ihre gestochen scharfen Konter wie bei Hahns Großchance, die nur Neuer verhindern konnte (52.); aber sie reagierten nicht nur, sie agierten jetzt auch und setzten die Bayern und deren alten Meister Alonso phasenweise unter Druck, wie das zuletzt kaum einem Gegner gelungen war. Als Neuer in der 67. Minute Raffaels seitlichen Freistoß und in der 77. Minute Raffaels straffen Schuss um den Pfosten lenkte, waren das schon die Rettungstaten Nummer vier und fünf - ohne den Welttorhüter wäre Bayern wohl in Rückstand geraten.

Die Großmeister an den Seitenlinien widerstanden der Versuchung, dieses Spiel einfach nur zu genießen. Sie wollten es beeinflussen und sie wollten es gewinnen. Guardiola wechselte mutig, er brachte Ribéry für Rafinha, Favre schickte den blitzschnellen Traoré ins Rennen. In der Schlussphase, beim letzten großen Schlagabtausch, war das 1:0 genau so wahrscheinlich wie das 0:1, aber beide Abwehrreihen weigerten sich beharrlich, den entscheidenden Fehler zu begehen.

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